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GesetzesänderungenGesetzgeber erhöht Grenzen zur verpflichtenden Bilanzierung und fördert so Bürokratieabbau
| Den Gewinn durch Bilanzierung zu ermitteln, ist nicht nur aufwendig, sondern auch kostenintensiv. Um den Bürokratieabbau voranzutreiben und für Entlastungen zu sorgen, hat der Gesetzgeber im Wachstumschancengesetz (WCG) die Grenzen erhöht, wann Gewerbetreibende bilanzieren müssen. VVP bringt Sie auf den Stand der Dinge. |
Wann der Gewinn mittels Bilanzierung zu ermitteln ist
Wer nach anderen Gesetzen als den Steuergesetzen Bücher und Aufzeichnungen zu führen hat, die für die Besteuerung von Bedeutung sind, hat die Verpflichtungen, die ihm nach den anderen Gesetzen obliegen, auch für die Besteuerung zu erfüllen (§ 140 AO). Das ist der Grund, weshalb z. B. alle Kapitalgesellschaften ihren Gewinn durch Bilanzierung ermitteln müssen. Denn sie sind als Formkaufmann dazu verpflichtet (§§ 6, 238 HGB).
Das sind die neuen betraglichen Höchstgrenzen
Besteht eine solche generelle Verpflichtung nicht, kann sich die Bilanzierungspflicht noch aus § 141 AO ergeben. Das war bislang der Fall, wenn gewerbliche Unternehmer, einen Gesamtumsatz im Sinne des § 19 Abs. 3 S. 1 UStG von mehr als 600.000 Euro im Kalenderjahr oder einen Gewinn aus Gewerbebetrieb von mehr als 60.000 Euro im Wirtschaftsjahr erzielt haben. Diese Grenzen sind durch das WCG auf
- 800.000 Euro (Umsatzgrenze) bzw.
- 80.000 Euro (Gewinngrenze) angehoben worden.
Das sind die zeitlichen Anwendungsregeln
Die Anhebung der Umsatzgrenze auf 800.000 Euro gilt gemäß § 19 Abs. 3 EGAO erstmals für Umsätze der Kalenderjahre, die nach dem 31.12.2023 beginnen (also ab dem Jahr 2024). Die Anhebung der Grenze für den Gewinn auf 80.000 Euro gilt hingegen gemäß § 19 Abs. 4 EGAO erstmals für Wirtschaftsjahre, die nach dem 31.12.2023 beginnen. Entspricht das Kalender- dem Wirtschaftsjahr, gilt die neue Gewinngrenze also auch ab dem Jahr 2024.
Besteht keine Verpflichtung zur Gewinnermittlung durch Bilanzierung, weil z. B. die Grenzen unterschritten werden, kann der Unternehmer den Gewinn trotzdem freiwillig durch Bilanzierung ermitteln.
Das bedeutet die Anhebung der Grenzen für die Praxis
Doch was bedeutet die Anhebung der Grenzen nun für die Praxis, insbesondere wenn Gewinn oder Umsatz genau zwischen der alten und der neuen Grenze liegen?
Zunächst ist zu beachten, dass auch bei einem Überschreiten einer der Grenzen nicht mit Beginn des nächsten Wirtschaftsjahres die Verpflichtung zur Bilanzierung greift. Vielmehr regelt § 141 Abs. 2 S. 1 AO, dass die Verpflichtung erst vom Beginn des Wirtschaftsjahrs an zu erfüllen ist, dass auf die Bekanntgabe der Mitteilung folgt, durch die die Finanzbehörde auf den Beginn dieser Verpflichtung hingewiesen hat.
Das bedeutet: Im ersten Schritt muss das Finanzamt aktiv werden. Zudem ist zu beachten, dass das Finanzamt gemäß § 19 Abs. 3 und 4 EGAO dann keine Aufforderung zum Übergang zur Bilanzierung erlassen wird, wenn eine der Grenzen 2023 erstmals überschritten wurde, aber der maßgebende Umsatz bzw. Gewinn nicht die ab dem Jahr 2024 erhöhte Grenze überschreitet. Besteht hingegen bereits eine Verpflichtung zur Bilanzierung, endet diese erst mit dem Ablauf des Wirtschaftsjahrs, das auf das Wirtschaftsjahr folgt, in dem die Finanzbehörde feststellt, dass die Voraussetzungen nicht mehr vorliegen (§ 141 Abs. 2 S. 2 AO).
Folgende Beispiele zeigen, was das für Sie und Ihren Vermittlerbetrieb konkret bedeutet:
Fallsammlung 1: Es besteht bisher keine Verpflichtung zur Bilanzierung |
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Fallsammlung 2: Es besteht schon Verpflichtung zur Bilanzierung |
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Praxistipp | Die Beispiele 3 (in Fallsammlung 1) und 2 (in Fallsammlung 2) zeigen, wer von der Gesetzesänderung profitiert. Zudem ist zu beachten, dass die im HGB verankerten Grenzen zur Befreiung von der Buchführungspflicht (§ 241a HGB) ebenfalls auf 80.000 bzw. 800.000 Euro angehoben wurden. |
AUSGABE: VVP 5/2024, S. 16 · ID: 50000325