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WachstumschancengesetzUmsatzsteuer: WCG sorgt für Bürokratieabbau und bringt Vereinfachungen für Unternehmer

Abo-Inhalt03.04.20245 Min. Lesedauer

| Von der Pflicht zur Abgabe der Umsatzsteuervoranmeldung können sich bald mehr Unternehmer befreien lassen, die Tür zur „Ist-Versteuerung“ steht mehr Unternehmern als bisher offen und Kleinunternehmer müssen keine Umsatzsteuerjahreserklärung mehr abgeben – begrüßenswerte Änderungen und Vereinfachungen, die der Gesetzgeber durch das Wachstumschancengesetz (WCG) möglich macht. SSP liefert die Details. |

Ab 2025 sind mehr Unternehmer von USt-VA-Abgabe befreit

Unternehmer müssen eine Umsatzsteuerjahreserklärung und nach § 18 Abs. 2 UStG auch Umsatzsteuervoranmeldungen (USt-VA) beim Finanzamt abgeben. Insbesondere Letzteres kostet den Unternehmer Zeit und Geld und ist mit hohem bürokratischen Aufwand verbunden. Um gerade kleinere Unternehmer zu entlasten, hat der Gesetzgeber den 1.000-Euro-Schwellenwert im Rahmen des WCG auf 2.000 Euro angehoben. Und zwar ab 2025. Die Folge: Beträgt die vom Unternehmer für das Jahr 2024 zu zahlende Umsatzsteuer nicht mehr als 2.000 Euro, kann er sich vom Finanzamt ab 2025 von der USt-VA-Abgabepflicht befreien lassen. Die neuen Schwellenwerte nach dem WCG lauten wie folgt:

USt für das vergangene JahrAbgabe von USt-Voranmeldungen
Bisher
Nach dem WCG (ab 2025)
> 7.500 Euro
> 7.500 Euro
Monatlich
< 7.500 Euro, aber > 1.000 Euro
< 7.500 Euro, aber > 2.000 Euro
Quartalsweise
< 1.000 Euro
< 2.000 Euro
Befreiung von der Abgabepflicht möglich

Wichtig | Eine Umsatzsteuerjahreserklärung ist weiterhin abzugeben.

Kleinunternehmer müssen keine Jahreserklärung abgeben

Die Verpflichtung, einmal im Jahr eine Umsatzsteuerjahreserklärung beim Finanzamt einzureichen, gilt auch für Kleinunternehmer. Die gelebte Praxis ist jedoch eine andere. Viele Kleinunternehmer verzichten auf die Abgabe der Umsatzsteuerjahreserklärung; die Finanzämter dulden das. Die Begründung dahinter ist simpel: Kleinunternehmer müssen in ihrer Umsatzsteuerjahreserklärung meistens nur die Summe ihrer Umsätze angeben. Und die können die Finanzämter ohnehin aus der ertragsteuerlichen Gewinnermittlung entnehmen.

Um diese gelebte Praxis auch gesetzlich zu verankern, hat der Gesetzgeber im Rahmen des WCG § 19 Abs. 1 S. 4 UStG geändert. Danach finden nun für Besteuerungszeiträume, die nach dem 31.12.2023 enden (§ 27 Abs. 39 UStG), die in § 18 Abs. 1 bis 4 UStG verankerten Vorschriften über die umsatzsteuerlichen Erklärungspflichten keine Anwendung mehr. Konkret heißt das: Kleinunternehmer sind letztmals für das Jahr 2023 verpflichtet, eine Umsatzsteuerjahreserklärung abzugeben.

Wichtig | Unberührt bleiben die Verpflichtungen nach § 18 Abs. 4a UStG und § 149 Abs. 1 S. 2 AO. Fordert das Finanzamt also z. B. einen Kleinunternehmer zur Abgabe einer Umsatzsteuerjahreserklärung auf, muss er der Abgabeverpflichtung nachkommen.

Praxistipp | Die Befreiung von der Abgabepflicht der Umsatzsteuerjahreserklärung hat zur Folge, dass Kleinunternehmer künftig selbst darauf achten müssen, ob sie die Voraussetzungen für die Anwendung der Kleinunternehmerregelung nach § 19 Abs. 1 UStG noch erfüllen (Umsatz im vergangenen Kalenderjahr nicht mehr als 22.000 Euro).

Kleinunternehmer können zwei Jahre rückwirkend optieren

Hintergrund | Erfüllt ein Unternehmer die Voraussetzungen für die Anwendung der Kleinunternehmerregelung, gilt sie kraft Gesetz. Bis zur Unanfechtbarkeit der Steuerfestsetzung kann der Unternehmer nach § 19 Abs. 2 UStG dem Finanzamt bislang erklären, dass er auf die Anwendung der Kleinunternehmerregelung verzichtet. Der Verzicht gilt für mindestens fünf Kalenderjahre und kann nur mit Wirkung von Beginn eines Kalenderjahres widerrufen werden.

