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AnrechnungTrotz Vergütungsvereinbarung Anrechnung der Geschäfts- auf die Verfahrensgebühr?

Abo-Inhalt27.07.2023663 Min. LesedauerVon Dipl.-Rechtspfleger Peter Mock, Koblenz

| Die Geschäftsgebühr im Widerspruchsverfahren wird nach Ansicht des VG Leipzig auf die Verfahrensgebühr im VG-Verfahren angerechnet. Dies gelte im Fall einer Vergütungsvereinbarung. |

Sachverhalt

Im Streitfall hatte der Kläger seinen Anwalt zunächst im Widerspruchsverfahren vor einer Verwaltungsbehörde beauftragt und dafür eine stundensatzbezogene Vergütungsvereinbarung getroffen. Anschließend klagte er erfolgreich vor dem VG. Die Kosten des Verfahrens wurden der beklagten Behörde auferlegt. Der Kläger beantragte die Festsetzung der entstandenen Kosten und meldete sowohl eine 1,8-Geschäftsgebühr als auch eine 1,3-Verfahrensgebühr an. Der UdG kürzte diese Gebühr um den anzurechnenden Betrag einer 0,75-Gebühr. Der Kläger erhob hiergegen eine Erinnerung, jedoch ohne Erfolg (VG Leipzig 5.1.23, 6 K 741/18, Abruf-Nr. 236272).

Relevanz für die Praxis

Die Entscheidung ist im Hinblick auf Argumentation und Ergebnis unzutreffend. Die Geschäftsgebühr muss nicht angerechnet werden. Denn anders, als das VG dies sieht, ist vorliegend zunächst einmal die Anrechnungsvorschrift der Vorbem. 2.3 Abs. 4 VV RVG nicht relevant. Diese betrifft die Anrechnung der Geschäftsgebühr eines Verwaltungsverfahrens auf die Geschäftsgebühr eines Widerspruchsverfahrens. Hier geht es aber um die Anrechnung der Geschäftsgebühr des Widerspruchsverfahrens auf die Verfahrensgebühr eines folgenden gerichtlichen Verfahrens gemäß Vorbem. 3 Abs. 4 VV RVG.

Statt einer Geschäftsgebühr ist mangels Vorschrift auch keine Stundensatzvergütung anzurechnen. Daher betrifft die Frage, ob fiktiv anzurechnen ist, nicht das Gebührenrecht, sondern die Kostenerstattung nach § 91 ZPO. Folge: Eine vereinbarte Vergütung kann nur bis zur Höhe der gesetzlichen Vergütung erstattet werden. Die vorgerichtliche Stundensatzvergütung wurde daher folgerichtig in Höhe einer angemessenen 1,8-Geschäftsgebühr festgesetzt.

Die Verfahrensgebühr ist bei gesetzlicher Abrechnung nicht um die Hälfte der Geschäftsgebühr (höchstens 0,75) zu kürzen. Laut BGH (RVG prof. 10, 23) ist dies grundsätzlich nicht der Fall, außer im Vergleichsfall (BGH AGS 15, 147), wenn die nicht anrechenbare Vergütung nicht offengelegt wurde. Dieses war hier nicht der Fall, sodass sich die erstattungsberechtigte Partei bei einer außergerichtlichen Vergütungsvereinbarung die folgende Verfahrensgebühr anrechnungsfrei festsetzen lassen konnte (OLG Hamburg Rpfleger 15, 303).

Beachten Sie | Die Verwaltungsgerichtsbarkeit nimmt bei einer vereinbarten außergerichtlichen Vergütung entgegen der BGH-Rechtsprechung eine fiktive Anrechnung vor (OVG Berlin-Brandenburg NJW-Spezial 22, 61; VGH Kassel DÖV 13, 912; VG Frankfurt a. M. JurBüro 12, 420).

AUSGABE: RVGprof 8/2023, S. 132 · ID: 49589979

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