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HandwerkerleistungenBFH hält Statikerleistung nicht für „§ 35a-fähig“: Diese Verfahren sind beim BFH noch anhängig

Abo-Inhalt03.03.20223164 Min. Lesedauer

| Für die Leistung eines Statikers kann die Steuerermäßigung nach § 35a EStG auch dann nicht gewährt werden, wenn die statische Berechnung für die Durchführung einer Handwerkerleistung erforderlich war. Diese harte Entscheidung hat der BFH getroffen. SSP stellt Ihnen die Entscheidung vor und macht Sie mit anhängigen Verfahren beim BFH zu § 35a EStG vertraut, bei denen vielleicht etwas Erfreulicheres herauskommt. |

Berechnungen eines Statikers sind nicht begünstigt

Im konkreten Fall wollte ein Ehepaar schadhafte Holzstützen im Eigenheim durch Stahlstützen ersetzen lassen. Der Handwerker verlangte, dass zuvor ein Statiker berechnen müsse, ob das technisch überhaupt möglich sei. Der Statiker kam ins Haus, inspizierte die Gegebenheiten. Das Gutachten erstellte er in seinem Büro. Das Ehepaar überwies den Rechnungsbetrag (Arbeitskosten) in Höhe von 535,50 Euro einschließlich Umsatzsteuer. Dafür wollte es die Steueranrechnung für Handwerkerleistungen nach § 35a EStG geltend machen. Das Finanzamt lehnte ab, das FG Baden-Württemberg bejahte die Steueranrechnung (Urteil vom 04.07.2019, Az. 1 K 1384/19, Abruf-Nr. 211448).

Dem folgte der BFH nicht. Die Steuerermäßigung kann nicht gewährt werden, da ein Statiker grundsätzlich nicht handwerklich tätig ist. Er erbringt ausschließlich Leistungen im Bereich der Planung und rechnerischen Überprüfung von Bauwerken. Für den BFH kann die Steuerermäßigung auch nicht damit begründet werden, dass die statische Berechnung erforderlich war, dass der Handwerker seine Leistungen überhaupt habe erbringen können. Denn die Leistungen von Handwerker und Statikers seien für die Gewährung der Steuerermäßigung getrennt zu betrachten. Allein die sachliche Verzahnung beider Gewerke führe nicht zu einer Umqualifizierung der statischen Berechnung in eine Handwerksleistung (BFH, Urteil vom 04.11.2021, Az. VI R 29/19, Abruf-Nr. 227809).

Bei Erschließungsbeiträgen legt das BMF sein Veto ein

Das Schicksal von Statikerleistungen und -rechnungen teilen Erschließungsbeiträge für eine Straße, die Grundstückseigentümern von der Gemeinde in Rechnung gestellt wurden. Auch sie sind nicht als Handwerkerleistungen nach § 35a EStG steuermindernd ansetzbar. Das hat das BMF in einem aktuellen Schreiben bekanntgegeben. Die Finanzverwaltung setzt damit eine Entscheidung des BFH um. Einsprüche gegen Einkommensteuerfestsetzungen werden zurückgewiesen (BMF, Schreiben vom 28.02.2022, Abruf-Nr. 227768).

Hintergrund | 2020 hatte der BFH entschieden, dass es bei Erschließungsbeiträgen – im Gegensatz zum nach § 35a EStG begünstigten Haus- oder Grundstücksanschluss – am räumlich-funktionalen Zusammenhang der Leistung mit dem Haushalt des einzelnen Grundstückseigentümers fehle (BFH, Urteil vom 28.04.2020, Az. VI R 50/17, Abruf-Nr. 217866). Denn der Beitrag werde für den Ausbau des allgemeinen Versorgungsnetzes gezahlt und komme damit – im Unterschied zum Hausanschluss – nicht nur einzelnen Eigentümern, sondern allen Nutzern des Versorgungsnetzes zugute.

Diese Musterprozesse sind beim BFH noch anhängig

Wie erwähnt wird die Liste an Musterprozessen zu § 35a EStG immer dünner. Viele sind schon – meist zum Nachteil der Steuerzahler – entschieden worden. Bleibt zu hoffen, dass das bei den aufgeführten Sachverhalten und anhängigen Verfahren anders sein wird.

