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AbschreibungSofortabzug für Computer-Hard- und -Software: BMF-Schreiben vom 22.02.2022 sorgt für Wirbel
| Da seit rund 20 Jahren die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer, die der steuerlichen Abschreibung zugrunde zu legen ist, für „digitale“ Wirtschaftsgüter (wie z. B. Computer-Hardware und -Software) nicht mehr überprüft wurde, hatte das BMF die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer mit Schreiben vom 26.02.2021 auf ein Jahr herabgesetzt. Weil dieses Schreiben einige Fragen offen ließ, hat das BMF jetzt nachgelegt und ein neues Schreiben veröffentlicht, das das bisherige ersetzt. |
Prinzipiell bleibt es bei der Ein-Jahres-Abschreibung
Das Gute vorweg: Auch nach dem neuen BMF-Schreiben können Sie statt der üblichen betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer (für Computer z. B. drei Jahre) eine Nutzungsdauer von einem Jahr ansetzen (BMF, Schreiben vom 22.02.2022, Az. IV C 3 – S 2190/21/10002 :025, Abruf-Nr. 227695).
Nun doch zeitanteilige Abschreibung?
Das Problem stellt sich an einer anderen Stelle. Der BFH hatte nämlich geurteilt, dass Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines Wirtschaftsguts nur dann nach § 7 EStG zu verteilen sind, wenn die Nutzungsdauer des Wirtschaftsguts zwölf Monate (Jahreszeitraum im Sinne eines Zeitraums von 365 Tagen) übersteigt (BFH, Urteil vom 26.08.1993). Das ist auch in das Einkommensteuer Handbuch so übernommen worden (H 7.4 „Nutzungsdauer“ 2. Spiegelstrich EStH). Damit greift grundsätzlich ein steuerlicher Sofortabzug, wenn die Nutzungsdauer exakt ein Jahr beträgt.
Obwohl die Nutzungsdauer nur ein Jahr beträgt, sieht das BMF aber – entgegen dem genauen Gesetzeswortlaut des § 7 Abs. 1 S. 1 EStG – eine zeitanteilige Abschreibung nach § 7 Abs. 1 S. 4 EStG. Das bedeutet, dass Sie die Anschaffungs- oder Herstellungskosten auf zwölf Monate zu verteilen haben.
Beispiel |
Sie haben im November 2021 ein MacBook für 1.800 Euro angeschafft. Legen Sie die einjährige Nutzungsdauer zugrunde, sind für das Jahr 2021 2/12 von 1.800 Euro abzuschreiben (300 Euro), und im Jahr 2022 folglich 10/12, also 1.500 Euro. |
Wichtig | Von dieser Abschreibungspraxis können Sie aber Abstand nehmen, weil das BMF eine Nichtbeanstandungsregelung getroffen hat. Die Finanzämter akzeptieren es, wenn Sie im Jahr der Anschaffung oder Herstellung den Abzug in voller Höhe vornehmen (Rz. 1.4 des BMF-Schreibens vom 22.02.2022). Bezogen auf das Beispiel: Vollabschreibung im Jahr 2021.
BMF fordert Aufnahme in Bestandsverzeichnis
Das BMF schreibt nun allerdings zwingend vor, die Wirtschaftsgüter in ein Bestandsverzeichnis aufzunehmen. Sie müssen also – wie früher – das Wirtschaftsgut im Bestandsverzeichnis erfassen und abschreiben. Das Institut der Wirtschaftsprüfer (sowie die Literatur) hatten bisher die Notwendigkeit eines Anlagenverzeichnisses bei einer Nutzungsdauer von einem Jahr verneint.
Das bedeutet für Sie in der Praxis, dass als einzige Erleichterung der Ansatz einer kürzeren betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer verbleibt, wodurch sich die Anschaffungskosten steuerlich früher nutzen lassen.
