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WachstumschancengesetzMietwohnungsneubau: Diese neuen Abschreibungsmöglichkeiten haben Bauherren

Abo-Inhalt03.04.202416 Min. Lesedauer

| Für Bauherren ist die schnelle Abschreibung eines Mietobjekts ein Argument, ein Investment zu tätigen. Dennoch lag die Zahl der Mietwohnungsneubauten in den letzten Jahren unter den Erwartungen. Um das zu ändern, hat der Gesetzgeber bereits in den vergangenen Jahren Sonderabschreibungen eingeführt. Im Wachstumschancengesetz hat er jetzt noch einmal nachgelegt. Die bestehende Sonder-Afa wurde verbessert und um eine degressive Abschreibungsmöglichkeit ergänzt. Welche Möglichkeiten Bauherren nun offen stehen, zeigt SSP. |

Aus vier AfA-Möglichkeiten das beste Modell wählen

Tätigen Sie ein Investment in den Mietwohnungsneubau und vermieten im Anschluss das Objekt, können Sie die auf das Gebäude entfallenden Anschaffungs- oder Herstellungskosten abschreiben und so die steuerpflichtigen Vermietungseinkünfte reduzieren. Eine höhere Abschreibung senkt deshalb sofort Ihre individuelle Steuerlast. Für die Abschreibung des Gebäudes können Sie künftig grundsätzlich zwischen folgenden Methoden wählen:

  • 1. Lineare Gebäudeabschreibung
  • 2. Lineare Gebäudeabschreibung kombiniert mit Sonderabschreibungen
  • 3. Degressive Gebäudeabschreibung
  • 4. Degressive Gebäudeabschreibung kombiniert mit Sonderabschreibungen

Zudem haben Sie bei der degressiven Abschreibung die Möglichkeit, nach einigen Jahren zur linearen Abschreibung zu wechseln. Doch was bedeuten die AfA-Möglichkeiten im Detail und welche Voraussetzungen sind zu erfüllen?

1. Lineare Gebäudeabschreibung als Grundsatz

Bei einem Investment in Wohngebäude richtet sich die Abschreibung bisher grundsätzlich nach § 7 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 EStG. Das gilt unabhängig davon, ob sich die Immobilie im Privat- oder Betriebsvermögen befindet. Nach dieser Vorschrift ist nur eine lineare Abschreibung zulässig, wobei sich der Prozentsatz für die Abschreibung nach dem Jahr der Fertigstellung richtet. Bei Fertigstellung

a.
nach dem 31.12.2022 beträgt die Abschreibung
jährlich 3,0 Prozent
b.
vor dem 01.01.2023 und nach dem 31.12.1924
jährlich 2,0 Prozent
c.
und vor dem 01.01.1925
jährlich 2,5 Prozent

der auf das Gebäude entfallenden Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten. Zu beachten ist dabei, dass die Abschreibung im Jahr der Anschaffung oder Herstellung zeitanteilig berechnet wird. Bei einem Erwerb im Juli 2024 wird die Abschreibung für das Jahr 2024 folglich nur zur Hälfte gewährt (6/12).

Beispiel 1

Am 01.03.24 wurde ein Mehrfamilienhaus zur Vermietung fertiggestellt. Die auf das Gebäude entfallenden Herstellungskosten betragen 500.000 Euro.
Lösung: Das Gebäude ist linear abzuschreiben. Die jährliche Abschreibung beträgt 15.000 Euro (500.000 Euro x 3 Prozent). Im Jahr 2024 können aber nur 12.500 Euro (15.000 Euro/12 x 10 Monate) abgeschrieben werden.
PraXistipp | Beträgt die tatsächliche Nutzungsdauer des Gebäudes bei einer Fertigstellung nach dem 31.12.2022 weniger als 33 Jahre, so kann anstelle der Abschreibung mit jährlich drei Prozent auch eine Abschreibung über die tatsächlich kürzere Nutzungsdauer vorgenommen werden (§ 7 Abs. 4 S. 2 EStG).

