Sie sind auf dem neuesten Stand
Sie haben die Ausgabe Apr. 2025 abgeschlossen.
Anwaltsschutz für Dritte?Kein Anwaltsfehler: Erwachsenenadoption sichert keine lukrative Erbenstellung
| In einem vermeintlichen Haftungsfall musste das OLG Düsseldorf darüber entscheiden, ob anwaltliches Tätigwerden einen bestimmten rechtlichen Erfolg umfassen muss. |
Sachverhalt
Die Eheleute M und F ließen sich in Anwesenheit des zu Adoptierenden A (Kläger) bei Rechtsanwältin R (Beklagte) über die Rechtsfolgen einer Erwachsenenadoption beraten. Der Adoptionsantrag war erfolglos, weil er dem Familiengericht nicht rechtzeitig vor dem Tod des möglichen Adoptivvaters zuging. Wegen des verspäteten Antrags wurde der A nicht Erbe. Ihm entging damit eine Erbschaft von rund 490.000 EUR. Der A begehrt Schadenersatz von R. Das LG wies die Klage ab. Die dagegen eingelegte Berufung des A blieb erfolglos.
OLG Düsseldorf 5.4.24, 24 U 45/23 |
|
Entscheidungsgründe
Ein Schadenersatz gem. § 280 BGB wegen der Verletzung von vertraglichen Pflichten scheidet mangels eines Anwaltsvertrags zwischen A und R gem. §§ 675, 611 BGB aus.
Auch ein echter Vertrag zugunsten Dritter (§ 328 BGB) kommt nicht in Betracht, da der A kein eigenes Forderungsrecht aus dem Anwaltsvertrag zwischen der R und den Eheleuten M und F hat.
Es gibt auch keine Berechtigung aus einem Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter, weil der A nicht zum Schutzbereich des Anwaltsvertrags zwischen der R und den Eheleuten M und F gehört.
Eine sittliche Rechtfertigung für die beabsichtigte Adoption gem. §§ 1767, 1767 Abs. 2 BGB fehlt zudem offensichtlich. Denn erbrechtliche Motive – wie etwa die Veränderung der Erb- und Pflichtteilsfolge – dürfen allenfalls Nebenzweck der Adoption sein. Hier aber sollte die Adoption vorrangig wirtschaftlichen bzw. erbrechtlichen Zwecken dienen. A sollte eine Erbenstellung nach M und F erlangen. Solche Motive bzw. Interessen können einer Erwachsenenadoption entgegenstehen. Demzufolge wäre es widersprüchlich, finanzielle und wirtschaftliche Motive als Grund für eine Leistungsnähe in einem Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter anzusehen.
Aber selbst bei Annahme eines Vertrags mit Schutzwirkung zugunsten Dritter würde das Klagebegehren jedenfalls an einem ersatzfähigen Schaden des A scheitern. Denn nach den Regeln des Schadenersatzrechts ist dem Schädiger nur der Schaden zuzurechnen, der innerhalb des Schutzbereichs der verletzten Norm eingetreten ist. Diese auch im Vertragsrecht geltende Wertung bedeutet auch hier, dass sich die anwaltliche Haftung auf den Schutzzweck der verletzten vertraglichen Pflicht beschränken muss. Da wirtschaftliche Interessen und Motive sogar gegen die Adoption eines Volljährigen sprechen können, führt der (angenommene) Fehler der Anwältin, die Adoption nicht rechtzeitig vor dem Tod des M beantragt zu haben, nicht zu einem Zusammenhang mit dem Verlust der Erbenstellung des A. Die rechtzeitige Stellung des Adoptionsantrags beim FamG dient nicht dazu, dem A eine Erbenstellung zu sichern und ihn so später einmal in den Genuss des Nachlasses der Eheleute M und F gelangen zu lassen. Dabei hätte es sich allenfalls um einen unbeachtlichen Schutzreflex gehandelt.
Relevanz für die Praxis
Die Entscheidung drängt sich auf, weil zwischen dem A und R kein Mandatsverhältnis zustande gekommen ist.
Das OLG stellt klar: Die R muss als Rechtsanwältin nicht dafür einstehen, dass sich ein bestimmter, von A erhoffter Erfolg – dessen Erbenstellung – eintritt. Denn unabhängig von speziellen Vereinbarungen schulden Rechtsanwälte i. d. R. gem. § 675 BGB Dienstleistungen, nicht einen gewünschten wirtschaftlichen Erfolg oder ein bestimmtes Rechtsnachfolgeergebnis.
Die Entscheidung verdeutlicht, dass Erwachsenenadoptionen mit vorrangig wirtschaftlichen oder erbrechtlichen Motiven rechtlich unzulässig sind. Sie zeigt zudem, wie wichtig es ist, die Grenzen anwaltlicher Haftung zu verstehen: Ein Anwalt haftet nur für Schäden, die in den Schutzbereich der vertraglichen Pflicht fallen.
Bei einer Erwachsenenadoption ist sicherzustellen, dass die Adoption auf familiären Bindungen und nicht auf wirtschaftlichen Überlegungen beruht, um rechtliche Probleme zu vermeiden.
AUSGABE: FK 4/2025, S. 69 · ID: 50293417