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WerbungskostenFG bestätigt SSP: Umzug zwecks Einrichtung eines Home-Office ist beruflich veranlasst

Top-BeitragAbo-Inhalt02.06.20236255 Min. Lesedauer

| Umzugskosten sind abzugsfähig, wenn der Umzug beruflich veranlasst ist. Eine solche berufliche Veranlassung ist auch gegeben, wenn Sie umziehen, um sich in der neuen Wohnung einen Home-Office-Platz einzurichten, und sich damit Ihre Arbeitsbedingungen wesentlich verbessern. Diese Auffassung hat SSP in der Ausgabe 3/2022 (Seite 14) vertreten. Das FG Hamburg hat sich dem jetzt angeschlossen. SSP bringt Sie auf den Stand der Dinge. |

Der Umzugsfall vor dem FG Hamburg

Im konkreten Fall hatte ein Ehepaar bis zum Ausbruch der Corona-Pandemie im März 2020 nur in Ausnahmefällen zu Hause gearbeitet. Ab da arbeiteten beide dann auf Anweisung/Bitten ihrer Arbeitgeber im Home-Office. Beide Eheleute benötigten für ihre Tätigkeit einen großen Bildschirm. Zu Beginn des Home-Office nutzten sie den Esstisch der Familie auch als Schreibtisch. Dort war indes nur Platz für einen großen Bildschirm. Auch in der restlichen Wohnung war kein Platz für den zweiten großen Bildschirm. Da beide auch durch viele Telefonate gestört wurden, wechselten sie sich nach Möglichkeit mit der Nutzung des Esstisches ab. Dies war nur möglich, weil sie die Arbeitszeit in gewissem Maße frei einteilen konnten.

Die Eheleute erkannten, dass die Corona-bedingten Einschränkungen nicht nur kurzfristig bestehen würden. Sie bezogen im Juli 2020 eine (nur 1,6 Kilometer entfernte Wohnung) mit zwei Arbeitszimmern. Die Umzugskosten erkannte das Finanzamt nicht an.

FG Hamburg erkennt Umzugskosten an

Das wollten die Eheleute nicht hinnehmen. Sie gingen vor Gericht und obsiegten. Für das FG Hamburg war der Umzug objektiv beruflich veranlasst und subjektiv zur Förderung des Berufs bestimmt gewesen. Zwar sei es richtig, dass der Arbeitsweg nicht erheblich verkürzt worden sei, denn das Home-Office der Eheleute sei nicht als erste Tätigkeitsstätte einzuordnen Das FG war aber davon überzeugt, dass der Umzug zu einer wesentlichen Verbesserung und Erleichterung der Arbeitsbedingungen geführt hat (FG Hamburg, Urteil vom 23.02.2023, Az. 5 K 190/22, Abruf-Nr. 235554).

Die Begründung des FG

Vor der Corona-Pandemie hatten die Eheleute ihre Tätigkeit jeweils in den Räumlichkeiten ihrer Arbeitgeber ausgeübt. Seit Beginn der Corona-Pandemie hätten sie – den Anweisungen bzw. Bitten ihrer Arbeitgeber folgend – ihre Tätigkeit verlagert und diese nun zu Hause ausgeübt. Dies ging mit erheblichen Beeinträchtigungen durch ein Abwechseln mit der Tätigkeit und der Inkaufnahme von Störungen bei gleichzeitiger Tätigkeit einher. Nur um diese Situation zu beseitigen, hätte das Ehepaar eine neue Wohnung mit genau zwei zusätzlichen Arbeitszimmern gesucht und ausgewählt.

Die Einrichtung von zwei Arbeitszimmern war angesichts der verschiedenen Arbeitsweisen erforderlich, um die jeweilige Tätigkeit ungestört ausüben zu können. Durch die räumlich getrennte Arbeitsmöglichkeit konnten beide weiterhin zur Zufriedenheit ihrer Arbeitgeber ihrer Tätigkeit nachgehen und mussten sich nicht dem Risiko schlechterer Arbeitsergebnisse mit möglichen negativen Konsequenzen für das Arbeitsverhältnis aussetzen.

Die neue Wohnung wich im Übrigen nicht derart von der bisherigen Wohnung ab, dass Anlass zur Annahme bestünde, eine Erhöhung des Wohnkomforts sei Anlass für den Umzug gewesen. Im Übrigen sei mit einer möglichen Erhöhung des Wohnkomforts durch Platzgewinn zugleich eine Verschlechterung des Wohnkomforts einhergegangen. Denn statt einer Terrasse mit Zugang zum Gemeinschaftsgarten (wie bei der bisherigen Wohnung) hatte das Ehepaar jetzt nur noch einen Balkon mit einer für die im Streitjahr fünf Jahre alte Tochter schlechteren Nutzbarkeit. Auch der zeitliche Ablauf spricht für eine berufliche Veranlassung.

Was sagt der BFH?

Die Entscheidung des FG Hamburg ist noch nicht rechtskräftig. Die Finanzverwaltung hat Revision zum BFH eingelegt. Sie trägt das Az. VI R 3/23. Vergleichbare Fälle können offengehalten werden, bis der BFH entschieden hat.

Berufliche Veranlassung ohne Eine-Stunde-Zeitersparnis

Es gibt weitere Anwendungsfälle, in denen die Rechtsprechung die berufliche Veranlassung des Umzugs auch dann bejaht hat, wenn dadurch keine erhebliche Fahrtzeitverkürzung eingetreten ist (sondern sich durch den Umzug die Arbeitsbedingungen wesentlich verbessert haben).

  • Erreichbarkeit der Arbeitsstätte ohne Verkehrsmittel nach dem Umzug (BFH, Beschluss vom 02.02.2000, Az. X B 80/99, BFH/NV 2000, 945).
  • Verkürzung des Arbeitswegs von neun km auf einen km, wenn der Weg zwischen Wohnung und Arbeit auf Wunsch des Dienstherrn häufig mehrmals am selben Tage zurückzulegen ist (BFH, Urteil vom 10.09.1982, Az. VI R 95/81).
  • Arzt zieht in die Nähe der Klinik, in der er Belegbetten unterhält (BFH, Urteil vom 28.04.1988, Az. IV R 42/86, BStBl II 1988, 777).
  • Steuerzahler ist durch Umzug nicht mehr auf die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel angewiesen, kann die Arbeitsstätte in weniger als fünf Minuten zu Fuß erreichen, mitgeführte Arbeitsmittel bequemer transportieren und für den Arbeitgeber flexibler in die Arbeitsabläufe einbezogen werden (FG Köln, Urteil vom 24.02.2016, Az. 3 K 3502/13, Abruf-Nr. 186286).
Weiterführende Hinweise
  • Beitrag „Umzug zwecks Einrichtung eines Home-Office: Stellen die Umzugskosten Werbungskosten dar?“ SSP 03/2022, Seite 14 → Abruf-Nr. 47968437
  • BMF-Schreiben „Steuerliche Anerkennung von Umzugskosten nach R 9.9 Abs. 2 Lohnsteuer-Richtlinien (LStR)“ vom 21.07.2021 → Abruf-Nr. 223718
  • SSP-Lehrvideo „Umzugskosten: So funktionieren Werbungskostenabzug und steuerfreie Erstattungen“, ssp.iww.de → Abruf-Nr. 47616720
  • Einen Berechnungsbogen Umzugskosten finden Sie als Word-Dokument auf ssp.iww.de → Abruf-Nr. 46808912

AUSGABE: SSP 7/2023, S. 11 · ID: 49516033

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