2. Lineare Abschreibung mit Sonder-AfA kombinieren

Um für einen „Investitionsbooster“ zu sorgen, wurde mit § 7b EStG die Möglichkeit eingeführt, neben der linearen Abschreibung auch Sonderabschreibungen geltend zu machen. Diese Möglichkeit ist mit dem Wachstumschancengesetz noch einmal verbessert worden. Konkret sieht § 7b EStG vor, dass für die Anschaffung oder Herstellung neuer Wohnungen, die in einem Mitgliedstaat der EU belegen sind, im Jahr der Anschaffung oder Herstellung und in den folgenden drei Jahren Sonderabschreibungen von bis zu jährlich fünf Prozent in Anspruch genommen werden können.

Eine Wohnung gilt für Zwecke des § 7b EStG als „neu“, wenn sie entweder von Ihnen hergestellt wurde oder Sie sie bis zum Ende des Jahres der Fertigstellung angeschafft haben. Die Wohnung dient Wohnzwecken, wenn sie im Jahr der Anschaffung oder Herstellung und in den folgenden neun Jahren der entgeltlichen Überlassung an Dritte dient. Nicht begünstigt sind Wohnungen, in denen Personen nur vorübergehend beherbergt werden (z. B. Ferienwohnung).

Wichtig | Begünstigt sind Wohnungen, die die Voraussetzungen des § 181 Abs. 9 BewG erfüllen. Die Wohnungen müssen also die Führung eines selbstständigen Haushalts ermöglichen und deshalb über Küche, Bad oder Dusche und Toilette verfügen. Begünstigt sind auch die zu einer Wohnung gehörenden Nebenräume.

Voraussetzung für die Sonderabschreibung war bislang, dass der Bauantrag nach dem 31.08.2018 und vor dem 01.01.2022 oder nach dem 31.12.2022 und vor dem 01.01.2027 gestellt oder in diesen Zeiträumen die Bauanzeige getätigt wurde. Neu ist, dass die zeitliche Obergrenze von „vor dem 01.01.2027“ auf „vor dem 01.10.2029“ verschoben wurde. Damit kann die in der Praxis häufig genutzte Sonderabschreibung deutlich länger in Anspruch genommen werden. Einziger Haken: In der Zeit von nach dem 31.12.2022 und vor dem 01.10.2029 muss das Gebäude, in dem sich die Wohnung befindet, die Kriterien eines „Effizienzhaus 40“ mit Nachhaltigkeits-Klasse erfüllen; das muss durch das „Qualitätssiegel Nachhaltiges Gebäude“ (QNK) nachgewiesen werden.

Datum Bauantrag/Bauanzeige
Effizienzhaus 40?
Sonderabschreibung nach § 7b EStG?
Vor 01.09.2018
Egal
Nicht möglich
Nach 31.08.2018 und vor 01.01.2022
Egal
Möglich
Nach 31.12.2021 und vor 01.01.2023
Egal
Nicht möglich
Nach 31.12.2022 und vor 01.10.2029
Erforderlich
Möglich
Nach 30.09.2029
Egal
Nicht möglich

Neben diesen Tatbeständen müssen Sie aber noch ein weiteres Kriterium erfüllen, um die Sonderabschreibung nutzen zu können. Denn die Anschaffungs- oder Herstellungskosten dürfen für Wohnungen, die aufgrund eines

  • nach dem 31.08.2018 und vor dem 01.01.2022 gestellten Bauantrags hergestellt werden 3.000 Euro je qm Wohnfläche bzw.
  • nach dem 31.12.2022 und vor dem 01.10.2029 gestellten Bauantrags hergestellt werden 4.800 Euro je q Wohnfläche

nicht übersteigen. Dieser Grenzwert von bisher 4.800 Euro ist nun auf 5.200 Euro angehoben worden. Da die Anhebung der Grenze rückwirkend vorgenommen wurde, können nun sogar solche Wohnungen in den Genuss der Sonderabschreibungen gelangen, die bislang nicht begünstigt waren.

