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ErbschaftsteuerVermögensverlagerung ins Ausland ist nicht immer ein Fall für die deutsche Erbschaftsteuer

Abo-Inhalt12.05.20251899 Min. LesedauerVon RA Prof. Dr. Carsten Wegner, Krause & Kollegen, Berlin

| Ist ein angloamerikanischer Trust nach den für ihn maßgeblichen Vorschriften (hier: Recht von Guernsey) wirksam gegründet worden und hat der Errichter sich keine Herrschaftsbefugnisse vorbehalten, aufgrund derer er über das im Trust befindliche Vermögen frei verfügen kann, ist dieses Vermögen rechtlich selbstständig (intransparent) und fällt beim Tod des Errichters nicht in dessen Nachlass. Erbschaftsteuer ist insoweit nicht zu erheben. Das hat das FG Schleswig-Holstein entschieden. |

Sachverhalt

K ist Miterbe zu 1/2 nach seiner 2005 verstorbenen Mutter M, die im Inland wohnhaft war. Nach Eingang der Erbschaftsteuererklärung setzte das beklagte FA mit (geändertem) Bescheid Erbschaftsteuer gegen K fest. Nicht Gegenstand der Erklärung und der Bescheide war ein Trust, der nach den gesetzlichen Vorschriften von Guernsey errichtet worden war. Gründer des Trusts waren K sowie dessen Bruder O (im Gründungsvertrag [„Settlement“] als „Settlor“ bezeichnet) sowie die Q mit Sitz auf Guernsey (im Settlement als „Original Trustees“ bezeichnet). Im Settlement wurde das Recht von Guernsey zu dem auf die Vermögensmasse anzuwendenden Recht erklärt. Der Trust wurde mit Vermögen der M ausgestattet. Nach dem 3. Anhang des Settlements wurden als Begünstigte („Beneficaries“) des Trusts die M, K und O, deren Abkömmlinge und entfernteren Abkömmlinge und als wohltätiger Begünstigter das Internationale Rote Kreuz benannt. Der Trust beteiligte sich zu jeweils 100 % an zwei Kapitalgesellschaften, die nach dem Recht der British Virgin Islands gegründet waren, ihren Verwaltungssitz (Administration Office) 2005 auf Guernsey hatten und Vermögenswerte in der Schweiz hielten. K informierte im Wege der „Nacherklärung“ zur „Nachveranlagung“ das FA über den Trust. Es erließ daraufhin einen geänderten Erbschaftsteuerbescheid gegen K, der dagegen Einspruch erhob. Das FG hat die Klage abgewiesen. Der BFH hat das Urteil des FG aufgehoben und zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen (II R 13/19). Das FG hat Beweis erhoben.

Entscheidungsgründe

Der Änderungsbescheid in Gestalt der Einspruchsentscheidung wird dahin gehend geändert, dass bei der Berechnung der Erbschaftsteuer über den Erwerb des K aufgrund des Ablebens der M das im C-Trust befindliche Vermögen nicht berücksichtigt wird (FG Schleswig-Holstein 10.10.24, 3 K 41/17, Abruf-Nr. 245761).

Zur Überzeugung des Senats lässt sich nicht feststellen, dass dem FA mit der „Nacherklärung“ des K neue Tatsachen i. S. d. § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO bekannt wurden, die zu einer höheren Erbschaftsteuer führten. Denn das im Trust angelegte Vermögen ist im hier relevanten Zeitpunkt des Todestages der M nicht im erbschaftsteuerrelevanten Sinne dem Vermögen der M zuzurechnen.

Relevanz für die Praxis

Alles, was dem Fiskus zunächst nicht bekannt gegeben worden ist, wirft dort gerne Fragen auf, insbesondere bei Vermögenstransfers ins Ausland, wenn sog. Steueroasen im Spiel sind. Strafrechtliche Überlegungen sind schnell zur Stelle (so wohl auch hier: „Nacherklärungsakte der BuStra“). Anders lassen sich entsprechende Sachverhalte vielfach kaum aufklären. Grund genug, die steuerlichen Grundlagen noch einmal in den Blick zu nehmen. Denn Steuervermeidung ist weder anrüchig noch strafbar.

Merke | Gem. § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 3 Abs. 1 Nr. 1 1. Var. ErbStG unterliegt der Erbschaftsteuer als Erwerb von Todes wegen der Erwerb durch Erbanfall, § 1922 BGB. Mit dem Tod einer Person geht deren Vermögen als Ganzes auf den oder die Erben über, die dieses Erbe gem. den Vorschriften des ErbStG versteuern müssen.

Ist das in einen Trust eingebrachte Vermögen im Zeitpunkt des Todes eine sog. intransparente – und damit rechtlich selbstständige – Vermögensmasse ausländischen Rechts i. S. d. § 3 Abs. 2 Nr. 1 S. 2, § 7 Abs. 1 Nr. 8 S. 2 ErbStG, kann es einem Erblasser im Todeszeitpunkt nicht mehr zugerechnet werden und gehört folglich nicht zur Erbmasse (vgl. BFH-Gerichtsbescheid 25.6.21, II R 13/19, BFHE 275, 231). Mit der Übertragung des Vermögens auf eine ausländische Vermögensmasse wird dieses von dem Vermögen des ursprünglich Berechtigten „entkoppelt“; es verselbstständigt sich im rechtlichen Sinne und kann nicht mehr Teil der Universalsukzession i. S. d. § 1922 BGB sein.

