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EinkommensteuerNeuer Musterprozess beim BFH: Darf der Alters- entlastungsbetrag den Verlustvortrag erhöhen?

Abo-Inhalt03.04.20234492 Min. Lesedauer

| Erzielen Sie insgesamt negative Einkünfte, stellt das Finanzamt gesondert einen Verlust fest, den Sie zurück- oder vortragen können. Der BFH muss sich jetzt mit der Frage befassen, ob ein Altersentlastungsbetrag, der bei der Ermittlung der Einkünfte im Einkommensteuerbescheid berücksichtigt worden war, den Verlust erhöht. SSP macht Sie mit Thematik und erstinstanzlicher Rechtsprechung vertraut. |

Die Grundsätze zum Altersentlastungsbetrag

Der Altersentlastungsbetrag ist in § 24a EStG geregelt. Anspruch darauf haben Sie, wenn Sie

  • im Vorjahr Ihren 64. Geburtstag gefeiert haben und
  • neben der Rente positive Einkünfte erzielt haben. Als solche werden herangezogen der Arbeitslohn (= Bruttobetrag vor Abzug von Werbungskosten) und alle Einkünfte, die nicht aus unselbstständiger Arbeit resultieren.

So wird der Altersentlastungsbetrag ermittelt

Die Höhe des Altersentlastungsbetrags richtet sich nach dem Jahr, in dem Sie Ihren 64. Geburtstag gefeiert haben. Er gilt dann prozentual und bezüglich des Höchstbetrags bis zum Lebensende. Sind Sie also z. B. im Jahr 2021 64 Jahre alt geworden, beträgt der Altersentlastungsbetrag ab 2022 und in jedem folgenden Jahr 14,4 Prozent, maximal 684 Euro.

Beispiel zeigt Ermittlungsschema

Bei der Ermittlung werden auch negative Einkünfte berücksichtigt. Ist die Summe der Einkünfte nach der Saldierung negativ, hat das keine Folgen.

Beispiel

Ein alleinstehender Rentner ist im Jahr 2021 64 Jahre alt geworden. Er arbeitet noch ein bisschen nebenher und hat daraus im Jahr 2022 ein Bruttogehalt von 1.000 Euro bezogen. Seine gesetzliche Rente beträgt 2.500 Euro. Außerdem wird unterstellt, dass er im Fall 1 Einkünfte aus Vermietung von ./. 3.000 Euro und Einkünfte aus Gewerbebetrieb von 10.000 Euro bezogen hat bzw. im Fall 2 Einkünfte aus Vermietung von ./. 3.000 Euro und Einkünfte aus Gewerbebetrieb von 2.000 Euro. Der Altersentlastungsbetrag berechnet sich wie folgt:

Beim BFH: Altersentlastungsbetrag und Verlustvortrag

Bisher ist es so, dass das Finanzamt bei der Ermittlung eines Verlustabzugs einen Altersentlastungsbetrag nicht berücksichtigt. Die Sachbearbeiter im Finanzamt befolgen hier eine für sie bindende Regelung in R. 10d Abs. 1 EStR.

Dort steht, dass der Altersentlastungsbetrag (§ 24a EStG), der Freibetrag für Land- und Forstwirte (§ 13 Abs. 3 EStG) und der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende (§ 24b EStG) bei der Ermittlung des Verlustabzugs nach § 10d EStG nicht berücksichtigt werden.

FG Thüringen stellt Handhabung durch Finanzverwaltung in Frage

Das FG Thüringen hat aktuell aber (wie zuvor schon das FG Köln (Urteil vom 12.12.2018, Az. 10 K 1730/17, Abruf-Nr. 207634) klargestellt, dass bei der Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs nach § 10d Abs. 4 S. 4 EStG die Bemessungsgrundlage so zu berücksichtigen ist, wie sie bei den Steuerfestsetzungen festgestellt wird. Das gilt entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung nicht nur für die nach horizontalem und vertikalem Verlustausgleich verbleibende negative Summe der Einkünfte, sondern auch für die im Einkommensteuerbescheid dieses Veranlagungszeitraums berücksichtigten Altersentlastungsbeträge (FG Thüringen, Urteil vom 26.04.2022, Az. 4 K 510/20, Abruf-Nr. 234093).

Beispiel zeigt Auswirkung in der Praxis

Das folgende Beispiel zeigt, wie sich die Entscheidung in der Praxis auswirkt.

Beispiel

Das Finanzamt stellt für ein Ehepaar im Einkommensteuerbescheid einen Verlust in Höhe von 100.000 Euro fest. In diesem Verlust steckt für die Ehefrau ein Altersentlastungsbetrag in Höhe von 1.300 Euro (sie war im Jahr 2011 64 Jahre alt geworden) und für den Ehemann in Höhe von 800 Euro.

Wichtig | Die Finanzverwaltung hat gegen die Entscheidung des FG Thüringen Revision beim BFH eingelegt. Sie trägt das Az. IX R 7/22. In vergleichbaren Fällen sollten Sie also Einspruch gegen nachteilige Steuerbescheide einlegen und das Ruhen des Verfahrens beantragen.

Weiterführender Hinweis
  • Mehr Informationen zum grundlegenden Systemwechsel bei Verlustvor- und -rücktrag seit dem vierten Corona-Steuerhilfegesetz finden Sie auf ssp.iww.de → Abruf-Nr. 48417283

AUSGABE: SSP 7/2023, S. 6 · ID: 49317440

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