Beispiel 2

Max hat mit Bauantrag vom 15.01.2023 eine Mietwohnung hergestellt, die Fertigstellung erfolgte am 01.12.2023. Durch gestiegene Baukosten konnten die geplanten Herstellungskosten nicht eingehalten werden. Sie stiegen von geplant 4.700 Euro auf tatsächlich 5.100 Euro je qm Wohnfläche.
Lösung: Ohne die Gesetzesänderung und Anhebung der Baukostengrenze hätte Max keine Sonderabschreibungen vornehmen dürfen (Grenze bisher 4.800 Euro aber tatsächliche Baukosten 5.100 Euro). Aufgrund der rückwirkenden Anhebung der Grenze auf 5.200 Euro kann Max doch Sonderabschreibungen beanspruchen.

Bemessungsgrundlage für die Sonderabschreibung sind jedoch nicht in jedem Fall die insgesamt für das Gebäude bzw. die Wohnung aufgewendeten Anschaffungs- oder Herstellungskosten. Denn auch hier erfolgt eine Deckelung auf maximal 2.500 Euro je qm Wohnfläche. Um den gestiegenen Baukosten gerecht zu werden, ist auch diese Grenze rückwirkend für alle nach dem 31.12.2022 begonnenen Bauvorhaben auf 4.000 Euro angehoben worden. Kleiner Wermutstropfen: Dieser Kostendeckel führt in der Praxis oft dazu, dass sich für die Sonderabschreibung und für die lineare oder degressive Abschreibung nach § 7 Abs. 4 bzw. 5a EStG eine unterschiedliche AfA-Bemessungsgrundlage ergibt.

Beispiel 3

Wie Beispiel 1. Die Baukosten betragen je qm Wohnfläche 5.100 Euro bzw. insgesamt 255.000 Euro (50 qm Wohnfläche).
Lösung: Die lineare Gebäudeabschreibung beträgt jährlich 7.650 Euro (§ 7 Abs. 4 Nr. 2 Buchst. a) EStG – 255.000 Euro x 3 Prozent). Zusätzlich kann er neben dieser Abschreibung innerhalb der ersten vier Jahre nochmal jährlich 10.000 Euro abschreiben (§ 7b EStG – 50 qm x 4.000 Euro = 200.000 Euro x 5 Prozent = 10.000 Euro). Durch diese Sonderabschreibungen wird die Immobilie binnen der ersten vier Jahre nicht mit 30.600 Euro (4 x 7.650 Euro), sondern mit 70.600 Euro abgeschrieben (30.600 Euro + 4 x 10.000 Euro).

Entscheiden Sie sich für die Vornahme von Sonderabschreibungen, dann müssen Sie aber ab dem fünften Jahr (also nach dem Auslaufen des Begünstigungszeitraums von § 7b EStG) den § 7a Abs. 9 EStG beachten. Dieser sieht vor, dass sich nach dem Wegfall der Möglichkeit zur Vornahme von Sonderabschreibungen die lineare Abschreibung neu berechnet. Formel: Restwert : Restnutzungsdauer.

Beispiel 4

Wie Beispiel 3. Wie hoch ist die Abschreibung ab dem fünften Jahr?
Lösung: Grundsätzlich würde sich die lineare Abschreibung ab dem fünften Jahr wie bisher auf jährlich 7.650 Euro belaufen. Durch die vorgenommenen Sonderabschreibungen ist die weitere lineare Abschreibung ab dem fünften Jahr jedoch neu zu berechnen. Da die lineare Abschreibung eine Nutzungsdauer von 33 1/3 Jahre fingiert (Abschreibung linear mit jährlich drei Prozent) und davon bereits vier Jahre verstrichen sind, ergibt sich eine Restnutzungsdauer von 29 1/3 Jahre. Da der noch nicht abgeschriebene Restwert 184.400 Euro beträgt (255.000 Euro Herstellungskosten abzüglich 70.600 Euro vorgenommener Abschreibungen in den ersten vier Jahren), ergibt sich ab dem fünften Jahr eine neue lineare Abschreibung von jährlich 6.287 Euro (184.400 Euro / 29 1/3 Jahre).

