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EinkommensteuerFreiberufliche Einkünfte: So hilft der BFH bei der Optimierung der Betriebsausgabenpauschale

Abo-Inhalt18.09.2023718 Min. Lesedauer

| Betriebsausgaben mindern die Steuerlast. Sie aufzuzeichnen, ist aber nicht immer einfach. Gut, dass einige freiberuflich Tätige die Möglichkeit haben, anstelle der angefallenen Kosten eine Pauschale anzusetzen. Bisher war es schwierig, zu entscheiden, wann man die – höhere – Betriebsausgabenpauschale für eine hauptberufliche Tätigkeit ansetzen darf oder mit der – niedrigeren – Pauschale für nebenberufliche Tätigkeiten Vorlieb nehmen muss. Erfahren Sie, wie der BFH das Abgrenzungsproblem jetzt gelöst hat. |

Wer seine Betriebsausgaben pauschal ansetzen darf

Die Finanzverwaltung gewährt für bestimmte Berufsgruppen eine Betriebsausgabenpauschale. Sie kann von den Betriebseinnahmen abgezogen werden, ohne dass Betriebsausgaben nachgewiesen werden müssen. Das ist im Einkommensteuer-Hinweis 18.2 unter dem Stichwort „Betriebsausgabenpauschale“ verankert – und gilt insbesondere für freiberufliche Tätigkeiten als

  • Schriftsteller oder Journalisten im Hauptberuf,
  • Wissenschaftler, Künstler oder Schriftsteller im Nebenberuf und
  • nebenamtliche Lehr- und Prüfungstätigkeiten.

Diese Pauschalen akzeptiert die Finanzverwaltung

Die Betriebsausgabenpauschale richtet sich nach der Höhe der Betriebseinnahmen. Für das Jahr 2023 sind die Abzugsbeträge angehoben worden (BMF, Schreiben vom 06.04.2023, Az. IV C 6 – S 2246/20/10002 :001, Abruf-Nr. 234665):

Schriftsteller oder Journalist im Hauptberuf

Schriftsteller oder Journalisten, die ihre Tätigkeit hauptberuflich ausüben, können 30 Prozent ihrer Betriebseinnahmen als Betriebsausgaben ansetzen. Der Maximalbetrag beträgt 3.600 Euro jährlich (bis 2022: 2.455 Euro).

Beispiel

S ist hauptberuflich Schriftsteller und erzielt Betriebseinnahmen in Höhe von 60.000 Euro. Die rechnerische Betriebsausgabenpauschale beläuft sich also auf 18.000 Euro (60.000 Euro x 30 Prozent). Abziehbar ist aber nur der Höchstbetrag von 3.600 Euro. Damit unterliegt ein Gewinn von 56.400 Euro der Besteuerung (60.000 Euro ./. 3.600 Euro). S kann aber höhere tatsächliche Betriebsausgaben nachweisen und geltend machen.

Einnahmen im Nebenberuf

Bei Steuerzahlern, die aus der nebenberuflichen Tätigkeit als Wissenschaftler, Künstler oder Schriftsteller bzw. aus einer nebenamtlichen Lehr- oder Prüfungstätigkeit Einnahmen erzielen, beträgt die Betriebsausgabenpauschale 25 Prozent der Betriebseinnahmen, maximal aber 900 Euro pro Jahr (zuvor 614 Euro/Jahr).

Wichtig | Der Höchstbetrag von 900 Euro wird für alle Nebentätigkeiten, die unter die Vereinfachungsregelung fallen, nur einmal gewährt. Er verdoppelt sich also nicht, wenn man nebenberuflich sowohl als Künstler als auch Schriftsteller tätig ist. Gänzlich ausgenommen sind Tätigkeiten, die bereits unter § 3 Nr. 26 EStG fallen („Übungsleiterfreibetrag“).

Problem: Abgrenzung von Hauptberuf und Nebenberuf

Klar – für den Betriebsausgabenabzug ist es vorteilhaft, wenn die Tätigkeit von der Finanzverwaltung als hauptberuflich eingestuft wird. Wie aber die Kriterien zur Abgrenzung aussehen, war lange Zeit unklar; es fehlte an einer höchstrichterlichen Entscheidung. Die hat der BFH jetzt geliefert.