Diese Regelung ist nun – in Folge der Änderung von § 19 Abs. 1 S. 4 UStG durch das WCG – problematisch. Bei Nicht-Abgabe der Umsatzsteuerjahreserklärung liegt die unanfechtbare Steuerfestsetzung nämlich erst bei Eintritt der Festsetzungsverjährung vor. Somit könnte der Unternehmer auch noch Jahre später rückwirkend auf die Kleinunternehmerregelung verzichten und zur Regelbesteuerung optieren.

Um dem einen Riegel vorzuschieben, hat der Gesetzgeber § 19 Abs. 2 UStG angepasst. Nun gilt für die Erklärung zum Verzicht auf die Kleinunternehmerregelung eine verschärfte Frist. Konkret: Für Besteuerungszeiträume, die nach dem 31.12.2023 enden, kann der Verzicht nur noch bis zum Ablauf des zweiten auf den Besteuerungszeitraum folgenden Kalenderjahres erklärt werden.

„Ist-Besteuerung“ können nun mehr Unternehmer nutzen

Die Umsatzsteuer ist nach § 16 Abs. 1 UStG grundsätzlich nach vereinbarten Entgelten zu berechnen; sprich für den Monat/das Quartal/das Jahr beim Finanzamt anzumelden und an dieses abzuführen, in dem die Steuer entstanden ist. Der Zeitpunkt fällt in der Praxis nahezu immer mit dem Zeitpunkt auseinander, zu dem der Kunde die in Anspruch genommene Lieferung oder sonstige Leistung bezahlt. Die Folge: Der leistende Unternehmer muss mit der Umsatzsteuer in Vorleistung gehen.

Beispiel 1

Ein monatlich zur Abgabe von Umsatzsteuervoranmeldungen verpflichteter Unternehmer (keine Dauerfristverlängerung) tätigt im März einen Umsatz von 100.000 Euro zzgl. 19.000 Euro Umsatzsteuer. Der Kunde bezahlt die Rechnung erst im Mai 2024. Anzahlungen wurden nicht vereinbart.
Lösung: Obwohl der Unternehmer den Rechnungsbetrag erst im Mai realisiert, muss er bereits in der Umsatzsteuervoranmeldung für März die 100.000 Euro deklarieren und 19.000 Euro Umsatzsteuer beim Finanzamt anmelden. Die Umsatzsteuer ist zudem bis zum 10.04. an das Finanzamt abzuführen.
Praxistipps | Um als Unternehmer nicht in Vorleistung gehen zu müssen und liquider zu sein, gibt es drei Möglichkeiten:
  • 1. Anzahlungen vereinbaren.
  • 2. Beim Finanzamt eine Dauerfristverlängerung beantragen. Dadurch lässt sich die Abgabe- und Zahlungsfrist um einen Monat nach hinten schieben. Dafür ist aber zu Jahresbeginn eine Sondervorauszahlung an das Finanzamt zu zahlen.
  • 3. Am einfachsten: Die Umsatzsteuer erst dann an das Finanzamt abführen, wenn sie auch vereinnahmt wurde („Ist-Versteuerung“).

Der Antrag auf „Ist-Versteuerung“ war nach § 20 UStG u. a. zulässig, wenn

  • der Gesamtumsatz nach § 19 Abs. 3 UStG im vorangegangenen Kalenderjahr nicht mehr als 600.000 Euro betragen hat oder
  • es sich um Umsätze aus einer Tätigkeit als Angehöriger eines freien Berufs i. S. v. § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG handelt.

Im Rahmen des WCG hat der Gesetzgeber den Grenzbetrag von 600.000 Euro mit Wirkung ab 2024 auf 800.000 Euro angehoben. Dadurch ergibt sich zum einen für eine echte Entlastung und zum anderen der Gleichlauf zu den Grenzen für die verpflichtende Buchführung von Gewerbetreibenden (§ 141 AO; § 241a HGB).

Beispiel 2

Unternehmer Uwe wendet bisher verpflichtend die Regelbesteuerung an. Sein Jahresumsatz 2023 beläuft sich auf 750.000 Euro, wobei zum 31.12.2023 noch Rechnungen von netto 200.000 Euro zzgl. 38.000 Euro Umsatzsteuer unbezahlt sind. Auch im Jahr 2024 tätigt er einen Umsatz von 750.000 Euro; die offenen Rechnungen zum 31.12.2024 belaufen sich ebenfalls auf 200.000 Euro zzgl. Umsatzsteuer.
Lösung: Durch die Regelbesteuerung muss Uwe in der Umsatzsteuererklärung für 2024 einen Umsatz von 750.000 Euro erklären und damit ohne Berücksichtigung des Vorsteuerabzugs 142.500 Euro an das Finanzamt abführen. Da sein Umsatz 2023 nicht die durch das WCG auf 800.000 Euro angehobene Grenze übersteigt, kann er für 2024 die „Ist-Versteuerung“ beantragen. So muss er für 2024 lediglich einen Umsatz von 550.000 Euro erklären (750.000 Euro ./. 200.000 Euro); die zu zahlende Umsatzsteuer reduziert sich um 38.000 Euro.

AUSGABE: SSP 4/2024, S. 27 · ID: 49978698

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