Wichtig | Die Sonderabschreibungen nach § 7b EStG führen folglich nicht dazu, dass insgesamt (über die Nutzungsdauer des Gebäudes gesehen) mehr abgeschrieben werden kann. Sie führen lediglich dazu, dass in den ersten Jahren deutlich höhere Abschreibungen geltend gemacht werden können.

3. Die neue degressive Gebäudeabschreibung

Mit dem neuen § 7 Abs. 5a EStG ist durch das Wachstumschancengesetz erstmals seit 2006 wieder eine degressive Gebäudeabschreibung für den Mietwohnungsneubau eingeführt worden. Damit steht Ihnen künftig ein weiteres Wahlrecht zu. Entweder Sie schreiben die Immobilie mit den bekannten Prozentsätzen linear ab, oder Sie entscheiden sich für die degressive Abschreibung.

Bei der degressiven Abschreibung beläuft sich die Abschreibung im ersten Jahr auf fünf Prozent der auf das Gebäude entfallenden Anschaffungs- oder Herstellungskosten (§ 7 Abs. 5a S. 4 EStG). Auch hier ist die Abschreibung gemäß § 7 Abs. 5a S. 5 EStG – im Gegensatz zum § 7 Abs. 5 EStG – nur zeitanteilig zu gewähren, wenn der Erwerb der Immobilie im Laufe des Jahres erfolgt ist. Ab dem zweiten Jahr beträgt die Abschreibung zwar weiterhin fünf Prozent. Allerdings stellen nicht mehr die historischen Anschaffungs- oder Herstellungskosten, sondern der noch nicht abgeschriebene Restwert des Gebäudes die Bemessungsgrundlage für die neue Abschreibung dar. Damit reduziert sich die Abschreibung von Jahr zu Jahr – eine degressive Abschreibung.

Beispiel 5

Die Anschaffungskosten für ein neues Haus betragen 300.000 Euro.
Lösung: Die lineare Abschreibung würde sich auf jährlich 9.000 Euro belaufen (300.000 Euro x 3 Prozent). Wird die degressive Abschreibung gewählt, erhöht sich die Abschreibung im ersten Jahr auf 15.000 Euro (300.000 Euro x 5 Prozent). Es ergibt sich ein nicht abgeschriebener Restwert von 285.000 Euro, sodass die degressive Abschreibung im zweiten Jahr 14.250 Euro beträgt (285.000 Euro x 5 Prozent) und sich folglich von Jahr zu Jahr weiter reduziert (gesunkener Restwert).

Drei Voraussetzungen müssen vorliegen

Die neue degressive Abschreibung kann nicht für alle Gebäude beansprucht werden, da drei Voraussetzungen zu erfüllen sind: Das Gebäude muss

  • 1. in einem Mitgliedstaat der EU oder dem EWR (EU zzgl. Island, Lichtenstein und Norwegen) belegen sein,
  • 2. Wohnzwecken dienen und
  • 3. vom Steuerzahler hergestellt oder bis zum Ende des Jahres der Fertigstellung angeschafft worden sein.

Zudem muss mit der Herstellung nach dem 30.09.2023 und vor dem 01.10.2029 begonnen oder die Anschaffung aufgrund eines nach dem 30.09.2023 und vor dem 01.10.2029 rechtswirksam abgeschlossenen obligatorischen Vertrags erfolgt sein. Als Beginn der Herstellung gilt dabei das Datum in der nach den jeweiligen landesrechtlichen Vorschriften einzureichenden Baubeginnsanzeige, wobei hier den Steuerpflichtigen die Nachweispflicht trifft. Sollten landesrechtlich im Einzelfall keine Baubeginnsanzeigen vorgeschrieben sein, muss der Steuerzahler erklären, dass er den Baubeginn gegenüber der zuständigen Baubehörde freiwillig angezeigt hat.

