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MaklerwechselAnspruch auf Auskunft und Belege: Sind dem Ursprungsmakler die Hände gebunden?

Top-BeitragAbo-Inhalt10.04.202419 Min. Lesedauer

| Bei einem Maklerwechsel hat der Ursprungsmakler Anspruch auf Auskunft und Belege gegenüber Versicherern und Kunden. Doch in der Praxis zeigt sich, dass insbesondere in Bezug auf Versicherer gilt: Recht haben und Recht bekommen sind oft zweierlei. Der Hauptgrund: Es fehlt an einschlägiger Rechtsprechung, die Klarheit schafft. Wie ist die Lage zu beurteilen? Muss der Makler sich fügen? Hierzu erreichte VVP die Frage eines Versicherungsmaklers. |

Frage: Unverändert verweigern diverse Versicherer dem alten Makler jegliche Auskünfte über einen Maklerwechsel. Selbst dem Versicherer beigefügte Beiträge aus VVP führen nicht weiter. Wir erhalten etwa die Antwort: „Ihre Anfrage wurde durch unseren Datenschutz geprüft. Wir sehen hier weiterhin keine Grundlage zur Herausgabe der Unterlagen. Sofern Ihr Kunde das bestehende Maklermandat nicht widerrufen hat, empfehlen wir die Kontaktaufnahme mit diesem, um den Vorgang zu klären. Wenn Ihr Kunde es wünscht, können wir Ihnen gerne eine Kopie des neuen Mandates per Post zuschicken.“ Natürlich wissen wir, dass ein Kunde verschiedene Versicherungsmakler beauftragen kann. In den seltensten Fällen kündigt der Kunde aber bei seinem Altmakler den Maklervertrag bzw. widerruft die Maklervollmacht.

Neuerdings erhalten wir die Mitteilung vom Versicherer, dass unser Kunde einen Betreuerwechsel wünscht. Es wird dann der Vertrag einfach aus dem Bestand genommen und auf den neuen Betreuer übertragen. Diese Arbeitsweise wird sogar bei Lebensversicherungen mit Dynamik durchgeführt, sodass der alte Vermittler keine Dynamikcourtage mehr erhält. Sind dem Ursprungsmakler tatsächlich die Hände gebunden?

Antwort: Der von Ihnen beschriebene Fall ist kein Einzelfall. Ihnen sind aber tatsächlich die Hände gebunden, solange es keine einschlägige Rechtsprechung gibt.

Viele Versicherer kooperieren – aus „Kulanz“

Nach Erkenntnis von VVP gibt es auch Versicherer, die – auch und gerade nach Zusendung der VVP-Beiträge zu dem Thema – Ursprungsmaklern die gewünschte Information geben, manchmal auch durch Beifügung einer Maklervollmacht des neuen Maklers. Allerdings werden die Maklerdaten, insbesondere wenn es sich um einen Einzelmakler handelt, aus Datenschutzgründen oft durch einen schwarzen Balken unkenntlich gemacht.

Begründet wird dieses Vorgehen dann damit, dass man einen Auskunfts- bzw. Vorlageanspruch zwar nicht sieht, man gleichwohl den Vorgang im Einzelfall aus Kulanz – manchmal explizit ohne Anerkennung einer Rechtspflicht – entsprechend praktikabel handhaben möchte. Auch wenn man die Ansicht des Versicherers anzweifeln mag, hier stimmt zumindest das gewünschte Ergebnis eines Nachweises.

Versicherer fürchten einschlägiges Urteil

Das Entgegenkommen einiger Versicherer resultiert möglicherweise aus der Befürchtung, ein entschlossener Ursprungsmakler könnte eine gerichtliche Entscheidung (etwa im Wege einer Feststellungsklage) herbeiführen mit dem Inhalt, dass ihm bei einem Maklerwechsel der beschriebenen Art ein Auskunfts- bzw. Vorlageanspruch gegenüber dem Versicherer zusteht. Aus einer gerichtlichen Einzelfallentscheidung ließen sich ggf. dann auch allgemeine Grundsätze für ähnlich gelagerte Fälle ableiten, die eher den Maklern und weniger den Versicherern zugutekämen.

Maklerverbände und -verbünde leisten Unterstützung

Unterstützung für eine gerichtliche Feststellung könnten mithin Verbände bzw. Verbünde leisten, deren Mitglieder Versicherungsmakler sind. VVP ist ein Fall aus der Vergangenheit bekannt, in dem ein Maklerverbund ein gerichtliches Verfahren zum besagten Thema finanziert sowie rechtlich begleitet hätte.

Der betroffene Makler hatte jedoch seine Bereitschaft, als Kläger zur Verfügung zu stehen, letztlich wieder zurückgezogen, weil er die Geschäftsbeziehung mit dem Versicherer dann doch möglichst ungetrübt fortsetzen wollte. Auch wollte er (in Bezug auf die Kooperationen mit anderen Versicherern) nicht öffentlichkeitswirksam in Erscheinung treten.

