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VKHDas gilt beim Verfahrenskostenvorschuss vs. VKH

Abo-Inhalt21.01.20251001 Min. LesedauerVon RAin Thurid Neumann, FAin Familienrecht, Mediatorin, Neumann & Neumann, Konstanz

| Der Anspruch auf Verfahrenskostenvorschuss ist in § 1360a Abs. 4 BGB geregelt und eine besondere Form des Unterhaltsanspruchs. In der Praxis bereitet es immer wieder Schwierigkeiten zu entscheiden, ob die Mandanten VKH oder den Verfahrenskostenvorschuss geltend machen sollen. Dazu im Einzelnen: |

1. Anwendungsbereich des Verfahrenskostenvorschusses

§ 1361 Abs. 4 S. 4 BGB nimmt auf § 1360a Abs. 4 BGB und damit auf den Anspruch auf Verfahrenskostenvorschuss (VKV) Bezug. Daraus folgt, dass der Anspruch auf VKV nur bis zur Rechtskraft der Ehescheidung besteht, da es im nachehelichen Unterhalt keine Anspruchsgrundlage gibt (BGH FamRZ 17, 1053). Macht ein Ehegatte isoliert einen Anspruch auf Zugewinnausgleich (ZGA) oder nachehelichen Unterhalt nach rechtskräftiger Ehescheidung geltend, besteht daher kein Anspruch mehr auf den VKV für diese Verfahren.

PraxisTipp | Es empfiehlt sich daher, den vollen Anspruch auf VKV im Scheidungsverbund geltend zu machen. Der Anspruchsberechtigte sollte sich gegen eine Abtrennung einer Folgesache aus dem Scheidungsverbund wehren, sofern nicht überwiegende Gründe dafürsprechen. Der Anspruchsgegner sollte auf eine Abtrennung einer Folgesache aus dem Scheidungsverbund hinwirken, sofern nicht überwiegende Gründe dagegensprechen.

Ist der Anspruchsgegner nicht bereit, den geforderten VKV zu bezahlen, kann dieser beim Familiengericht im Wege der einstweiligen Anordnung geltend gemacht werden. Die Kosten für das einstweilige Anordnungsverfahren können auch im Rahmen der einstweiligen Anordnung mit beantragt werden.

Der Anspruch auf VKV kann auch nur verlangt werden, wenn und solange der Anspruchsteller selbst gegenüber seinem Anwalt oder gegenüber dem Gericht vorschusspflichtig ist. Der Begriff „Vorschuss“ richtet sich nach § 17 BRAGO a. F. jetzt § 9 RVG (Grüneberg/von Pückler, BGB, 83. Aufl., § 1360a Rn. 16).

Merke | Daher kann kein Vorschuss für zukünftig zu erwartende, aber noch nicht entstandene Vorschusspflichten verlangt werden, auch nicht im Wege des Feststellungsantrags, da § 254 ZPO ein gegenwärtiges Rechtsverhältnis voraussetzt (BGH FamRZ 17, 1053).

Eine Pflicht, den VKV für ein vom Gericht einzuholendes Gutachten zu zahlen, entsteht daher erst durch die Anordnung der Vorschusszahlung im Beweisbeschluss, weshalb erst ab diesem Zeitpunkt der Vorschuss für das Gutachten vom Verpflichteten geltend gemacht werden kann.

bis zur Rechtskraft der Ehescheidung analog § 9 RVG

bereits bestehende

Vorschusspflicht

zukünftige

Vorschusspflicht

Anspruch besteht dem Grunde nach

Anspruch besteht nicht

kein Feststellungsinteresse

Der Anspruch auf VKV kann grundsätzlich nicht nachträglich nach Abschluss des Verfahrens geltend gemacht werden. D. h., der VKV kann nur vor oder während eines laufenden Gerichtsverfahrens beantragt werden, da es sich um einen „Vorschuss“ handelt (OLG Brandenburg FamRZ 11, 54).