Praxistipp | Die degressive Abschreibung gilt nicht nur für reine Wohngebäude. Gemäß § 7 Abs. 5b EStG gilt sie auch für Gebäudeteile, die selbstständige unbewegliche Wirtschaftsgüter sind (z. B. vermietete Einliegerwohnung), sowie für Eigentumswohnungen und im Teileigentum stehende Räume.

Während diese Voraussetzungen bei der eigenen Herstellung eines Wohngebäudes problemlos eingehalten werden können, sieht das beim Erwerb eines Wohngebäudes schon schwieriger aus. Hier muss einerseits der Verkäufer dazu befragt werden, wann genau mit der Herstellung begonnen wurde (nach dem 30.09.2023 oder für die degressive Abschreibung schädlich vor dem 01.10.2023) und es muss bei bereits fertigen Bauten geklärt werden, wann die Fertigstellung erfolgte. Denn liegt das Datum der Fertigstellung bereits im Vorjahr, lässt sich die degressive Abschreibung nicht mehr anwenden. Grund hierfür ist, dass nur neue Gebäude mit der degressiven Abschreibung begünstigt sein sollen.

Beispiel 6

Ein Bauträger errichtet in Aurich ein Zweifamilienhaus. Der Bauantrag wurde am 01.11.2023 gestellt und die Fertigstellung erfolgt am 01.12.2024. Eine Haushälfte erwirbt A mit Vertrag vom 15.12.2024. Besitz, Nutzen und Lasten gehen bereits am 20.12.2024 auf A über. Die andere Haushälfte erwirbt B mit Vertrag vom 15.01.2025. Beide nutzen die Immobilie für die entgeltliche Vermietung an Dritte.
Lösung: Während A das Wahlrecht zwischen der linearen und degressiven Abschreibung zusteht (Fertigstellung und Anschaffung in einem Jahr), kann B nur linear abschreiben. Ihm wird die degressive Abschreibung versagt, weil er die Haushälfte nicht bis zum Ende des Jahres der Fertigstellung angeschafft hat.
Praxistipp | Ein Gebäude ist fertiggestellt, wenn es entsprechend seiner Zweckbestimmung genutzt werden kann. Der Zeitpunkt der Anschaffung des Gebäudes ist der Zeitpunkt der Erlangung der wirtschaftlichen Verfügungsmacht, also wenn Eigenbesitz, Gefahr, Nutzen und Lasten auf den Erwerber übergehen. Für die Inanspruchnahme der degressiven Abschreibung im Fall der Anschaffung des Gebäudes müssen dementsprechend Fertigstellung und Erlangung der wirtschaftlichen Verfügungsmacht in einem Kalenderjahr liegen. Handelt es sich um unterschiedliche Jahre, wird die degressive Abschreibung versagt.

Vollkommen unerheblich ist für die degressive Abschreibung, ob die begünstigte Immobilie dem Betriebs- oder Privatvermögen zuzuordnen ist. Denn das Wahlrecht zwischen der linearen und der degressiven Abschreibung steht sowohl privaten Vermietern mit Einkünften im Sinne des § 21 EStG, als auch Gewerbetreibenden, Freiberuflern oder Land- und Forstwirten zu, welche innerhalb ihres Betriebsvermögens eine begünstigte Immobilie besitzen und zu Wohnzwecken vermieten.

Dabei ist zu beachten, dass ein Gebäude mehrere Nutzungen umfassen kann: Eigenbetrieblich, fremdbetrieblich, eigene Wohnzwecke und fremde Wohnzwecke (R 4.2 Abs. 4 EStR). Zudem stellt jede Nutzung ein gesondertes Wirtschaftsgut dar, sodass auch die Erfüllung der Voraussetzungen für die Vornahme der degressiven Abschreibung für jedes Wirtschaftsgut gesondert zu prüfen sind (vgl. auch § 7 Abs. 5b EStG). Das kann dazu führen, dass bei einem Gebäude ein Teil der Anschaffungskosten linear und ein anderer Teil degressiv abgeschrieben werden darf.

