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FamilienverträgeFiskus erkennt Darlehensvereinbarung nicht an: Sind die Zinsen trotzdem zu versteuern?
| Wenn nahe Angehörige einen Darlehensvertrag schließen, geht es meist darum, das Einkommen in der Familie steuerlich zu optimieren. Manchmal hat die Darlehenshingabe aber auch den Hintergrund, dass der Angehörige sonst überhaupt von niemandem Geld bekommen hätte und der Darlehensgeber deshalb auch keinen Gewinn macht. Muss er in dem Fall die Zinsen trotzdem – wie vom Finanzamt angemahnt – als Kapitaleinkünfte versteuern? Mit dieser Frage musste sich das FG Münster befassen. |
Um diesen Sachverhalt ging es vor dem FG Münster
Im konkreten Fall hatte ein Vater seinem Sohn ein Darlehen gewährt. Der Sohn war Anteilseigner einer GmbH und beabsichtigte, Zahlungen in deren Kapitalrücklage zu leisten, da sich die Gesellschaft in Liquiditätsschwierigkeiten befand. Er selbst verfügte nicht über die notwendigen finanziellen Mittel. Der Vater refinanzierte das Darlehen bei einer Bank und berechnete seinem Sohn denselben Zinssatz. Auf die Gestellung einer Sicherheit wurde verzichtet. Der Vertrag sah lediglich vor, dass der Sohn eine Sicherheit auf Verlangen zu stellen hatte.
In seiner Einkommensteuererklärung erklärte der Vater keine Einkünfte aus Kapitalvermögen. Das Finanzamt vertrat aber die Auffassung, das Darlehensverhältnis sei fremdüblich. Der Vater argumentierte, die Zinsen seien nicht zu versteuern, da es sich um ein fremdunübliches Rechtsgeschäft handle und es zudem an einer Einkünfteerzielungsabsicht mangle.
So entschied das FG Münster
Das FG hat der Klage stattgegeben und dies mit zwei Dingen begründet: Der Darlehensvertrag war zum einen nicht fremdüblich (und damit steuerlich nicht anzuerkennen) und es fehlte – zweitens – an der Einkünfteerzielungsabsicht des Vaters (FG Münster, Urteil vom 24.08.2022, Az. 7 K 1646/20 E, Abruf-Nr. 231891, rechtskräftig).
Darlehensverhältnis war nicht fremdüblich
Dass der Darlehensvertrag nicht dem entsprach, was unter fremden Dritten üblich ist, rekapitulierte das FG daraus, dass der Vater nur die Konditionen an seinen Sohn weitergab, die ihm die Bank eingeräumt hatte. Ein fremder Dritter hätte das nicht getan. Er hätte einen Zinsaufschlag verlangt, so das FG. Das auch deshalb, weil der Rückzahlungsanspruch des Vaters gefährdet war. Die Werthaltigkeit dieses Anspruchs hing nämlich von der weiteren Entwicklung der GmbH ab. Und die war unsicher, weil der Sohn bereits zuvor Gelder von seinem Vater erhalten hatte und bei der GmbH trotzdem weiterhin Finanzierungsbedarf bestand.
Auch das Thema „Sicherheiten“ überzeugte das FG nicht. Zwar enthielt der Darlehensvertrag Regelungen zu möglicherweise zu gewährenden Sicherheiten („auf jederzeit mögliches Verlangen“, „Sicherheiten in Höhe der valutierenden Darlehenssumme“). Wo der Sohn die aber im Falle eines Falles herbekommen hätte sollen, erschloss sich dem FG nicht. Aus diesem Grund ergäbe sich keine Steuerpflicht der vereinnahmten Zinsen.
Darlehen wurde nicht aus Überschusserzielungsabsicht vergeben
Aber selbst wenn man von einer Fremdüblichkeit ausgehen würde, so das FG, wären die Kapitalerträge nicht steuerbar, weil es an einer Überschusserzielungsabsicht des Vaters gemangelt habe. Egal, wie man es auch dreht und wendet. Unter Zugrundelegung einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise konnte das FG durch die Darlehensgewährung an den Sohn keinen irgendwie gearteten Vorteil für den Vater erkennen. Der Zweck des Merkmals der Einkünfteerzielungsabsicht bestehe aber gerade darin, steuerlich beachtliches Erwerbshandeln von steuerlich unbeachtlichem Handeln aus privaten Motiven zu unterscheiden. Die Vermutung einer Einkünfteerzielungsabsicht kann daher widerlegt werden, wenn ein positives Ergebnis von vornherein ausgeschlossen erscheint.
Das traf hier zu. Der Vater hat den Kredit mit den Regelungen zu Zinshöhe und Vertragslaufzeit eins zu eins an seinen Sohn weitergegeben. Die Zinsen, die ihm als vermeintliche Kapitalerträge hätten zufließen können, erhielt im Wege des abgekürzten Zahlungswegs unmittelbar die Bank, der gegenüber er wiederum zur Zahlung dieses Zinses verpflichtet war. Bei einer solchen vertraglichen Lage war die Erzielung eines Überschusses unmöglich.
Konsequenz für die Praxis
Das FG hat in seiner Entscheidung für eine steuerliche Anerkennung eines Darlehensverhältnisses auf die Notwendigkeit einer Absicherung und ggf. eines Risikoaufschlags auf den Darlehenszins hingewiesen. Darüber hinaus hat sich das FG von der BFH-Rechtsprechung abgegrenzt, indem es deutlich gemacht hat, dass bei der Ermittlung eines Totalüberschusses und somit der Abgrenzung zwischen steuerlich beachtlichem und unbeachtlichem Handeln aus privater Motivation auch die Aufwendungen zu berücksichtigen sind, die aufgrund eines gesetzlichen Abzugsverbots grundsätzlich nicht steuermindernd berücksichtigt werden dürfen. Im Ergebnis waren die Zinsen nicht zu versteuern, weil weder eine Fremdüblichkeit noch eine Überschusserzielungsabsicht gegeben war.
Die Entscheidung könnte Möglichkeiten eröffnen, die Versteuerung von Zinsen zwischen nahen Angehörigen zu vermeiden, indem man ein Darlehensverhältnis begründet, bei dem von vornherein ein Totalgewinn ausgeschlossen ist. Es kommt aber immer auf den Fall an. Die Einkünfteerzielungsabsicht kann anders beurteilt werden, wenn andere Vorteile (z. B. die Wertsteigerung eines Anteils an einer Kapitalgesellschaft) mit dem Darlehen erzielt werden könnten. Nur wenn es auch unter Berücksichtigung dieser Aspekte unmöglich ist, positive Einkünfte zu erzielen, kann die Vermutung widerlegt werden, dass eine Einkünfteerzielungsabsicht besteht.
AUSGABE: SSP 3/2023, S. 12 · ID: 48792305