BFH sorgt in Musterprozess für Klarheit

Seine Aussage: Zwar besteht kein Anspruch auf die nicht-gesetzliche Pauschalregelung, aber mit der allgemeinen Regelung in den Einkommensteuer-Hinweisen ist die Finanzverwaltung eine Selbstbindung eingegangen, die sie dazu verpflichtet, die Betriebsausgabenpauschale bei Vorliegen der Voraussetzungen gleichmäßig zu gewähren (BFH, Urteil vom 04.07.2023, Az. VIII R 29/20, Abruf-Nr. 237109).

Steuerzahler begehrt Betriebsausgabenpauschale für Hauptberuf

In dem Fall war streitig, ob die schriftstellerische Tätigkeit eines Steuerzahlers untrennbar mit seiner Arbeitnehmertätigkeit verbunden ist, sodass die Finanzverwaltung die Betriebsausgabenpauschale für hauptberufliche Tätigkeiten in Höhe von 30 Prozent der Betriebseinnahmen gewähren muss.

Der Steuerzahler erzielte als angestellter Syndikusrechtsanwalt und -steuerberater einer AG Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit. Daneben war er als niedergelassener Rechtsanwalt und Steuerberater in Einzelkanzlei zugelassen. Er verfasste steuerliche Aufsätze und Kommentierungen und erzielte mit den Veröffentlichungen Einnahmen. Dafür erklärte er im Rahmen der Einkommensteuererklärung Einkünfte aus selbstständiger Arbeit und beantragte in der Gewinnermittlung die Betriebsausgabenpauschale in Höhe von 30 Prozent. Nach dieser Ermittlung ergaben sich bei ihm pauschale Betriebsausgaben in Höhe von 1.191 Euro. Dass er die Betriebsausgabenpauschale für hauptberufliche Tätigkeiten in Anspruch nehmen dürfe, begründete er damit, dass die steuerlichen Veröffentlichungen untrennbar mit seiner Haupttätigkeit als Syndikusrechtsanwalt und -steuerberater verbunden seien.

BFH gewährt nur Nebentätigkeits-Pauschale

Finanzamt und FG sahen seine schriftstellerische Tätigkeit aber nur als nebenberuflich an. Sie erkannten nur die Betriebsausgabenpauschale von 25 Prozent der Betriebseinnahmen an. Der BFH schlug jetzt in dieselbe Kerbe. Er hat die Revision des Steuerzahlers als unbegründet zurückgewiesen.

Warum ist die aktuelle BFH-Entscheidung so wichtig?

Mit dem Urteil positioniert sich der BFH erstmals zur Abgrenzung von Haupt- und Nebenberuf: Er billigt die Auffassung der Finanzverwaltung, die zur Abgrenzung an die Kriterien in § 3 Nr. 26 EStG anknüpft und nur solche Steuerzahler als „hauptberufliche“ selbstständige Schriftsteller ansieht, die eine schriftstellerische Tätigkeit im zeitlichen Umfang von mehr als einem Drittel eines vergleichbaren schriftstellerischen Vollzeiterwerbs ausüben. Das sei, so der BFH, eine mögliche und gesetzeskonforme Auslegung der Verwaltungsanweisung.

Hintergrund | Der Übungsleiterfreibetrag nach § 3 Nr. 26 EStG setzt voraus, dass die Tätigkeit nebenberuflich ausgeübt wird. Nach 3.26 Abs. 2 LStR ist eine Tätigkeit als nebenberuflich einzustufen, wenn sie – bezogen auf das Kalenderjahr – nicht mehr als ein Drittel der Arbeitszeit eines vergleichbaren Vollzeiterwerbs in Anspruch nimmt. Wird diese Grenze überschritten, liegt ein Haupterwerb vor.

Was Sie zum pauschalen Abzug sonst noch wissen müssen

Folgende Punkte sollten Sie sich zum pauschalen Betriebsausgabenabzug auch noch vor Augen führen:

Jährlicher Wechsel ist zulässig

Entscheiden Sie sich dafür, die Betriebsausgabenpauschale in Anspruch zu nehmen, sind Sie nicht für alle Zeit daran gebunden. Sie können jedes Jahr neu entscheiden, ob Sie die Pauschale anwenden oder Ihre Betriebsausgaben einzeln nachweisen. Letzteres ist insbesondere dann lukrativ, wenn Sie aufgrund größerer Ausgaben die Pauschale deutlich überschreiten.

