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Sie haben die Ausgabe Juni 2025 abgeschlossen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
wenn Sie diese Zeilen lesen, hat Deutschland – aller Voraussicht nach – eine neue Bundesregierung. Die (zumindest auf dem Papier) ambitionierten Pläne finden sich im Koalitionsvertrag zwischen CDU/CSU und SPD – unter dem epischen Titel: „Verantwortung für Deutschland“. Ein Dokument voller Visionen. Und voller Überraschungen.
So findet sich dort plötzlich die Absenkung der Umsatzsteuer auf Restaurantbesuche – eine Forderung, die im Wahlkampf bei der FDP zu finden war. Die FDP regiert zwar nicht mit, aber ihre Ideen offenbar schon. Steuerstrafrechtlich verlieren wir damit eine ganze Klasse hübscher Streitigkeiten über Plastikgabeln, Pizzakartons und die philosophische Frage, ob der Verzehr wirklich außer Haus stattfand. Ein kleiner, aber feiner Sieg für den Bürokratieabbau!
Selbstverständlich soll – wie stets – die Steuerhinterziehung konsequent bekämpft und die Behörden gestärkt werden. Das klingt kräftig, bleibt aber vage. Etwas konkreter wird es beim Stichwort „Gewerbesteueroase“: Hier sollen „alle zur Verfügung stehenden administrativen Maßnahmen“ ergriffen werden. Bei Cum-Cum-Gestaltungen sollen immerhin „weitere Maßnahmen geprüft“ werden. Was genau das jeweils heißen soll, bleibt unklar. Die Registrierkassenpflicht soll evaluiert werden. Wer davon ausgeht, das Ergebnis stehe nicht fest, glaubt vermutlich auch noch an die „Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit“.
Im Strafprozessrecht ist wenig Gutes zu erwarten. Eine „grundlegende Überarbeitung der Strafprozessordnung“ wird angekündigt – im Zeichen der „effektiven“ und „zügigen“ Strafverfolgung. Zwischen den Zeilen immerhin die Einsicht: Der Status quo überzeugt nicht. Doch wer „Effektivität“ ruft, meint meist den schrittweisen Abbau von Beschuldigtenrechten. Eine Kommission ist vorgesehen – ihre Besetzung wird über die Richtung entscheiden. Und was ist eigentlich mit der Dokumentation der Hauptverhandlung? Schon vergessen?
Dann wäre da noch der Spagat zwischen Bürokratieabbau und Gestaltungsoffensive. Die Bürokratie soll „umfassend zurückgebaut“ werden. Gleichzeitig sollen Überstundenzuschläge steuerfrei werden. Klingt verlockend – bis man fragt, was „regulär“ und was „über“ die Zeit ist. Steuern sparen war selten einfacher. Man ahnt: Ohne neue Regelungen wird es nicht gehen. Und keine davon führt zu mehr Bürokratie. Selbstverständlich.
Doch bei aller Ironie soll auch Lob erlaubt sein. Wer am Großen scheitert, kann im Kleinen punkten. Eine Maßnahme ist klar, konkret – und womöglich sogar umsetzbar: „Wir werden die Pendlerpauschale zum 1.1.26 auf 38 Cent ab dem ersten Kilometer dauerhaft erhöhen.“
In diesem Sinne: Gute Fahrt!
Ihr
Dr. Sebastian Beckschäfer
AUSGABE: PStR 6/2025, S. 2 · ID: 50400363