FeedbackAbschluss-Umfrage

RestwertBGH: Restwert am Sondermarkt zu ermitteln bei durch herstellereigene Bank finanziertem Fahrzeug

Abo-Inhalt25.06.20257070 Min. Lesedauer

| Es kam, wie es sich aufgrund verschiedener Äußerungen „aus Karlsruhe“ bereits angedeutet hatte und wie es UE bereits als Risiko beschrieben hatte: Jedenfalls bei einem durch eine dem Hersteller zuzuordnende Bank finanzierten und an die Bank sicherungsübereigneten Fahrzeug muss der Restwert unter Einbeziehung des „Restwertmarktes im Internet“ ermittelt werden. Sprich: unter Einbeziehung der Restwertbörsen, also genau so, wie es bereits für Leasingfahrzeuge entschieden wurde. |

BGH unterscheidet zwischen verschiedenen Banken

Der BGH differenziert aber zwischen der Finanzierung durch Sparkassen, Volksbanken etc. und den Herstellern zuzuordnenden Banken: „Vielmehr ist – mit dem Berufungsgericht – darauf abzustellen, ob es sich wie in den bisher entschiedenen Fällen eines Autohauses und eines Leasinggebers bei dem konkreten geschädigten Sicherungsnehmer um ein Unternehmen handelt, welches sich jedenfalls auch mit dem Verkauf von gebrauchten Fahrzeugen befasst. Dies mag zwar bei den meisten Finanzdienstleistern nicht der Fall sein, kann jedoch für die in den VW-Konzern als Tochtergesellschaft eingebundene Automobil-Bank ohne weitere Aufklärung im Tatsächlichen nicht von vornherein ausgeschlossen werden. Im Übrigen hat der Senat in seiner erwähnten Leasingentscheidung maßgeblich darauf abgestellt, ob es dem Leasinggeber selbst oder über die in seine Geschäftstätigkeit eingebundenen Autohäuser ohne weiteres möglich gewesen wäre, Zugriff auf den Sondermarkt der Restwertaufkäufer im Internet zu nehmen.“ (BGH, Urteil vom 25.03.2025, Az. VI ZR 174/24, Abruf-Nr. 248667).

Wenn Bank nur auf Kfz-Handel spezialisiert ist – was gilt da?

Die BGH-Entscheidung führt in die Folgefrage: Wie steht es denn bei Fahrzeugen, die durch auf Kooperationen mit dem Autohandel ausgerichteten und darauf spezialisierten Banken finanziert wurden?

Der Schlüssel zur Beantwortung dieser Frage ist in der Restwertentscheidung des BGH zu Leasingfahrzeugen zu finden (BGH, Urteil vom 02.07.2024, Az. VI ZR 211/22, Abruf-Nr. 243499). Denn darin findet sich unter Rz. 24 die Passage, „… dass es der hiesigen Leasinggeberin selbst oder über die im Rahmen ihrer Geschäftstätigkeit eingeschalteten Autohäuser ohne Weiteres möglich gewesen wäre, Zugriff auf den Sondermarkt der Restwertaufkäufer im Internet zu nehmen.“ Soll heißen: Die Leasinggeberin schaltet systematisch für Ihren Vertrieb kooperierende Autohäuser ein. Wenn sie den Zugang zum Sondermarkt nicht selbst hat, soll sie die kooperierenden Autohändler anhalten, ihr den Zugang zu verschaffen. Ersetzt man nun das Wort „Leasinggeberin“ durch „Darlehensgeberin“ , sieht man für die dem Hersteller gehörenden Banken sogleich, dass die in der Regel dieselbe juristische Person sind wie die Leasinggesellschaft des Herstellers, und dass sie kooperierenden Autohändler auch dieselben sind.

Die „Raiffeisenkasse in Irgendwo“ hat keine ständig kooperierenden Autohändler. Die Bank 11 oder die Santander oder ähnlich aufgestellte Finanzinstitute hingegen lassen sich die (potenziellen) Darlehensnehmer genauso zuführen, wie es die herstellereigenen Banken tun. Und deswegen spricht vieles, wenn nicht sogar alles dafür, die so zu behandeln wie die herstellereigenen Banken. Auch wenn diese Banken daneben in ihrer Werbung und Selbstdarstellung den Verbraucher direkt ansprechen.

Welche Anspruchsgrundlage wird bemüht?

Im Urteilsfall hatte der Geschädigte den Schaden des Darlehensgebers, der zum Zeitpunkt des Unfalls Sicherungseigentum am Fahrzeug hatte, in gewillkürter Prozessstandschaft geltend gemacht. Der BGH deutet an, dass er auch eine eigene Anspruchsgrundlage haben könnte, nämlich die aus dem Anwartschaftsrecht. Das allerdings hängt nach Einschätzung von UE unter anderem an den Formulierungen im Darlehensvertrag, die der Schadengutachter zum Zeitpunkt seiner Gutachtenerstellung weder kennt noch durchschaut. Es hängt auch an der Frage, ob das Darlehen – wie im BGH-Fall – sehr zeitnah zum Unfall erledigt wird und der Darlehensgeber seine Ansprüche freigibt.

Im Massengeschäft am besten auf Nummer sicher gehen

Alles das führt UE zu der Einschätzung: Die Suche nach den Schlupflöchern ist nicht massengeschäftstauglich. Die Risiken, ob die Gerichte diese alternativen Wege problemlos mitgehen werden, ist auch nicht zu übersehen. Im Übrigen wird kaum ein Totalschaden ohne Rechtsstreit durchlaufen, wenn das Fahrzeug bei einer der relevanten Banken finanziert ist und der Restwert nach wie vor am lokalen Markt ermittelt wird.

Praxistipp | Für Schadengutachterund Rechtsanwälte heißt das:

  • Jeder Schadengutachter tut gut daran, ab sofort die Restwertermittlung bei den einschlägigen Fahrzeugen unter Einbeziehung des Sondermarktes im Internet, sprich: der Restwertbörsen vorzunehmen.
  • Jede anwaltliche Vertretung ist gut beraten, ein Schadengutachten, das nicht nach dieser Anforderung erstellt wurde, bei der Plausibilitätsüberprüfung durchfallen zu lassen. Denn sonst drohen Regressforderungen.

Regressforderungen für Vergangenheit nicht zu befürchten

Regressforderungen „rückwärts“ sind allerdings nach Auffassung von UE nicht zu befürchten, weil sich die Schadengutachter ohne weiteres an OLG Hamm und OLG München orientierten durften. Die hatten die Übertragung der Rechtsprechung zur Restwertermittlung bei Leasingfahrzeugen auf finanzierte Fahrzeuge abgelehnt (OLG Hamm, Urteil vom 31.01.2024, Az. 11 U 9/23, Abruf-Nr. 248431; OLG München, Urteil vom 06.02.2025, Az. 24 U 3140/24e, Abruf-Nr. 246642).

AUSGABE: UE 8/2025, S. 10 · ID: 50460871

Favorit
Teilen
Drucken
Zitieren

Beitrag teilen

Hinweis: Abo oder Tagespass benötigt

Link
E-Mail
X
LinkedIn
Xing
Loading...
Loading...
Loading...
Heft-Reader
2025

Bildrechte