Sie sind auf dem neuesten Stand
Sie haben die Ausgabe März 2023 abgeschlossen.
GmbHGmbH-Gesellschafter: Anteilsrotation als Gestaltungsmodell zum Steuern sparen?
| Zwei GmbH-Gesellschafter – ein Gedanke: Steuern sparen. Kann durch eine Anteilsrotation untereinander mit Kaufpreisen unterhalb der Anschaffungskosten Steuersparpotenzial generiert werden? Eine spannende Frage, insbesondere vor dem Hintergrund des Gestaltungsmissbrauchs. Nun hat der BFH die letzte offene Frage beantwortet. SSP zeigt Ihnen deshalb, was geht – und was nicht. |
Das Gestaltungsmodell der Anteilsrotation
Die Gesellschafter A und B (Steuersatz 42 Prozent) sind zu jeweils 50 Prozent an der AB-GmbH beteiligt. Ihre Anschaffungskosten belaufen sich auf 200.000 Euro; beide suchen nach einer Möglichkeit zum Steuern sparen. Sie haben daher folgende Idee: Gesellschafter A verkauft seine 50 Prozent der Gesellschaftsanteile an Gesellschafter B und Gesellschafter B verkauft seine 50 Prozent der Gesellschaftsanteile an Gesellschafter A. Dabei vereinbaren sie einen Kaufpreis, der rd. 20 Prozent unterhalb ihrer Anschaffungskosten liegt.
Effektiv bleibt nach dem vollzogenen Kauf alles beim Alten. A und B sind wie bisher auch zu jeweils 50 Prozent an der AB-GmbH beteiligt, es fand lediglich eine Anteilsrotation statt. Die Kosten: Notargebühren für den Anteilsverkauf in Höhe von jeweils ca. 500 Euro.
Dieser Steuervorteil winkt bei Unterfallen der Transaktion unter § 17 EStG
Sollte das Gestaltungsmodell der Anteilsrotation anzuerkennen sein, würden A und B steuerlich nutzbare Verluste erzielen, obwohl sich für sie effektiv nichts geändert hat. Da die Beteiligung innerhalb der letzten fünf Jahre zumindest zeitweise mindestens ein Prozent umfasste, fällt der Verkaufsvorgang unter § 17 Abs. 1 EStG. Damit gilt gemäß § 3 Nr. 40 c) EStG das Teileinkünfteverfahren und Gewinn – bzw. hier Verlust – ermitteln sich gemäß § 17 Abs. 2 EStG wie folgt:
Ermittlung des Veräußerungsverlusts für A und B | ||
... steuerlich nutzbare Verluste Veräußerungserlös | 20.000 Euro | |
./. 40 % steuerfrei (§ 3 Nr. 40 c) EStG) | ./. 8.000 Euro | |
Steuerpflichtig (60 %) | 12.000 Euro | 12.000 Euro |
Anschaffungskosten | 200.000 Euro | |
Veräußerungskosten | 500 Euro | |
Summe | 200.500 Euro | |
./. 40 % nicht abzugsfähig (§ 3c Abs. 2 S. 1 EStG) | ./. 80.200 Euro | |
Abzugsfähig (60 %) | 120.300 Euro | 120.300 Euro |
Veräußerungsverlust i. S. v. § 17 EStG | 108.300 Euro |
Dieser Veräußerungsverlust ist prinzipiell immer abzieh- und verrechenbar. Das bedeutet, dass A und B ihre übrigen positiven Einkünfte (z. B. Gehalt als Geschäftsführer) mit dem Verlust verrechnen können. Bei einem Steuersatz von 42 Prozent bedeutet das eine Steuerersparnis von 45.486 Euro (108.300 Euro x 42 Prozent). Auch nach Abzug der Notargebühren von 500 Euro eine immense und sofortige Steuerersparnis.
Wichtig | Natürlich neutralisiert sich der Steuerspareffekt in dem Moment, in dem A oder B später endgültig (und fremdüblich) ihre Anteile an der GmbH an Dritte veräußern. Das kann aber noch Jahre oder Jahrzehnte dauern. Der Vorteil besteht also effektiv darin, dass die 45.486 Euro zwischenzeitlich abzüglich 500 Euro Notargebühren zinsfrei genutzt und so immense Zins-, Inflations- und Refinanzierungsvorteile realisiert werden.
Der Verlust kann gemäß § 17 Abs. 2 S. 6 EStG nur dann nicht mit anderen positiven Einkünften verrechnet werden, wenn der Verlust auf Anteile entfällt,
- die der Veräußerer innerhalb der letzten fünf Jahre unentgeltlich erworben hat (Ausnahme: der Rechtsvorgänger hätte den Verlust geltend machen können) oder
- die entgeltlich erworben worden sind und nicht innerhalb der gesamten letzten fünf Jahre zu einer mindestens ein Prozent Beteiligung am Kapital der Gesellschaft gehört haben. Ausnahme: Der Erwerb dieser mit Verlust veräußerten Beteiligung hat zur Begründung einer Beteiligung von mindestens einem Prozent geführt oder der Erwerb erfolgte zu einem Zeitpunkt, nachdem bereits die Grenze von einem Prozent erreicht wurde.
Hält das Gestaltungsmodell dem Finanzamt stand?
