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ProzesskostenWahl des Gerichtsstands und Reisekosten
| Um der unsäglichen Vorschadenrechtsprechung des LG Berlin und des Kammergerichts auszuweichen, klagt der Geschädigte am Gerichtsstand der Halterin des unfallverursachenden Fahrzeugs in Lüneburg. Das, obwohl der Kläger und sein Anwalt Berliner sind und der Unfall sich in Berlin ereignete. Das bringt ihnen im Verfahren wüste Attacken des anwaltlichen Vertreters der Beklagten ein: Er klage doch nur deshalb in Lüneburg, weil er wisse, dass er in Berlin unterliegen werde. Das räumt der anwaltliche Vertreter des Klägers gewohnt temperamentvoll unumwunden ein. |
Das weitgehende Obsiegen zeigte, wie richtig diese Taktik war. Mit dem Kostenfestsetzungsbeschluss werden auch Reisekosten und Abwesenheitsgeld für den Klägervertreter festgesetzt. Hiergegen richtet sich die vom OLG Celle beschiedene erfolglose Beschwerde der Beklagten.
Die freie Wahl des Gerichtsstands ist in den Grenzen des rechtsmissbräuchlichen Verhaltens nicht einzuschränken. Sie besteht unabhängig davon, welcher Gerichtsstand die geringsten Kosten für den Gegner verursachen würde. Um einen Wertungswiderspruch zu der Wahlfreiheit gemäß § 35 ZPO zu vermeiden, darf die Kostenerstattung erst versagt werden, wenn die Gerichtsstandswahl im Einzelfall rechtsmissbräuchlich ist. Der Kläger hat dargelegt, das und aus welchen Gründen es Erfolg versprechender erschien, die Klage vor dem LG Lüneburg zu erheben. Hierbei handelt es sich um zulässige prozesstaktische Erwägungen. Diese sind in der Gesamtschau mit der Klageerhebung am allgemeinen Gerichtsstand der Beklagten nicht als rechtsmissbräuchlich anzusehen (OLG Celle 11.7.2024, 2 W 98/24, Abruf-Nr. 243025, eingesandt von RA Leif Kroll, Berlin).
Praxistipp | Die Frage kann sich rund um die Mietwagenkosten (Schwacke, Fracke, Fraunhofer) genauso stellen. |
AUSGABE: VA 10/2024, S. 169 · ID: 50119543