Vorschuss

Geltendmachung

vor dem Verfahren

während des Verfahrens

Ist der Anspruch auf VKV bereits vor Verfahrensabschluss entstanden und wurde der Verpflichtete in Verzug gesetzt, kann der Berechtigte die Verfahrenskosten auch nach Beendigung des Verfahrens noch im Wege eines Schadenersatzes (§ 280 BGB) geltend machen (OLG Köln FamRZ 91, 842). Dasselbe gilt, wenn die Ehe inzwischen rechtskräftig geschieden ist (BGH FamRZ 17, 1053).

Anspruch auf VKV entstanden

In-Verzug-Setzung des Pflichtigen

Verfahren beendet

VKV als Schadenersatz

Aber auch, wenn der Anspruch auf VKV bereits im Wege der einstweiligen Anordnung gerichtlich geltend gemacht wurde und die Ehe vor einer Entscheidung darüber geschieden wird, kann der Anspruch weiter verfolgt werden (OLG Karlsruhe FamRZ 00,431).

Anspruch auf VKV entstanden

eA-Antrag gestellt

Verfahren beendet

VKV-Anspruch kann weiter verfolgt werden

2. Tatbestandliche Voraussetzungen

Der Anspruch auf VKV hat folgende Voraussetzungen:

Es muss sich um eine persönliche Angelegenheit handeln. Beispiele: Verfahren wegen Unterhalts und ZGA, Verfahren wegen Schmerzensgelds (Grüneberg/von Pückler, a. a. O., § 1360 a Rn. 14).

Bezüglich der Erfolgsaussichten gilt der gleiche Maßstab wie bei der VKH. Die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder -verteidigung darf nicht mutwillig sein.

Verfügt der Berechtigte über eigenes Vermögen, muss er zunächst dieses für Anwalts- und Gerichtskosten einsetzen. Ihm ist nur eine angemessene Rücklage für Not- und Krankheitsfälle zu belassen (AG Detmold FamRZ 18, 260).

Der Anspruchsgegner ist nicht berechtigt, den VKV nur als Darlehen zu bezahlen (OLG Frankfurt MDR 14, 230). Denn sonst müsste sich der Bedürftige für die Verfahrensfinanzierung verschulden, was im Widerspruch zu den Prinzipien der VKH stünde, die auch beim VKV zu beachten sind.

Bei der Leistungsfähigkeit kommt es nicht nur darauf an, dem Antragsgegner den angemessenen Selbstbehalt zu belassen. Es muss auch der beim Unterhalt geltende Halbteilungsgrundsatz beachtet werden. Bezahlt der Unterhaltsschuldner bereits Unterhalt i. H. d. Hälfte des Gesamteinkommens, kommt ein Anspruch auf VKV nur in Betracht, wenn der Unterhaltsschuldner auch über Vermögen oder nicht prägende Einkünfte verfügt (OLG Düsseldorf FamRZ 19, 992).

Merke | Derjenige, der einen VKV geltend macht, muss das Vorliegen dieser Tatbestandsvoraussetzungen darlegen und beweisen.

§ 1360a Abs. 4 BGB

persönliche Angelegenheit

Erfolgsaussichten

Bedarf

Bedürftigkeit

Leistungsfähigkeit

Halbteilungsgrundsatz

Der Anspruch geht nur so weit, wie er bei der Rechtskraft der Ehescheidung bereits fällig war. Geltend gemacht werden können voraussichtlich anfallende Gerichts-und Anwaltskosten, § 23 Abs. 1 S. 1 RVG, § 48 Abs. 1 S. 1 GKG, §§ 14, 33 FamGKG (Grüneberg/von Pückler, a. a. O., Rn. 17) sowie eine Vorschusspflicht für einen vom Gericht beauftragten Sachverständigen. Stellt sich im Nachhinein ein höherer Verfahrenswert heraus oder fällt noch eine Einigungsgebühr an, muss die Differenz anschließend ausgeglichen werden. Denn trotz der Vorläufigkeit des VKV ist dieser Teil der Unterhaltspflicht. Solange er nicht vollständig erfüllt ist, ist der Bedarf noch nicht in voller Höhe gedeckt, weshalb noch die Differenz gem. § 1360a Abs. 4 BGB geltend gemacht werden kann (arg. e. OLG Karlsruhe FamRZ 00, 431: Die bereits entstandene Pflicht des Unterhaltsschuldners, einen Verfahrenskostenvorschuss zu zahlen, entfällt nicht dadurch, dass das Verfahren beendet ist. Es ist vom BGH anerkannt, dass der Berechtigte die Vorschussanforderung auch noch nach Beendigung des Verfahrens erhalten kann [BGH FamRZ 85, 802]. Daher kann er auch nach Beendigung des Verfahrens als „Nachschuss“ die Differenz zum geltend gemachten Vorschuss verlangen.).

