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RegressGutachten Basis des Reparaturauftrags: LG Köln zur leerlaufenden Beratungspflicht der Werkstatt

Abo-Inhalt06.02.2024350 Min. Lesedauer

| Ein Argument des Versicherers im Regress gegen die Werkstatt auf der Grundlage der Zug um Zug zur Schadenersatzzahlung erfolgten Abtretung lautet: Die Werkstatt müsse das Gutachten im Rahmen ihrer Beratungs- und Aufklärungspflicht gegenüber dem Auftraggeber der Reparatur prüfen und dem Kunden von allen überflüssigen Arbeitsschritten abraten. Dem wird oft entgegengehalten, der Auftraggeber, der den Gutachter eingeschaltet hat, damit der ihm sagt, was er selbst nicht weiß, bedürfe der Fürsorge der Werkstatt nicht mehr. Das LG Köln hat das Thema noch anders beleuchtet. |

Selbst bestehende Aufklärungspflicht der Werkstatt liefe ins Leere

Nach Ansicht des LG Köln kann nicht vermutet werden, dass sich der Kunde „aufklärungsrichtig“ verhalte. Eine solche Vermutung greife nur, wenn als Reaktion auf die Aufklärung nur eine sinnvolle Möglichkeit verbleibe. Stürze die Aufklärung den Kunden hingegen in einen Handlungskonflikt („Wer hat denn nun recht? Der Schadengutachter oder die Werkstatt?“), könne nicht davon ausgegangen werden, dass der Geschädigte vom Auftrag „Reparatur wie vom Gutachter vorgesehen“ abrücke. Dann aber könne dahingestellt bleiben, ob es eine solche Aufklärungspflicht überhaupt gibt. Denn die fehlende Aufklärung ist dann nicht schadenstiftend. Selbst wenn man also eine Aufklärungspflicht der Werkstatt für gegeben hielte, liefe deren Verletzung leer (LG Köln, Beschluss vom 24.01.2024, Az. 6 S 168/23, Abruf-Nr. 239400, eingesandt von Rechtsanwalt Marco Pietsch, HAAS-Law, Düsseldorf).

Versicherer muss substantiiert zur hypothetischen Entscheidung vortragen

Da der Versicherer gar nicht vorgetragen habe, warum der Geschädigte sich in seiner Rolle als Werkstattkunde für die Ansicht der Werkstatt und gegen die Auffassung des Gutachters entschieden hätte, sei die Klage unschlüssig.

Die Bedeutung für die Praxis

Der Beschluss zeigt einmal mehr: Der Vorwurf, die Reparatur sei zu umfangreich ausgefallen, dies und das sei gar nicht notwendig gewesen, trifft bei der auf der Grundlage eines Schadengutachtens beauftragten Werkstatt den falschen. Wenn dieser Vorwurf inhaltlich richtig wäre, müsste der Versicherer den Schadengutachter in Regress nehmen. Dass es dafür auch ohne Abtretung eine Rechtsgrundlage gibt, zeigt die Entscheidung des BGH (Urteil vom 13.09.2009, Az. VI ZR 205/08, dort Rz. 8, Abruf-Nr. 090691). Allerdings müsste der Versicherer dann nicht nur sein ewiges „Wir sehen das anders …“ vortragen. Stattdessen muss er substantiiert darlegen, dass und warum der Schadengutachter über den ihm zustehenden Beurteilungsspielraum hinausgegangen ist. Bei Gutachtern mit Augenmaß, die keine Geschenke verteilen („Darf es noch ein Lenkgetriebe mehr sein?“), machen wir uns da wenig Sorgen.

Weiterführende Hinweise
  • Beitrag „Update: Regress des Versicherers gegen die Werkstatt“, UE 6/2020, Seite 6 → Abruf-Nr. 46602122
  • AG Kassel, Urteil vom 14.04.2020, Az. 430 C 3469/19, Abruf-Nr. 215825

AUSGABE: UE 3/2024, S. 15 · ID: 49893929

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