Neue Auswirkungen in der Buchhaltung
Das neue BMF-Schreiben hat noch andere Auswirkungen auf Ihre Buchhaltung. Sie dürfen die Anschaffung eines Computers nicht auf dem Konto „Sonstige betriebliche Aufwendungen“ verbuchen. Da es ein BMF-Schreiben ist, gilt dieses auch rückwirkend für das Jahr 2021. Einschränkungen wurden nicht vorgenommen. Sie haben jetzt also die Wahl: Sie können das Wirtschaftsgut Hardware oder Software
- im Jahr der Anschaffung oder Herstellung voll abschreiben (wenn Sie größtmögliche Gewinnminderung wollen) oder
- die Kosten wie im Beispiel zeitanteilig verteilen.
Da Sie allerdings gemäß der Vorgabe des neuen BMF-Schreibens dazu verpflichtet sind, das Wirtschaftsgut zwingend in ein Bestandsverzeichnis aufzunehmen, ist es nicht mehr zulässig, über das passende Aufwandskonto zu buchen. Sie müssen beim Buchen vielmehr wie folgt vorgehen:
Beispiel 1 (Computer) |
Kauf eines Macbooks für 1.800 Euro zzgl. 342 Euro Umsatzsteuer gegen Bankzahlung am 10.12.2021. Sie müssen nun wie folgt buchen: |
Beispiel 2 (Software) |
Kauf einer ERP-Software für 1.800 Euro zzgl. 342 Euro Umsatzsteuer gegen Bankzahlung am 10.12.2021. Sie müssen nun wie folgt buchen: |
Wichtig | Haben Sie Anschaffungen auf dem Konto „Sonstiger betrieblicher Aufwand“ verbucht, müssen Sie das korrigieren.
Praxistipp | Die Abschreibungsregelungen gelten
|
Welche Hard- und Software ist betroffen?
Folgende Hard- und Software ist begünstigt:
Hardware
Die Finanzverwaltung rechnet der „Computerhardware“ praktisch sämtliche Wirtschaftsgüter einer PC-Anlage und deren Peripherie zu. Konkret nennt das BMF
- Computer,
- Desktop-Computer,
- Notebook-Computer (wie z. B. Tablet, Slate, oder mobiler Thin-Client),
- Desktop-Thin-Client, Workstation, mobile Workstation,
- Small-Scale-Server,
- Dockingstation,
- externes Netzteil,
- Peripherie-Geräte (z. B. Tastatur, Maus, Scanner, Kamera, Mikrofon, Headset),
- externe Speicher (Festplatte, DVD-/CD-Laufwerk, USB-Stick, Streamer),
- Ausgabegeräte (z. B. Beamer, Plotter, Headset, Lautsprecher, Monitor oder Display) und
- Drucker (Laser-, Tintenstrahl- oder Nadeldrucker).
Diese Aufzählung soll abschließend sein. Auch müssen die Geräte den EU-Vorgaben für umweltgerechte Gestaltung von Computern und Computerseern entsprechen.
Software
Unter Software wird jegliche Betriebs- und Anwendersoftware zur Dateneingabe und -verarbeitung gefasst. Dazu rechnen auch die
Fazit | Auch wenn das neue BMF-Schreiben vom 22.02.2022 auf den ersten Blick keine großen Neuigkeiten bringt (betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer weiterhin ein Jahr), ergeben sich dennoch wichtige Auswirkungen in der Buchhaltungspraxis. Entsprechende Wirtschaftsgüter müssen nun ins Bestandsverzeichnis aufgenommen werden. Die einzige Erleichterung, die verbleibt, ist die einjährige Nutzungsdauer. Es ist weiterhin darauf zu achten, dass es zu Abweichungen zur Handelsbilanz kommen kann (ggf. latente Steuern). Smartphones sind vom BMF-Schreiben weiterhin nicht erfasst. |
- nicht technisch physikalischen Anwendungsprogramme eines Systems zur Datenverarbeitung,
- alle Standardanwendungen sowie
- individuell abgestimmte Anwendungen (z. B. ERP-Software, Software für Warenwirtschaftssysteme etc.).
AUSGABE: SSP 4/2022, S. 9 · ID: 48033974