Beispiel 7

Ein Versicherungsvertreter lässt ein neues Bürogebäude errichten. Der Baubeginn erfolgte am 01.02.2024 und die Fertigstellung ist Ende 2024 geplant. Während er das Erdgeschoss für die Agentur nutzen möchte, soll das Obergeschoss zu Wohnzwecken aus dem Betriebsvermögen heraus vermietet werden.
Lösung: Das neu errichtete Gebäude umfasst zwei Wirtschaftsgüter. Während das eigenbetrieblich genutzte Erdgeschoss gemäß § 7 Abs. 4 Nr. 1 EStG zwingend linear mit jährlich drei Prozent abgeschrieben wird, hat der Versicherungsvertreter für das Obergeschoss die Wahl. Er kann es entweder gemäß § 7 Abs. 4 Nr. 2 Buchst. a) EStG ebenfalls mit jährlich drei Prozent abschreiben oder er wählt hierfür die neue in § 7 Abs. 5a EStG verankerte degressive Abschreibung von jährlich fünf Prozent.

So schön die degressive Abschreibung auch ist, sie hat zwei Nachteile. Zum einen kann neben der degressiven Abschreibung gemäß § 7 Abs. 5a S. 6 EStG keine Abschreibung für außergewöhnliche technische oder wirtschaftliche Abnutzung geltend gemacht werden. Zum anderen sinkt die jährliche Abschreibung von Jahr zu Jahr. Das führt nach einigen Jahren dazu, dass sich die degressive Abschreibung auf einen geringeren Betrag als die normalerweise geltende lineare Abschreibung beläuft. Das führt dann auch dazu, dass sich für das letzte Jahr der Abschreibung ein hoher abzugsfähiger Restwert ergibt, was zu starken Schwankungen in der Einkommensprogression führen kann.

Um diese Nachteile auszuhebeln, gestattet § 7 Abs. 5a S. 7 EStG, dass auch ein späterer Übergang von der degressiven Abschreibung zur linearen Abschreibung zulässig ist. Dadurch wird einerseits ermöglicht, dass Abschreibungen für außergewöhnliche technische oder wirtschaftliche Abnutzung wieder zulässig sind und andererseits die Höhe der künftigen Abschreibung konstant bleibt. Denn bei einem Wechsel zur linearen Abschreibung bemisst sich die weitere Abschreibung nach dem noch nicht abgeschriebenen Restwert des Gebäudes. Dieser wird auf die noch verbleibende Restnutzungsdauer linear verteilt. Um die Restnutzungsdauer zu erhalten, wird die durch § 7 Abs. 4 EStG typisierend unterstellte Nutzungsdauer um die bereits erfolgte Nutzungszeit reduziert. Es ist aber auch zulässig, eine geringere tatsächliche Restnutzungsdauer nachzuweisen (§ 7 Abs. 4 S. 2 EStG). Wie genau der Wechsel von der degressiven zur linearen Abschreibung in einem konkreten Beispiel aussieht, sehen Sie im abschließenden Beispiel 9.

Wichtig | Entscheiden Sie sich hingegen zunächst für die lineare Abschreibung, können Sie in späteren Jahren nicht zur degressiven Abschreibung wechseln. Damit gilt: Entweder schreiben Sie komplett linear oder degressiv ab, oder Sie schreiben erst degressiv ab und wechseln später zur linearen Abschreibung.

4. Degressive Gebäude-AfA kombiniert mit Sonder-AfA

Auch wenn Sie sich für die neue degressive Abschreibung entscheiden, können Sie parallel die – im Abschnitt 2 aufgezeigte und in § 7b EStG verankerte – Sonderabschreibung von in den ersten vier Jahren jeweils bis zu fünf Prozent nutzen. Das stellt eine ebenfalls vorgenommene Ergänzung des § 7b Abs. 1 S. 1 EStG klar. Dadurch ist es möglich, die Immobilie binnen der ersten vier Jahre um über 37 Prozent abzuschreiben!