Nicht geregelt ist, ob und unter welchen Voraussetzungen ein bezahlter VKV zurückverlangt werden kann. Überwiegend wird vertreten, dass dieser grundsätzlich nicht zurückverlangt werden könne, da es sich hierbei um eine Form von Unterhalt handelt und ein bezahlter Unterhalt nicht zurückverlangt werden könne (Grüneberg/von Pückler, a. a. O., Rn. 19). Ausnahme: Wenn dies der Billigkeit entspreche. Dies sei z. B. der Fall, wenn sich die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Berechtigten wesentlich gebessert hätten, z. B. durch Zahlung eines größeren ZGA oder Erhalt eines größeren Betrags aus einer Vermögensauseinandersetzung (Grüneberg/von Pückler, a. a. O., Rn. 20). Ein Erstattungsanspruch wird auch bejaht, wenn das Gericht von falschen Einkommensverhältnissen ausgegangen ist und bei Kenntnis der wahren Einkommensverhältnisse den VKV nicht zugesprochen hätte oder wenn der Ehegatte einen Rechtsstreit gegen einen Dritten gewonnen und von diesem die Gerichts- und Anwaltskosten erstattet bekommen hat (Grüneberg/von Pückler, a. a. O., Rn. 20). Da es sich nicht um einen bereicherungsrechtlichen Anspruch handelt, greifen § 814 BGB (verschärfte Haftung u. a. bei Kenntnis) und § 818 Abs. 3 BGB (Entreicherung) nicht (Grüneberg/von Pückler, a. a. O., Rn. 19).

Anspruchsgrundlage ist in diesem Fall ein familienrechtlicher Anspruch eigener Art (Grüneberg/von Pückler, a. a. O., Rn. 19).

Rückforderung eines bereits bezahlten Verfahrenskostenvorschusses

grundsätzlich kein Anspruch

Ausnahmen

erhebliche Verbesserung der wirtschaftlichen Verhältnisse

Gericht ging von falschen Einkommensverhältnissen der Ehegatten aus

Kostenerstattung durch Dritten

Zugewinn

Geld aus Vermögens- auseinandersetzung

ggf. nachbezahlter

Unterhalt

Kein Zuspruch von VKV bei Kenntnis

bei Rechtsstreit gegen Dritten

familienrechtlicher Ausgleichsanspruch

Merke | Wird der VKV bereits vor Zustellung des Ehescheidungsantrags geltend gemacht, z. B. für ein Verfahren wegen Trennungs- oder Kindesunterhalts oder für die beabsichtigte Ehescheidung, mindert sich dadurch das Endvermögen des Anspruchsgegners um den zu bezahlenden Betrag, sodass über den ZGA die Hälfte hiervon im Ergebnis vom Anspruchsberechtigten getragen wird.

3. Vorrangigkeit gegenüber VKH

VKH ist nachrangig. Wer einen Anspruch auf einen VKV hat, ist nicht bedürftig i. S. d. VKH (Zöller, ZPO, 35. Aufl., § 115 Rn. 57, 59; Grüneberg/von Pückler, a. a. O., Rn. 8). Das Gericht kann jedoch nicht mehr auf einen Anspruch auf VKV als Vermögen i. S. d. § 115 Abs. 2 ZPO verweisen, wenn der VKH-Antrag rechtzeitig gestellt, doch erst nach Beendigung des Verfahrens oder nach Rechtskraft der Scheidung über diesen entschieden wird (OLG München FamRZ 97, 1542).

AUSGABE: FK 2/2025, S. 33 · ID: 50242115

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