Der BFH hat hierzu unter Rückgriff auf die Grundsätze zu Stiftungen i. S. v. § 3 Abs. 2 Nr. 1 S. 1, § 7 Abs. 1 Nr. 8 S. 1, 7 Abs. 1 Nr. 9 S. 1 ErbStG festgehalten, dass das in einen intransparenten, wirksam gegründeten und rechtlich selbstständigen Trust eingelegte Vermögen dem Errichter nicht mehr zuzurechnen ist und schon deshalb nach inländischem Erbrecht – unabhängig von dem ausländischen Personalstatut des Trusts – nicht mehr der gesetzlichen Erbfolge oder einer Verfügung von Todes wegen unterliegt. Ist dem Trust vor dem Erbfall wirksam Vermögen zugeflossen, ist es nur noch dem Trust zuzuordnen. Der Tod des Errichters ist insoweit erbschaftsteuerrechtlich unbedeutend.

Merke | Etwas anderes gilt nur, wenn sich der Errichter der Vermögensmasse derart umfassende Herrschaftsbefugnisse vorbehalten hat, dass diese Vermögensmasse ihm gegenüber über das Vermögen nicht tatsächlich und frei verfügen kann. Es steht insoweit einem Bankguthaben gleich und ist weiterhin dem Errichter zuzuordnen (vgl. BFH 25.6.21, BFHE 275, 231).

Ein unwirksamer „illusory trust“ wäre anzunehmen, wenn ein Gründer alleiniger „beneficial owner“ des Vermögens bleibt, sich mithin so weitgehende Rechte einräumt, dass er Trustees abberufen, ihre Entscheidungen kontrollieren und das Trustvermögen auf sich übertragen oder ausschließlich für sich selbst nutzen kann. Zur gleichen Annahme eines unwirksamen „illusory trust“ würde führen, wenn der Settlor sich nicht vollständig von seinem Vermögen getrennt hätte, sondern sich den Ertrag des Trustvermögens ohne Rücksicht auf die übrigen „Beneficiaries“ gesichert hätte; er im Ergebnis die Rechte am Trustvermögen wie ein Eigentümer („tantamount to ownership“) behielte.

Ein unwirksamer „sham trust“ wäre nur anzunehmen, wenn Settlor und Trustee beabsichtigten, nur den Anschein einer wirksamen Trustgründung zu erwecken („intention to mislead“), aber nicht beabsichtigten, die wesentlichen Grundzüge eines Trusts zu verwirklichen, insbesondere der Settlor die Verfügungsgewalt über sein Vermögen behält.

Merke | Kann der Erblasser aufgrund vorbehaltener Befugnisse über das Vermögen weiterhin frei verfügen – ist mithin der Trustee gehindert, über das dem Trust übertragene Vermögen dem Settlor gegenüber tatsächlich und frei zu verfügen –, ist die Vermögensmasse rechtlich transparent. Das Vermögen ist dem Erblasser weiter zuzurechnen. Es fällt bei dessen Tod in den Nachlass und ist der Gesamtrechtsnachfolge zugänglich (BFH 25.6.21, II R 13/19, BFHE 275, 231). Herrschaftsbefugnisse i. d. S. ergeben sich z. B. durch den Vorbehalt des Settlors/Errichters in Bezug auf die Entscheidungen über die Anlage und Verwendung des Vermögens, die Möglichkeit, ganz oder z. T. dessen Rückübertragung zu verlangen, und die Weisungsunterworfenheit der Trustees gegenüber dem Settlor.

Für unschädlich erachtet das FG, dass Bitten der M und ihrer Söhne als unverbindliche Anfragen verstanden wurden. Dass deren Wünschen gefolgt wurde, sei – „zumindest ohne weitere Anhaltspunkte“ – unverdächtig. Denn es sei stets um Auszahlungen (bzw. einmal um Auskehr von Aktien zur Vermögensumbildung) für laufende Kosten/Lebensunterhalt gegangen. Genau zu diesem Zweck, namentlich (auch) der Unterhaltssicherung der M bis zu deren Tod aus dem eingelegten Vermögen, sei der Trust gegründet worden.

Merke | Legitimer Zweck eines Common Law Trusts ist, Vermögen langfristig zu sichern und für den Unterhalt der Familie, auch über die Generationen, zu verwenden und zu sichern. Dafür wird er typischerweise (auch) gegründet.

Nach Ansicht des beklagten FA war Steuerhinterziehung Hauptzweck des Trusts. Dafür ergeben sich nach Ansicht des FG aber nicht genügend Anhaltspunkte. Unklar sei zwar, woher das Vermögen für den Trust stamme. Soweit Einkommensteuererklärungen der M aus den Jahren vor Trustgründung nachvollzogen werden konnten, ergäben sich daraus keine Summen, die den Schluss nahelegten, die M habe über Kapitalvermögen in derart relevanter Höhe verfügt. Zudem seien etwaige Ausschüttungen nicht ertragsteuerlich erklärt worden, obwohl es insoweit gesonderter Feststellungserklärungen bedurft hätte. Es könne aber offenbleiben, ob sich eine Steuerhinterziehung aus der Ausstattung des Trusts mit (vermeintlichem) Schwarzgeld ergeben könnte. Nicht erkennbar sei, dass das Vermögen, das in den Trust geflossen ist, tatsächlich Schwarzgeld war – dessen „Schwarzgeldstatus“ mit dem Einbringen in den Trust unzulässig perpetuiert worden wäre. Es bleibe unklar, woher dieses Vermögen stammt. Es könnte sich um Kapitalvermögen gehandelt haben, das in den Vorjahren keine oder nur wenig Rendite abgeworfen hat.

Merke | Das FG ist im Rahmen seiner Amtsermittlungspflicht nicht verpflichtet, finanzbehördliche Vermutungen „ins Blaue hinein“ aufzugreifen bzw. zur Grundlage seiner Beweisaufnahme zu machen.

AUSGABE: PStR 6/2025, S. 131 · ID: 50274528

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