Beispiel 8

Die auf eine Wohnimmobilie entfallenden Anschaffungskosten betragen 300.000 Euro. Auf das Gebäude entfallen davon 250.000 Euro. Die Immobilie erfüllt sowohl die Voraussetzungen für die Sonderabschreibungen nach § 7b EStG als auch für die degressive Abschreibung nach § 7 Abs. 5a EStG.
Gebäudewert zu Beginn
Sonder-AfA § 7b EStG (5 Prozent von 250.000 Euro)
Degressive AfA (5 Prozent vom Gebäudewert zu Beginn)
Restwert am Jahresende
Jahr 1
250.000 Euro12.500 Euro12.500 Euro225.000 Euro
Jahr 2
225.000 Euro12.500 Euro11.250 Euro201.250 Euro
Jahr 3
201.250 Euro12.500 Euro10.063 Euro178.687 Euro
Jahr 4
178.687 Euro12.500 Euro8.935 Euro157.252 Euro
Binnen der ersten vier Jahre werden somit 37,1 Prozent des Gebäudes steuerwirksam abgeschrieben (92.748 Euro von 250.000 Euro). Wird die Abschreibungsreihe über zehnJahre fortgesetzt, lassen sich sogar 53,8 Prozent abschreiben. Der Vorteil: Bereits einen Tag später kann die Immobilie steuerfrei veräußert werden (kein § 23 EStG, da außerhalb der Zehn-Jahres-Frist). Daher eignet sich die Kombination der degressiven Abschreibung mit der Sonderabschreibung insbesondere auch für die Vermietung an Angehörige zur kurzfristigen Verluststeigerung, wenn in absehbarer Zeit eine gewinnbringende Veräußerung der Immobilie geplant ist.

Fazit und abschließendes Vergleichsbeispiel

Investieren Sie in den Mietwohnungsneubau, haben Sie ab sofort durch das Wachstumschancengesetz die Möglichkeit, sich zwischen vielen verschiedenen Abschreibungsvarianten zu entscheiden. Doch welche ist die Beste? Das kommt wie immer auf Ihre individuelle Situation an.

  • Möglichst hohe Abschreibungen in den ersten Jahren sind zu empfehlen, wenn Sie beabsichtigen, die Immobilie bereits nach einigen Jahren (wegen § 23 EStG am besten frühestens nach zehn Jahren) wieder zu veräußern.
  • Ist es hingegen ein langfristiges Investment, sollten Sie Ihre eigenen weiteren Einkünfte im Blick behalten.
    • Rechnen Sie damit, dass diese in den nächsten Jahren geringer ausfallen und Ihr Grenzsteuersatz sinkt (z. B. wegen Eintritt in den Ruhestand)? Auch dann sollten Sie möglichst hohe Abschreibungen in den ersten Jahren wählen, um ein Maximum an Steuerersparnis zu generieren.
    • Gehen Sie dagegen davon aus, dass sich Ihr Einkommen in den nächsten Jahren erhöht und damit auch Ihr individueller Grenzsteuersatz steigt, ist die konstante lineare Abschreibung zu empfehlen. So verlagern Sie mehr Abschreibungsvolumen in die künftigen Jahre; die dortige Steuerentlastung durch Abschreibungen fällt höher aus.

Bei diesen vielen Abschreibungsmöglichkeiten ist es für Mandanten oft nicht einfach, die individuellen Vor- und Nachteile zu erkennen. Zudem bleibt oft die Frage offen, wie sich die Abschreibung bei den einzelnen Methoden über die gesamte Nutzungsdauer verhält. Daher zeigt das abschließende Musterbeispiel die konkreten Abschreibungsverläufe bei den einzelnen Methoden im Überblick – bezogen auf fiktives Abschreibungsvolumen von 100.000 Euro und unter der Berücksichtigung von Sonderabschreibungen nach § 7b EStG.