Das alles dürfte vermutlich der Grund dafür sein, dass es in dieser grundsätzlichen Frage bisher kein Makler „gewagt“ hat, gegen einen Versicherer klageweise „aufzubegehren“.

Ohne einschlägiges Urteil hat der Makler nichts in der Hand

Um es klar zu sagen: Solange es keine einschlägige Rechtsprechung gibt, so lange sitzen die Versicherer bei der hier diskutierten Thematik – rein faktisch – am längeren Hebel.

  • Denn ein Makler, der eine Klage zwar andeutet, zögert meist wegen des Kostenrisikos und der obigen Überlegungen zu den Geschäftsbeziehungen mit Versicherern und reicht die Klage dann doch nicht ein. Genau darauf scheinen viele Versicherer zu spekulieren.
  • Und sollte ein Makler doch einmal entschlossen sein zu klagen, kann ein Versicherer ihm aus „Kulanz“ kurzfristig immer noch entgegenkommen und auf diese Weise den Klagegrund entziehen, womit dem Makler im konkreten Fall das Rechtschutzbedürfnis für eine Klage fehlen dürfte.

Eine solche Vorgehensweise könnte aber auch darauf hinweisen, dass sich Versicherer selbst nicht hundertprozentig sicher sind, ob eine gerichtliche Entscheidung in jedem Fall zu ihren Gunsten ausgehen würde. Denn wenn dem so wäre, könnten sie es auf ein gerichtliches Verfahren gegen sich auch mal ankommen lassen. So aber vermeiden sie es, in dieser Frage ein Präjudiz zu schaffen. Das Kostenrisiko dürfte für sie jedenfalls keine Rolle spielen.

Dynamikprovision ist Beleg für Rechtsprechungsrelevanz

Wie wichtig Rechtsprechung ist, zeigt sich bei der Frage zur Dynamikprovision. Bereits 2003 kam es hier zu einem wegweisenden Urteil.

Das OLG Köln stufte die Dynamikprovision als eine verzögert ausgezahlte Abschlussprovision für eine Erhöhung der Lebensversicherung ein, die schon mit dem Antrag des Versicherungsvertrags eingereicht wurde. Aus diesem Grund hat der Vermittler des Versicherungsvertrags mit Dynamik bis zum jeweiligen Ablauf dieses Vertrags einen Anspruch auf Dynamikprovisionen (OLG Köln, Urteil vom 01.08.2003, Az. 19 U 39/02, Abruf-Nr. 032007). Vorstehendes gilt insbesondere dann, wenn nach den Provisionsbestimmungen die Betreuung durch den Ursprungsvermittler nicht Voraussetzung für die Dynamikprovision ist (BGH, Urteil vom 20.12.2018, Az. VII ZR 69/18, Abruf-Nr. 206860).

Wichtig | Gibt es also keine anderslautende (wirksame) vertragliche Vereinbarung, hat der Ursprungsvermittler so lange einen Anspruch auf Dynamikprovisionen, solange der Vertrag besteht und die Prämien vom Kunden bezahlt werden. Das gilt selbst dann, wenn dieser Vertrag/Kunde mittlerweile von einem anderen Vermittler betreut werden sollte. Darüber hinaus dürften bei einem Maklerwechsel in der Regel die Maklerusancen gelten, sofern nichts anderes zwischen Versicherer und Makler vereinbart wurde.

Fazit | Es bleibt abzuwarten, ob bei einem Maklerwechsel eine Seite mal den Mut aufbringen wird, die Frage nach einem Anspruch auf Auskunft und Vorlage des Ursprungsmaklers gerichtlich klären zu lassen. Recht haben und Recht bekommen würden dann Hand in Hand gehen – zumindest im konkreten Einzelfall. Und wären der gerichtlichen Entscheidung allgemein verbindliche Rechtsgrundsätze zu entnehmen, würde das der Rechtsklarheit insgesamt sehr dienlich sein. Ohne Rechtsprechung sitzen die Versicherer – rein faktisch – am längeren Hebel. Und das führt auf Maklerseite regelmäßig zu Verdruss.

Weiterführende Hinweise
  • Beitrag „Ursprungsmakler hat Anspruch auf Auskunft und Belege gegenüber Versicherern und Kunden“, VVP 3/2024, Seite 7 → Abruf-Nr. 49880065
  • Beitrag „Übertragung von Versicherungsbeständen vom Makler auf Vertreter der Stammorganisation“, VVP 10/2023, Seite 3 → Abruf-Nr. 47070572

AUSGABE: VVP 5/2024, S. 3 · ID: 49976571

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