Die Betriebsausgabenpauschalen lassen sich auch kombinieren

Die einzelnen Betriebsausgabenpauschalen können Sie auch kombinieren. Der Idealfall sieht wie folgt aus:

Beispiel

S ist hauptberuflich Schriftsteller und erzielt Einnahmen in Höhe von 13.000 Euro. Nebenbei gibt er an einer Hochschule verschiedene Kurse und bezieht dafür 4.500 Euro. Aus weiteren Nebentätigkeiten als Dozent in der Privatwirtschaft erzielt er Honorare in Höhe von 3.000 Euro. Mit seinen Tätigkeiten erfüllt S sowohl die Voraussetzungen für zwei Betriebsausgabenpauschalen als auch für den Übungsleiterfreibetrag. Ohne Einzelnachweis von Betriebsausgaben ermittelt sich sein Gesamtgewinn wie folgt:

Kein Kleinunternehmer – Probleme bei der Betriebsausgabenpauschale

Hinterfragen sollten Sie die Nutzung der Betriebsausgabenpauschale, wenn Sie die umsatzsteuerliche Kleinunternehmerregelung in § 19 UStG nicht nutzen können, weil Sie die Umsatzgrenzen überschritten haben oder freiwillig zur Regelbesteuerung optieren möchten (§ 19 Abs. 2 UStG). Denn Umsatzsteuer, die in Vergütungen Ihrer Kunden an Sie steckt, stellen bei Ihnen Betriebseinnahmen dar. Umsatzsteuer, die Sie ans Finanzamt abführen, können Sie im Gegenzug aber nicht als Betriebsausgaben geltend machen. Diese sind mit der angewendeten Pauschale abgegolten.

Praxistipps |

  • Übersteigen die Umsatzsteuerzahlungen ans Finanzamt die Betriebsausgabenpauschale, sollten Sie die tatsächlichen Betriebsausgaben aufzeichnen und gegenüber dem Finanzamt geltend machen.
  • Wenden Sie die ertragsteuerliche Betriebsausgabenpauschale an, können Sie aus dieser keinen Vorsteuerabzug geltend machen. Allerdings können Sie dann die tatsächlich zum Vorsteuerabzug berechtigten Ausgaben nachweisen oder sich (soweit nach dem entsprechenden Beruf möglich) auf die Pauschalierung der Vorsteuer berufen (§ 23 UStG i. V. m. § 70 UStDV).

Beispiel

Rechtsanwalt R schreibt nebenberuflich Fachaufsätze für Fachzeitschriften. Die Einnahmen belaufen sich auf jährlich 2.000 Euro zzgl. sieben Prozent Umsatzsteuer. Zur Vorbereitung hat er sich diverse Gesetzestexte für 200 Euro zzgl. sieben Prozent Umsatzsteuer (14 Euro) angeschafft.

Macht R die tatsächlichen Betriebsausgaben geltend, belaufen sich diese auf 340 Euro (140 Euro Umsatzsteuerzahlungen ans Finanzamt zzgl. 214 Euro Gesetzestexte abzgl. 14 Euro Vorsteuerabzug). Entscheidet er sich für die Betriebsausgabenpauschale, beläuft sich diese auf 535 Euro (2.140 Euro x 25 Prozent). Der ertragsteuerliche Gewinn fällt damit um 195 Euro niedriger aus. Umsatzsteuerlich kann er weiterhin den Vorsteuerabzug von 14 Euro geltend machen. Vorausgesetzt, er kann diese durch eine Rechnung nachweisen. Alternativ kann R nach § 23 Abs. 1 Nr. 1 UStG in Verbindung mit § 70 Abs. 1 UStDV (Anlage, Abschnitt A, Teil IV, Tz. 5) pauschale Vorsteuern von 2,6 Prozent des Nettoumsatzes geltend machen, mithin 52 Euro.

Fazit | Betriebsausgabenpauschalen sind eine gute Möglichkeit, den Gewinn auf einfachem Weg zu mindern. Nicht zuletzt auch deshalb, weil das BMF die Pauschalen ab dem Steuerjahr 2023 erhöht hat. SSP empfiehlt dennoch, die tatsächlichen Ausgaben trotzdem zumindest überschlägig zu ermitteln.

Weiterführender Hinweis
  • Das Thema „Betriebsausgabenpauschale“ interessiert Sie? Dann schauen Sie doch auch mal bei den SSP-Lehrvideos vorbei. Sie finden diese auf ssp.iww.de unter dem Reiter „Lehrvideos“. In Video Nr. 45 „Tagesmütter, Dozenten & Co.“ liefert Ihnen SSP alle Infos rund um die Betriebsausgabenpauschale für freibeurfliche Nebentätigkeiten.

ID: 49324885

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