Beispiel – AfA-Möglichkeiten im Überblick

Auf ein Gebäude entfallen 100.000 Euro Anschaffungskosten. Die Immobilie ist gemäß § 7 Abs. 4 Nr. 2 Buchst. a) EStG linear mit drei Prozent abzuschreiben. Sie kann aber auch degressiv nach § 7 Abs. 5a EStG mit jährlich fünf Prozent abgeschrieben werden oder erst degressiv und dann linear. Zudem liegen die Voraussetzungen für die Sonderabschreibungen nach § 7b EStG vor. Welche Abschreibung ergibt sich je nach Abschreibungsmethode im Verlauf der Nutzungsdauer (33 1/3 Jahre)?
Ohne Sonderabschreibungen (§ 7b EStG)
Mit Sonderabschreibungen (§ 7b EStG)
linear
degressiv
Degressiv + linear
linear
degressiv
Degressiv + linear
Start
100.000100.000100.000100.000100.000100.000
Jahr 1
3.0005.0005.0008.00010.00010.000
Jahr 2
3.0004.7504.7508.0009.5009.500
Jahr 3
3.0004.5134.5138.0009.0259.025
Jahr 4
3.0004.2874.2878.0008.5748.574
Jahr 5
3.0004.0734.0732.3193.1453.145
Jahr 6
3.0003.8693.8692.3192.9882.988
Jahr 7
3.0003.6753.6752.3192.8382.838
Jahr 8
3.0003.4923.4922.3192.6962.696
Jahr 9
3.0003.3173.3172.3192.5622.562
Jahr 10
3.0003.1513.1512.3192.4342.434
Jahr 11
3.0002.9942.9942.3192.3122.312
Jahr 12
3.0002.8442.8442.3192.1962.196
Jahr 13
3.0002.7022.7022.3192.0862.086
Jahr 14
3.0002.5672.5672.3191.9821.982
Jahr 15
3.0002.4382.5282.3191.8831.952
Jahr 16
3.0002.3162.5282.3191.7891.952
Jahr 17
3.0002.2012.5282.3191.6991.952
Jahr 18
3.0002.0912.5282.3191.6141.952
Jahr 19
3.0001.9862.5282.3191.5341.952
Jahr 20
3.0001.8872.5282.3191.4571.952
Jahr 21
3.0001.7922.5282.3191.3841.952
Jahr 22
3.0001.7032.5282.3191.3151.952
Jahr 23
3.0001.6182.5282.3191.2491.952
Jahr 24
3.0001.5372.5282.3191.1871.952
Jahr 25
3.0001.4602.5282.3191.1271.952
Jahr 26
3.0001.3872.5282.3191.0711.952
Jahr 27
3.0001.3182.5282.3191.0181.952
Jahr 28
3.0001.2522.5282.3199671.952
Jahr 29
3.0001.1892.5282.3199181.952
Jahr 30
3.0001.1302.5282.3198721.952
Jahr 31
3.0001.0732.5282.3198291.952
Jahr 32
3.0001.0202.5282.3197871.952
Jahr 33
3.0009692.5282.3197481.952
Jahr 34
1.00018.40373574914.212573
Summe
100.000100.000100.000100.000100.000100.000
Anmerkung: Bei der linearen Abschreibung kombiniert mit der Sonderabschreibung nach § 7b EStG ist nach Auslaufen des Begünstigungszeitraums (also ab dem fünften Jahr) die weitere lineare Abschreibung gemäß § 7a Abs. 9 EStG neu zu berechnen. Formel: Restwert geteilt durch die Restnutzungsdauer (68.000 Euro/29,33 Jahre = 2.319 Euro). Zudem wurde im Beispiel für den Übergang von der degressiven zur linearen Abschreibung das 15. Jahr gewählt. Denn dieses bietet erstmals eine höhere lineare Abschreibung als die andernfalls errechnete degressive Abschreibung. Es kann für den Übergang aber auch ein anderes Jahr gewählt werden.

AUSGABE: SSP 4/2024, S. 32 · ID: 49974444

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