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US-ZölleUS-Zölle als Weckruf – der Weg in eine neue Zollunion?

Abo-Inhalt15.05.20252 Min. LesedauerVon Dipl.-Finanzwirt (FH/Zoll) Markus Bitzer, Odenthal

| Die protektionistische Handelspolitik der USA könnte anstoßen, dass das globale Handelssystem neu ausgerichtet wird. Das einseitige Einführen von Zöllen zwingt andere Länder zu Gegenmaßnahmen. Was als Schutz nationaler Interessen gedacht ist, könnte als Katalysator für neue Freihandels- oder Zollbündnisse wirken – außerhalb und ggf. gegen die USA. |

1. Handelsräume neu denken

Die USA erheben inflationär generelle und reziproke Zölle (d. h. Zölle, die als Reaktion auf das Zollniveau des jeweiligen Handelspartners erhoben werden), oft ohne Rücksicht auf WTO (Welthandelsorganisation)-Regeln oder bilaterale Abkommen. Es sind fast alle Produktbereiche betroffen. Das belastet exportorientierte Volkswirtschaften strukturell – unabhängig von Sektor oder Zielmarkt.

Statt auf Gegenzölle oder langwierige WTO-Verfahren zu setzen, sollten betroffene Staaten Handelsstrukturen neu denken. Koordinierte Wirtschafts- und Zollräume mit harmonisierten Ursprungsregeln, digitalisierter Abwicklung und abgestimmten Präferenzen bieten Vorteile. Die Pan-Euro-Med-Zone (paneuropäisch-mittelmeerischer Präferenzraum) ist ein funktionierendes Modell. Es könnte auf Regionen wie ASEAN (Association of Southeast Asian Nations), Mercosur (Mercado Común del Sur – Gemeinsamer Markt Südamerikas) oder afrikanische Wirtschaftsräume technisch ausgeweitet werden. Auch bestehende Abkommen könnten durch gemeinsame Ursprungs- und Zollverfahren besser verzahnt werden. So entstünde nicht nur Zugang zu neuen Märkten, sondern auch ein Gegengewicht zur US-Zollpolitik. Zugleich deutet sich eine geopolitische Neuordnung an: Das CPTPP (Comprehensive and Progressive Agreement for Trans-Pacific Partnership) wurde nach dem US-Ausstieg ohne Washington geschlossen. China forciert mit der RCEP (Regional Comprehensive Economic Partnership) eine eigene Handelsstrategie. Drittstaaten stehen vor der Wahl: Blockbildung oder regelbasierte Kooperation. Auch Indien, Indonesien oder Brasilien positionieren sich zunehmend strategisch.

2. Chancen für EU und Unternehmen

Die Fragmentierung des Welthandels ist real. Eine multilaterale Struktur mit klaren Regeln kann dem entgegenwirken – nicht gegen die USA, sondern i. S. e. stabilen Wirtschaftssystems. Unternehmen brauchen Planungssicherheit und funktionierende Partnernetze. Zollpolitik wird zum Standortfaktor. Für die EU ist das eine Chance: Als stabilisierender Kern kann sie geopolitisch Einfluss nehmen und Unternehmen Perspektiven bieten. Wer früh in digitale Zollprozesse, Compliance-Strukturen und neue Märkte investiert, sich an Präferenzsystemen beteiligt und geopolitische Risiken beobachtet, sichert sich Handlungsspielräume in einem globalen Umfeld, das zunehmend unberechenbarer wird.

AUSGABE: PStR 6/2025, S. 142 · ID: 50384566

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