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WachstumschancengesetzBewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens: Nutzen Sie die neuen AfA-Möglichkeiten
| Ein ewiges Hin und Her bei der degressiven Abschreibung. Erst gibt es sie für viele Jahre nicht, dann wird sie wieder eingeführt, verlängert, läuft aus und nun, mit einer zeitlichen Unterbrechung von mehreren Monaten, gibt es sie wieder – allerdings mit neuen Prozentsätzen. Parallel wurde auch noch der Prozentsatz für die ebenfalls zulässigen Sonderabschreibungen nach § 7g Abs. 5 EStG verändert. Wie soll man da noch den Überblick behalten? SSP zeigt Ihnen deshalb systematisch, bei welchen Anschaffungszeitpunkten welche Regeln gelten und wie Sie sie nutzen. |
Die neue degressive AfA in § 7 Abs. 2 ab dem 01.04.2024
Die in § 7 Abs. 2 EStG verankerte degressive Abschreibung für bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens ist eigentlich ausgelaufen. Durch das Wachstumschancengesetz wurde sie jedoch reaktiviert, wenn das Wirtschaftsgut nach dem 31.03.2024 und vor dem 01.01.2025 angeschafft oder hergestellt wird. Allerdings beläuft sich die degressive Abschreibung nicht wie bisher auf das Zweieinhalbfache der linearen Abschreibung und maximal 25 Prozent pro Jahr, sondern nur auf das Zweifache der linearen Abschreibung und maximal 20 Prozent pro Jahr.
Die § 7 Abs. 2 EStG-Abschreibung im Zeitreihenvergleich
Damit gilt tabellarisch dargestellt im Zeitreihenvergleich folgendes:
Datum der Anschaffung/Herstellung | Degressive AfA? | ... neuen degressiven Sonder-AfA betroffen und privilegiert | Höchstens |
nach 31.08.2008 und vor 01.01.2011 | Möglich | Lineare AfA x 2,5 | 25 % |
nach 31.12.2010 und vor 01.01.2020 | Nicht möglich | - | - |
nach 31.12.2019 und vor 01.01.2023 | Möglich | Lineare AfA x 2,5 | 25 % |
nach 31.12.2022 und vor 01.04.2024 | Nicht möglich | - | - |
nach 31.03.2024 und vor 01.01.2025 | Möglich | Lineare AfA x 2,0 | 20 % |
nach 31.12.2024 | Nicht möglich | - | - |
Die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der degressiven AfA
Voraussetzung für die degressive Abschreibung ist, dass es sich um ein bewegliches Wirtschaftsgut des Anlagevermögens handelt. Daraus folgt, dass nur die Gewinneinkunftsarten (§§ 13, 15, 18 EStG) die Möglichkeit haben, degressive Abschreibungen vorzunehmen.
Begünstigt sind natürlich auch Kapitalgesellschaften über § 8 Abs. 1 KStG. Für die Überschusseinkunftsarten (z. B. Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung) lässt sich die degressive Abschreibung nicht nutzen.
Wahlrechte kennen und richtig nutzen
Liegen die Voraussetzungen für die degressive Abschreibung vor, wurde das bewegliche Wirtschaftsgut also innerhalb der begünstigten Zeiträume angeschafft oder hergestellt, haben Sie ein Wahlrecht. Entweder Sie schreiben das Wirtschaftsgut ganz normal linear über die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer ab oder Sie entscheiden sich für die degressive Abschreibung.
Die degressive Abschreibung ist in der Regel für Sie dann lukrativer, wenn Sie aktuell einen hohen Gewinn erzielt haben und diesen reduzieren möchten. Ungeachtet davon, für welche der beiden Varianten Sie sich entscheiden, müssen Sie beachten, dass die Abschreibung bei unterjähriger Anschaffung oder Herstellung nur zeitanteilig gewährt wird (§ 7 Abs. 1 S. 4 und Abs. 2 S. 3 EStG). Zudem macht eine Wahl der degressiven Abschreibung für Anschaffungen ab dem 01.01.2024 wirtschaftlich betrachtet nur Sinn, wenn die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer mindestens sechs Jahre beträgt. Denn bei einer Nutzungsdauer von fünf Jahren oder weniger beläuft sich bereits die lineare Abschreibung auf 20 Prozent pro Jahr (oder mehr), während die degressive Abschreibung auf maximal 20 Prozent gedeckelt wird.