Fraglich ist wie bei allen Gestaltungen, ob sie auch dem kritischen Blick des Finanzbeamten standhält. Es stellt sich insbesondere die Frage, ob die Anteilsrotation als Gestaltungsmissbrauch (§ 42 AO) bewertet wird. Wäre das der Fall, wäre die Anteilsrotation nicht mit steuerlicher Wirkung anzuerkennen. Der Veräußerungsverlust wäre nicht zu berücksichtigen und bei A und B blieben die Anschaffungskosten mit 200.000 Euro bestehen. Die Notarkosten hätten A und B umsonst aufgewendet.
Das sagt der BFH neuerdings zur Anteilsrotation
Ob Gestaltungsmissbrauch vorliegt, hängt im Wesentlichen davon ab, wie werthaltig die GmbH-Anteile sind. Es stellt sich also die Frage, ob die GmbH-Anteile mit ihrem tatsächlichen Wert oder erheblich darunter veräußert wurden. Dazu hat sich der BFH in der jüngeren Vergangenheit geäußert.
Veräußerung der GmbH-Anteile mit ihrem tatsächlichen Wert
Entsteht der „Verlust“ im Sinne des § 17 Abs. 1 EStG im Zuge einer Anteilsrotation aufgrund eines Kaufpreises, der den echten Wert des veräußerten GmbH-Anteils widerspiegelt, dann ist dieser Verlust auch für steuerliche Zwecke zu berücksichtigen. Gestaltungsmissbrauch im Sinne des § 42 AO liegt nicht vor. Denn es steht dem Gesellschafter frei, ob, wann und an wen er seine Anteile veräußert (BFH, Urteil vom 07.12.2010, Az. IX R 40/09, Abruf-Nr. 110831).
Das gilt grundsätzlich auch dann, wenn die Veräußerung zu einem Verlust führt. Denn die Berücksichtigung eines Veräußerungsverlusts steht nicht nur im Einklang mit § 17 EStG, sondern entspricht auch dem Grundsatz der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit. Die Gestaltung ist damit nicht rechtsmissbräuchlich. Gleiches gilt im Übrigen auch bei der Veräußerung wertgeminderter Aktien und Kapitalanlagen im Sinne des § 20 Abs. 2 EStG (BFH, Urteil vom 29.09.2020, Az. VIII R 9/17, Abruf-Nr. 220924).
Veräußerung der GmbH-Anteile unterhalb ihres tatsächlichen Werts
Entsteht der „Verlust“ im Sinne des § 17 Abs. 1 EStG hingegen im Zuge einer Anteilsrotation, weil der Kaufpreis den Wert des veräußerten GmbH-Anteils krass verfehlt, führt dies zu einem gesetzlich nicht vorgesehenen Steuervorteil. Folglich ist die Anteilsrotation gemäß § 42 Abs. 1 S. 1 und Abs. 2 S. 1 AO als Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten anzusehen. Der Veräußerungsverlust wird nicht anerkannt (BFH, Urteil vom 20.09.2022, Az. IX R 18/21, Abruf-Nr. 233429).
Dem BFH-Urteil lag dabei ein Sachverhalt zugrunde, in dem zwei – zu jeweils 50 Prozent an einer GmbH beteiligte – Gesellschafter ihre Anteile im Wege einer Anteilsrotation gegenseitig zu einem Kaufpreis von 12.500 Euro veräußerten. Die Anschaffungskosten der GmbH-Anteile beliefen sich auf 500.000 Euro, sodass sich ein steuerlicher „Verlust“ vor Anwendung des Teileinkünfteverfahrens von 487.500 Euro ergab. Der gemeine Wert der GmbH belief sich entsprechend einer Wertermittlung nach dem vereinfachten Ertragswertverfahrens auf ca. 1,5 Mio. Euro. Sowohl das Finanzamt, das FG Sachsen (Urteil vom 06.05.2021, Az. 8 K 1102/20) als auch der BFH (Urteil vom 20.09.2022, Az. IX R 18/21) sahen hierin einen Gestaltungsmissbrauch im Sinne des § 42 AO.
Denn der „Verlust“ entsteht in diesem Fall nicht durch eine Wertminderung, die den Gesellschaftsanteilen innewohnt. Er hat seine Ursache darin, dass Anteile weit unter Wert verkauft werden. Der „Verlust“ ist damit nicht real eingetreten. Er ist nur das rechnerische Ergebnis der vertraglichen Vereinbarung eines Unter-Wert-Verkaufs, bei dem der (jeweilige) Kaufpreis die Wertverhältnisse der (jeweils) zur Veräußerung bestimmten Gesellschaftsanteile in krasser Weise verfehlt. Der „Verlust“ spiegelt demnach auch nicht eine geminderte Leistungsfähigkeit des Gesellschafters wider.
Zudem kann in diesem Fall der Anteilsrotation kein realer wirtschaftlicher Hintergrund beigemessen werden. Denn diese dient lediglich dem Zweck, durch das Auslösen eines Verlusts einen Steuererstattungsanspruch zur Verwendung für private Aufwendungen zu erlangen. Dies stellt für sich keinen beachtlichen außersteuerlichen Grund für die gewählte Vertragsgestaltung im Sinne des § 42 Abs. 2 S. 2 AO dar, sodass eine entsprechende Anteilsrotation ohne steuerliche Wirkung verbleibt.
- Beitrag „Zeitlich inkongruente Gewinnausschüttung: Mehr Gestaltungsspielraum für Gesellschafter“, SSP 7/2022, Seite 28 → Abruf-Nr. 48316565
- Beitrag „Das neue KöMoG (Teil 2): So werden Gesellschafter von Kapitalgesellschaften besteuert“, SSP 3/2022, Seite 22 → Abruf-Nr. 47977015
AUSGABE: SSP 3/2023, S. 22 · ID: 49045965