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UmsatzsteuerAufteilung beim Pkw-Vorsteuerabzug: Mit Urteil aus Baden-Württemberg Finanzamt überzeugen

Abo-Inhalt28.06.20234303 Min. LesedauerVon Dipl.-Finanzwirt Matthias Ulbrich, Visselhövede

| Der Vorsteuerabzug ist aufzuteilen, wenn Sie als Unternehmer eine Eingangsleistung zum Teil zur Ausführung steuerfreier Umsätze verwenden. Das regelt § 15 Abs. 4 S. 1 UStG. Es ist dann der Teil der Vorsteuerbeträge nicht abziehbar, der den Umsätzen wirtschaftlich zuzurechnen ist, die zum Ausschluss vom Vorsteuerabzug führen. Vom FG Baden-Württemberg stammt eine steuerzahlerfreundliche Entscheidung zum Vorsteuerabzug aus der Anschaffung eines Pkw, die Sie kennen sollten. |

Der Freiberufler-Fall beim FG Baden-Württemberg

Im konkreten Fall ging es um eine Freiberuflerin, die aus Vorträgen und Seminaren umsatzsteuerpflichtige und -freie Umsätze erzielte. Für die Fahrten zur Ausführung ihrer Umsätze nutzte sie einen Pkw, den sie ihrem Unternehmensvermögen zugeordnet hatte. Ausweislich ihrer Fahrtenbücher betrug der Anteil für Fahrten zur Ausführung umsatzsteuerfreier Umsätze:

Anteil für Fahrten zur Ausführung umsatzsteuerfreier Umsätze

In 2013

22,59 %

In 2014 (gesamtes Jahr)

14,97 %

In 2014 (ab 11.11.2014)

30,49 %

Zum Streit kam es, als die Freiberuflerin einen neuen Pkw für 56.731,11 Euro zzgl. 10.778,91 Euro Umsatzsteuer erwarb. Den Pkw nutzte sie sowohl für Fahrten zur Ausführung umsatzsteuerpflichtiger als auch -steuerfreier Umsätze. In ihrer Umsatzsteuererklärung machte sie den Vorsteuerabzug aus der Anschaffung in voller Höhe geltend. Damit war das Finanzamt nicht einverstanden, weil der volle Vorsteuerabzug voraussetzt, dass ein Pkw höchstens zu fünf Prozent für nicht vorsteuerschädliche Umsätze verwendet wird. Hier betrug dieser Nutzungsanteil aber 30,49 Prozent. Deshalb erkannte das Finanzamt Vorsteuern in Höhe von 3.286,49 Euro (30,49 Prozent von 10.778,91 Euro) nicht an.

Die Unternehmerin war der Auffassung, dass sie Vorsteuer im Zeitpunkt der Anschaffung in voller Höhe geltend machen könne und erst im nachfolgenden Berichtigungszeitraum über § 15a UStG korrigieren müsse. Sie klagte.

Die Entscheidung des Gerichts

Das FG hat der Unternehmerin zum Teil Recht gegeben. Zwar könne sie nicht die volle Vorsteuer geltend machen, weil der Abzug der Höhe nach auf den Teil begrenzt sei, der zur Ausführung von steuerpflichtigen Umsätzen verwendet werde. Aber sie könne aus der Anschaffung des Pkw zunächst Vorsteuer in Höhe von 9.162,07 Euro (85 Prozent von 10.778,91 Euro) – und somit mehr als das Finanzamt zuließ – geltend machen (FG Baden-Württemberg, Urteil vom 15.09.2022, Az. 12 K 1295/20, Abruf-Nr. 234612).

Interessant ist, dass das FG den Vorsteuerabzug anhand

  • der Schätzung durch das Finanzamt
  • auf Grundlage der Fahrleistung des Pkw (und nicht des Umsatzschlüssels)
  • und zwar aus Basis der Fahrten des gesamten Jahres 2014 (und nicht nur der Fahrleistung vom 11.11.2014 bis zum 31.12.2014)

ermittelt hat. Letzteres deshalb, weil die Unternehmerin bereits vor der Anschaffung des Pkw am 11.11.2014 einen anderen „funktionsgleichen“ Pkw für ihre unternehmerischen Fahrten verwendet hatte.

Außerdem war der 85-prozentige Vorsteuerabzug für die letzten beiden Monate des Jahres 2014 zu korrigieren, weil der Pkw in dieser Zeit tatsächlich nur zu 69,51 Prozent statt ca. 85 Prozent zur Ausführung von steuerpflichtigen Umsätzen verwendet worden war.

Konsequenz für die Praxis

Bis zum Ablauf des Berichtigungszeitraums ist die Vorsteuer erneut anteilig zu berichtigen, wenn sich die Verhältnisse ändern, der Pkw also zu mehr oder weniger als 85 Prozent zur Ausführung steuerpflichtiger Umsätze verwendet wird. Die Berichtigung hat unter Beachtung der Vereinfachungsregelung in § 44 UStDV sowohl zugunsten wie auch zuungunsten des Steuerzahlers zu erfolgen. Eine Berichtigung des Vorsteuerabzugs ist allerdings nur möglich, wenn und soweit die bezogenen Leistungen im Zeitpunkt des Leistungsbezugs dem Unternehmen zugeordnet wurden (Abschn. 15a.1 Abs. 6 S. 1 UStAE). Das bedeutet im konkreten Fall z. B., dass die Unternehmerin für eine Berichtigung zu ihren Gunsten den Pkw zu mehr als 85 Prozent ihrem Unternehmensvermögen zuordnen hätte müssen.

Im Gegenzug unterläge die Veräußerung voll der Besteuerung. Gleiches gilt bei einer Entnahme, wenn der Pkw zumindest zum teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt hat (§ 3 Abs. 1b S. 2 UStG). Die Steuerfreiheit für die Lieferung von Gegenständen, die der Unternehmer für eine nach § 4 Nr. 8 bis 27 oder 29 UStG steuerfreie Tätigkeit verwendet hat, gilt nach § 4 Nr. 28 UStG nur, wenn die Verwendung ausschließlich hierfür und nicht nur teilweise für steuerfreie Umsätze gewesen ist. Die Finanzverwaltung lässt es aus Vereinfachungsgründen zu, die Steuerbefreiung auch in den Fällen in Anspruch zu nehmen, wenn der Unternehmer darauf verzichtete, für diesen Gegenstand einen anteiligen Vorsteuerabzug vorzunehmen (Abschn. 4.28.1 Abs. 2 UStAE).

Daher wäre – jedenfalls bei einem hohen Anteil steuerfreier Umsätze – zu überlegen, ob nicht auf einen Vorsteuerabzug gänzlich verzichtet oder der Pkw nur im Umfang der Verwendung für steuerpflichtige Umsätze dem Unternehmensvermögen zugeordnet werden sollte. Eine nur anteilige Zuordnung zum Unternehmensvermögen wäre zulässig (Abschn. 15.2c Abs. 2 S. 1 Nr. 2 Buchst. b UStAE). Der nichtunternehmerische Teil wäre dann bei Veräußerung nicht steuerbar. Allerdings würde eine anteilige Zuordnung eine spätere Vorsteuerberichtigung zugunsten des Unternehmers versperren.

AUSGABE: SSP 7/2023, S. 13 · ID: 49308909

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