Degressive AfA erfordert Führung eines Verzeichnisses
Entscheiden Sie sich für die degressive Abschreibung, haben Sie gemäß § 7 Abs. 2 S. 3 i. V. m. § 7a Abs. 8 EStG das Wirtschaftsgut in ein besonderes, laufend zu führendes, Verzeichnis aufzunehmen. Ergeben sich diese Angaben bereits aus Ihrer Buchführung, müssen Sie kein Verzeichnis führen.
Wechsel zur linearen Abschreibung möglich
Da bei der degressiven Abschreibung die Abschreibung jährlich neu ausgehend von dem noch nicht abgeschriebenen Restbuchwert des Vorjahres ermittelt wird, verringert sich die Abschreibung von Jahr zu Jahr. Spätestens mit Ablauf der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer ist der noch nicht abgeschriebene Restbuchwert erfolgswirksam auszubuchen. § 7 Abs. 3 EStG eröffnet deshalb die Möglichkeit, von der degressiven zur linearen Abschreibung zu wechseln. Ein Wechsel von der linearen zur degressiven Abschreibung ist hingegen nicht zulässig.
Wird ein Wechsel der AfA-Methoden vorgenommen, ist nach dem Wechsel die künftige lineare Abschreibung durch eine Verteilung des noch nicht abgeschriebenen Restbuchwerts auf die Restnutzungsdauer zu berechnen.
Beispiel 1 | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Bauunternehmer Rolf Klein erwirbt am 01.04.2024 eine mobile Präzisions-Bohr- und Fräsmaschine (Nutzungsdauer acht Jahre) für netto 8.000 Euro. Auf welche Höhe beläuft sich nach welcher Methode die jährliche Abschreibung? | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
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Praxistipp | Entscheiden Sie sich für die degressive Abschreibung, können Sie gemäß § 7 Abs. 2 S. 4 EStG nicht zusätzlich Abschreibungen für außergewöhnliche technische oder wirtschaftliche Abnutzungen vornehmen. Ergeben sich diese in späteren Jahren, kann es deshalb auch aus diesem Grund sinnvoll sein, von der degressiven zur linearen Abschreibung zu wechseln. |
Zusätzlich von neuer § 7g Sonderabschreibung profitieren
Egal, ob Sie sich für die lineare oder degressive Abschreibung entscheiden – Prüfen Sie, ob Sie zusätzlich noch Sonderabschreibungen nach § 7g EStG geltend machen können.
WCG offeriert 40-prozentige Sonder-AfA
§ 7g Abs. 5 EStG regelt nämlich, dass Sie für abnutzbare bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens im Jahr der Anschaffung oder Herstellung und in den vier folgenden Jahren neben der linearen oder degressiven Abschreibung noch Sonderabschreibungen von bis zu insgesamt 20 Prozent der Anschaffungs- oder Herstellungskosten in Anspruch nehmen können. Dieser Satz ist durch das WCG für Wirtschaftsgüter, die nach dem 31.12.2023 angeschafft oder hergestellt werden, auf 40 Prozent erhöht worden.
Wichtig | § 7g Abs. 5 EStG stellt auf das Datum der Anschaffung bzw. Herstellung ab. Wurde ein Wirtschaftsgut im Jahr 2023 angeschafft, können deshalb auch im Jahr 2024 maximal 20 Prozent Sonderabschreibungen beansprucht werden. Bei einer Anschaffung im Jahr 2024 hingegen betragen die Sonderabschreibungen bis zu 40 Prozent.
Die Voraussetzungen für die Nutzung der neuen Sonder-AfA
Die Sonderabschreibung ist an Voraussetzungen gebunden. Erforderlich sind zwei Dinge:
- 1. Der Betrieb darf im Jahr vor der Anschaffung oder Herstellung des Wirtschaftsguts nur einen Gewinn von maximal 200.000 Euro erzielt haben (§ 7g Abs. 6 Nr. 1 und Abs. 1 Nr. 1 EStG). Dabei spielt es keine Rolle, ob der Gewinn nach § 4 Abs. 1 EStG oder nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelt wird.Gewinngrenze von 200.000 Euro ...
