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EigenheimWohn-Riester zur Darlehenstilgung: Auf diese Stolperfallen sollten Riester-Sparer achten

Abo-Inhalt19.04.20234495 Min. Lesedauer

| Die Riester-Rente ist eine staatlich geförderte Form der privaten Altersvorsorge. Wer einen Riester-Vertrag bespart, kann sich im Alter eine (lebenslange) Rente auszahlen lassen oder das angesparte Kapital dazu nutzen, um Immobiliendarlehen zu tilgen („Wohn-Riester“). Immer wieder landen Wohn-Riester-Fälle vor Gericht. SSP nimmt das zum Anlass, auf aktuell von der Rechtsprechung entwickelte Stolperfallen hinzuweisen. |

Stolperfalle 1: Darlehensbürgschaft von Riester begünstigt?

Wird gefördertes Altersvorsorgekapital (= Wohn-Riester) verwendet, um nach § 92a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG ein Darlehen zu tilgen, muss ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Auszahlung des geförderten Kapitals und der Darlehenstilgung bestehen.

Der aktuelle Fall vor dem FG Berlin-Brandenburg

Das FG Berlin-Brandenburg musste sich jetzt mit der Frage befassen, ob diese Zusammenhang auch (noch) gegeben ist, wenn der Wohn-Riester-Sparer lediglich eine Bürgschaft für ein Immobiliendarlehen übernommen hat oder das selbstgenutzte Grundstück mit einer Grundschuld belastet wurde.

Im konkreten Fall hatte die Sparerin mit ihrem Ehemann ein Eigenheim gekauft. Ihr Ehemann hatte mehrere Darlehen aufgenommen. Die Riester-Sparerin war nicht Schuldnerin der Darlehen, verpflichtete sich aber zu selbstschuldnerischen Bürgschaften. Zur Absicherung der Darlehen wurden ferner Grundschulden auf die Immobilie eingetragen. 2020 beantragte die Sparerin die Entnahme von Kapital aus ihrem Altersvorsorgevertrag, um Sondertilgungen zu leisten. Die Deutsche Rentenversicherung Bund lehnte den Antrag ab, da die Sparerin nicht unmittelbare Darlehensschuldnerin gewesen sei und das Kapital aus dem Altersvorsorgevertrag daher nicht wohnungswirtschaftlich verwenden könne. Für den Anspruch reiche es nicht aus, dass sie im Rahmen einer Bürgschaft in Anspruch genommen werden könne.

FG schmettert Klage der Riester-Sparerin ab

Dagegen zog die Sparerin vor Gericht. Sie argumentierte, dass das Darlehen zur Finanzierung der selbstgenutzten Immobilie aufgenommen worden sei. Dass sie selbst nicht Vertragspartnerin der Darlehensverträge geworden sei, sei einer Formalität geschuldet gewesen. Das überzeugte das FG aber nicht. Es schmetterte die Klage ab (FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 21.04.2022, Az. 15 K 15132/21, Abruf-Nr. 234512).

Begründung: Gemäß § 92b Abs. 1 EStG setze ein Auszahlungsantrag voraus, dass das geförderte Kapital in vollem Umfang unmittelbar für die Anschaffung oder Herstellung einer Wohnung oder zur Tilgung eines zu diesem Zweck aufgenommenen Darlehens verwendet werde. Diese Voraussetzungen seien hier nicht erfüllt gewesen. Die Riester-Sparerin habe mit dem Kapital aus ihrem Altersvorsorgevertrag kein eigenes Darlehen tilgen können. Die entsprechenden Darlehensverträge habe der Ehemann abgeschlossen. Die Bürgschaftsverpflichtungen seien nicht ausreichend. Ein Bürge hafte letztlich nur für fremde Schuld. Auch dass das im gemeinsamen Eigentum stehende Grundstück wegen der Darlehen mit Grundschulden belastet sei, mache die Riester-Sparerin nicht zu einer Gesamtschuldnerin der Darlehen.

Praxistipp | Noch ist nicht aller Tage Abend. Das FG hat die Revision zugelassen, die Riester-Sparerin hat sie eingelegt. Das Verfahren wird beim BFH unter dem Az. X R 6/22 geführt.

Stolperfalle 2: Zeitliche Unmittelbarkeit bei Tilgung

Wird gefördertes Altersvorsorgekapital verwendet, um nach § 92a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG ein Darlehen zu tilgen, muss nicht nur ein unmittelbarer persönlicher Zusammenhang zwischen der Auszahlung und der Darlehenstilgung bestehen. Auch die Zeitschiene ist zu beachten. Das Kapital muss innerhalb von zwölf Monaten zur Darlehenstilgung eingesetzt werden. Das hat der BFH klargestellt (BFH, Urteil vom 16.02.2022, Az. X R 26/20, Abruf-Nr. 230349).

Im konkreten Fall hatte ein Wohn-Riester-Sparer bei der ZfA beantragt, aus einem Altersvorsorgevertrag insgesamt 10.350 Euro ausgezahlt zu bekommen. Er wolle mit dem Geld drei Sondertilgungen eines Darlehens vornehmen. Im Gestattungsbescheid hatte die ZfA darauf hingewiesen, dass der Entnahmevorgang und die wohnungswirtschaftliche Verwendung in einem unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang erfolgen müssten. Dieser sei gewahrt, wenn die beabsichtigte Darlehnstilgung innerhalb von zwölf Monaten nach der ersten Kapitalauszahlung vorgenommen werde. Werde der Zeitrahmen nicht eingehalten, könne eine schädliche Verwendung des entnommenen Kapitals vorliegen.

Die Riester-Sparerin leistet die drei Sondertilgungen wie vorgegeben; allerdings im zeitlichen Abstand von knapp zwei Jahren. Weil die dritte Sondertilgung außerhalb des skizzierten Zwölf-Monats-Zeitraums lag, stellte die ZfA die teilweise Unwirksamkeit des Gestattungsbescheids fest. Insoweit habe eine schädliche Verwendung vorgelegen, für die ein Rückzahlungsbetrag von 1.641,05 Euro festzusetzen sei. Dagegen wehrte sich die Riester-Sparerin. Sie ging bis zum BFH – und verlor. Das „Unmittelbarkeits-“Kriterium gelte auch im Hinblick auf die Zeitschiene von Tilgungen, so der BFH. Denn durch die Ablösung von Darlehen solle ein Beitrag zum „mietfreien Wohnen im Alter“ geleistet werden. Um dieses Ziel zu erreichen, müsse sichergestellt sein, dass das entnehmbare geförderte Altersvorsorgekapital nicht zweckentfremdet verwendet werde. Die Finanzverwaltung lässt es zu, dass Tilgungen maximal bis zu zwölf Monaten nach der Auszahlung des Altersvorsorgekapitals vorgenommen werden (BMF-Schreiben vom 21.12.2017, Rz. 252). Damit lag die dritte Sondertilgung aber außerhalb der Zwölf-Monats-Frist.

ID: 49317449

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