Übersicht /  Anhängige Verfahren zu § 35a EStG beim BFH

Thema

Revision und Vorinstanz

Aufwendungen für Hausnotrufsystem nach § 35a EStG begünstigt?

Ist eine Steuerermäßigung gemäß § 35a Abs. 2 EStG i. V. m. § 35a Abs. 4 S. 1 EStG für Aufwendungen für ein Hausnotrufsystem, das in einem außerhalb eines „Betreuten Wohnens“ befindlichen Haushalt eines Steuerpflichtigen installiert ist und lediglich in der Gerätebereitstellung und der 24-Stunden-Zentrale besteht, zu gewähren (räumlich-funktionaler Zusammenhang mit dem Haushalt des Steuerpflichtigen), wenn die Entgegennahme und Übermittlung des eingegangenen Notrufs in einer außerhalb des Haushalts belegenen Servicezentrale erfolgt und die letztliche Hilfeleistung nicht Bestandteil der vergüteten Leistung ist, sondern von einem Dritten erbracht wird?

BFH-Az: VI R 14/21, VI R 7/21 und

VI R 8/21

Vorinstanz u. a.: FG Baden-Württemberg Urteil vom 11.06.2021, Az. 5 K 2380/19,

Abruf-Nr. 223260

Kann Mieter einer Eigentumswohnung § 35a EStG in Anspruch nehmen?

Unter welchen Voraussetzungen kann ein Mieter einer Eigentumswohnung die Steuervergünstigung des § 35a EStG in Anspruch nehmen?

BFH-Az: VI R 24/20

FG Niedersachsen, Urteil vom 08.05.2019, Az. 4 K 120/18, Abruf-Nr. 218833

Welcher Veranlagungszeitraum ist für § 35a EStG maßgeblich?

In welchem Veranlagungszeitraum kann die Steuerermäßigung unter Berücksichtigung des Zufluss-/Abflussprinzips ggf geltend gemacht werden?

BFH-Az: VI R 24/20

Vorinstanz: FG Niedersachsen, Abruf-Nr. 218833

Aufwendungen für die Pflege nicht im Haushalt lebender Angehöriger abzugsfähig?

Sind Aufwendungen für die ambulante Pflege und Betreuung von nicht im Haushalt des Steuerpflichtigen, sondern in ihrem eigenen Haushalt lebenden Familienangehörigen im Rahmen von § 35a EStG als haushaltsnahe Dienstleistungen abziehbar und, falls ja, setzt der Abzug voraus, dass die Rechnung auf den Steuerpflichtigen ausgestellt ist?

BFH-Az: VI R 2/20

FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 11.12.2019, Az. 3 K 3210/19, Abruf-Nr. 215161

Personelle Verflechtung mit GmbH als Leistungserbringer „35a-schädlich“?

Ist eine Steuerermäßigung für Handwerkerleistungen zu gewähren, wenn diese von einer GmbH erbracht werden, an der der Leistungsempfänger beteiligt ist, und dessen Gesellschafterverrechnungskonto damit belastet wird oder ist die Einbindung eines Kreditinstituts erforderlich?

BFH-Az: VI R 23/20

FG Thüringen, Urteil vom 22.10.2019, Az. 3 K 452/19, Abruf-Nr. 214530

Günstigerprüfung nach § 10a Abs. 2 EStG

Wie ist die Günstigerprüfung gemäß § 10a Abs. 2 EStG zwischen der Berücksichtigung der Altersvorsorgeaufwendungen und des Altersvorsorgezulagenanspruchs durchzuführen (Abzug der Steuerermäßigung nach § 35a EStG vor oder nach der Hinzurechnung der Altersvorsorgezulage auf die tarifliche Einkommensteuer)?

BFH-Az: X R 11/21

FG Schleswig-Holstein, Urteil vom 12.05.2021, Az. 5 K 18/19, Abruf-Nr. 224765

AUSGABE: SSP 4/2022, S. 12 · ID: 48011870

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