- 2. Das Wirtschaftsgut muss im Jahr der Anschaffung oder Herstellung und in dem folgenden Wirtschaftsjahr vermietet oder in einer inländischen Betriebsstätte des Betriebs ausschließlich oder fast ausschließlich betrieblich genutzt werden. Die private Mitbenutzung des Wirtschaftsguts darf damit maximal im Umfang von zehn Prozent erfolgen.... und 90-prozentige betriebliche Nutzung ...
Sind diese Voraussetzungen gegeben, beträgt die Sonderabschreibung bis zu 40 Prozent der Anschaffungs- oder Herstellungskosten (bis 31.12.2023: 20 Prozent). Diese Abschreibung ist zeitlich auf das Jahr der Anschaffung oder Herstellung und die folgenden vier Jahren begrenzt und kann variabel auf diese fünf Jahre verteilt werden. Es ist weder erforderlich, dass in jedem der fünf Jahre Sonderabschreibungen vorgenommen werden, noch, dass der Höchstbetrag (40 Prozent) ausgereizt wird. Ebenso kann für jedes begünstigte Wirtschaftsgut gesondert entschieden werden, ob und wenn ja in welcher Höhe Sonderabschreibungen geltend gemacht werden.
Beispiel 2 | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Anlagenbauer Horst Kittel hat 2024 ein abnutzbares bewegliches Wirtschaftsgut des Anlagevermögens erworben. Wie kann er Sonderabschreibungen nutzen?
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Durch diese enorme Flexibilität eignen sich Sonderabschreibungen vor allem dazu, schwankende Betriebsergebnisse auszugleichen und so einen gleichmäßigen Gewinn und eine effektiv möglichst geringe Steuerbelastung zu erzielen.
Beispiel 3 |
Kittel ist verheiratet und erzielt 2024 durch Sondereffekte ein z. v. E. von 100.000 Euro. Normalerweise liegt sein z. v. E. bei durchschnittlich 50.000 Euro. Er kann für im Jahr 2024 angeschaffte bewegliche Wirtschaftsgüter bis zu 50.000 Euro Sonderabschreibungen nach § 7g Abs. 5 EStG vornehmen. Er überlegt, ob es sinnvoller ist, die Abschreibung 2024 voll zu nutzen oder auf fünf Jahre zu verteilen. |
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Wichtig | Entscheiden Sie sich für Sonderabschreibungen, dann müssen Sie ab dem 5. Jahr (= nach dem Auslaufen des Begünstigungszeitraums von § 7g Abs. 5 EStG) auch § 7a Abs. 9 EStG beachten. Dieser sieht vor, dass sich nach dem Wegfall der Möglichkeit zur Vornahme von Sonderabschreibungen die lineare Abschreibung neu berechnet. Formel: Restwert : Restnutzungsdauer.
BP: Bilanzänderung zur Reduzierung der Steuernachzahlung
Kommt es bei Ihnen zu einer Betriebsprüfung und findet der Prüfer bilanzielle Fehler, kommt es häufig zu hohen Steuernachzahlungen. Doch das muss nicht sein. Prüfen Sie, ob Sie eine Bilanzänderung vornehmen können. Das ist der Fall, wenn Sie im Prüfungsjahr
- Wirtschaftsgüter linear abgeschrieben, obwohl auch eine höhere degressive Abschreibung zulässig gewesen wäre oder
- Sonderabschreibungen nach § 7g Abs. 5 EStG nicht voll genutzt haben.
Beispiel 4 |
... Steuernachzahlungen aus Betriebsprüfungen vermeiden Lösung: Die nachträgliche Wahlrechtsausübung zu Gunsten der Sonder-AfA stellt eine Bilanzänderung dar. Diese ist auf den Umfang beschränkt, den die Bilanzberichtigung eröffnet hat. Da durch die Bilanzberichtigung der Gewinn um 20.000 Euro erhöht wurde, kann der Gewinn durch die Bilanzänderung um bis zu 20.000 Euro gemindert werden. Damit kann Herr Müller die Sonderabschreibungen im Rahmen der Betriebsprüfung in Höhe von 20.000 Euro vornehmen und so die Steuernachzahlung infolge der Betriebsprüfung auf null Euro reduzieren. |
AUSGABE: SSP 4/2024, S. 17 · ID: 49976161