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Immobilien„Nutzung zu eigenen Wohnzwecken“ nach § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG: Zählt auch die Mutter?
| Bei der „Nutzung zu eigenen Wohnzwecken“ i. S. v. § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 S. 3 EStG zählen nur Kinder, nicht aber die Mutter. Diese Auffassung vertritt zumindest das FG Düsseldorf. Es hat deshalb einem Steuerzahler-Ehepaar, dessen Anwesen die Mutter der Ehefrau bis zu ihrem Tod bewohnt hatte, die Steuerbefreiung der „Nutzung zu eigenen Wohnzwecken“ verweigert und den Veräußerungsgewinn der Immobilie der Besteuerung unterworfen. „Gegessen“ ist das Thema damit aber nicht. Die Steuerzahler haben nämlich Revision zum BFH eingelegt. |
Private Veräußerungsgeschäfte im Sinne des § 23 EStG
Grundsätzlich unterliegt die Veräußerung von privaten Wirtschaftsgütern nicht der Besteuerung. Besonderheiten bestehen jedoch bei Immobilien. Besitzen Sie eine Immobilie und veräußern diese, so handelt es sich um ein sog. privates Veräußerungsgeschäft i. S. v. § 22 Nr. 2 i. V. m. § 23 EStG. Sie müssen die Differenz zwischen dem Veräußerungserlös und Ihren Anschaffungskosten versteuern. Die Besteuerung vermeiden Sie in drei Fällen:
- 1 Das Grundstück wurde im Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken genutzt (§ 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 S. 3 EStG).... und die Ausnahmen von der Besteuerung
- 2. Das Grundstück wurde im Jahr der Veräußerung und den beiden vorangegangenen Jahren zu eigenen Wohnzwecken genutzt (wie 1.).
- 3. Zwischen Anschaffung und Veräußerung des Grundstücks liegen mehr als zehn Jahre (§ 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 S. 2 EStG).
Um diesen Fall ging es beim FG Düsseldorf
Im konkreten Fall hatte ein Ehepaar im Jahr 2009 eine Eigentumswohnung erworben und unentgeltlich an die Mutter der Ehefrau überlassen. Nach deren Tod im Jahr 2016 verkaufte das Paar die Wohnung. Unterhaltsleistungen an die Mutter nach § 33a EStG hatten sie bis zu deren Tod nicht geltend gemacht.
Das Finanzamt unterwarf den Veräußerungsgewinn der Wohnung der Einkommensteuer (§ 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG). Es war der Ansicht, dass die Überlassung an die Mutter – anders als eine Überlassung an unterhaltsberechtigte Kinder – keine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken nach § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 S. 3 EStG darstelle.
Das Ehepaar sah das anders. Es trug u. a. vor, dass es widersprüchlich sei, zwischen unterhaltsberechtigten Kindern und anderen zivilrechtlich unterhaltsberechtigten Personen zu differenzieren. Zudem habe der Gesetzgeber im damaligen § 4 Eigenheimzulagengesetz auch die Überlassung an Angehörige im Sinne des § 15 AO als unschädlich angesehen. Last but not least seien die zahlreichen Besuche der Tochter bei ihrer Mutter als Nutzung des Objekts zu eigenen Wohnzwecken anzusehen.
Die Entscheidung des FG Düsseldorf
Das FG hat sich der Auffassung des Finanzamt angeschlossen. Eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken habe nicht vorgelegen (FG Düsseldorf, Urteil vom 02.03.2023, Az. 14 K 1525/19 E,F, Abruf-Nr. 234584).
Das Ehepaar habe die Wohnung nicht selbst genutzt, weil bloße Aufenthalte zu Besuchszwecken nicht ausreichten.
Auch die Nutzung durch die Mutter könne dem Ehepaar nicht zugerechnet werden. Dies komme nur bei einer Überlassung an unterhaltsberechtigte Kinder (§ 32 EStG) in Betracht. Diese Differenzierung sei dadurch gerechtfertigt, dass bei Kindern typisierend eine Unterhaltspflicht und das Entstehen von Aufwendungen für die Eltern anzunehmen sei. Dagegen sei bei anderen unterhaltsberechtigten Angehörigen eine Einzelfallprüfung erforderlich. Dieser nicht unerhebliche Ermittlungsaufwand solle vermieden werden, zumal die Voraussetzungen des § 33a EStG für die Mutter nicht vorlägen.
§ 4 EigZulG führe aufgrund der unterschiedlichen Zweckrichtung zu keinem anderen Ergebnis. Denn während das EigZulG den Erwerb von Wohnungseigentum fördern solle, diene § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 S. 3 EStG dazu, die Besteuerung eines Veräußerungsgewinns bei Aufgabe eines Wohnsitzes und eine damit einhergehende Behinderung der beruflichen Mobilität zu vermeiden.
Musterprozess beim BFH anhängig
Das Ehepaar hat sich mit der Entscheidung des FG nicht einverstanen erklärt. Es hat die Revision zum BFH eingelegt. Der Musterprozess trägt das Az. IX R 13/23. Bis dato haben die Steuerzahler sie aber nicht eingelegt.
- Beitrag „Veräußerung einer Kindern überlassenen Wohnung: Steuerfalle kennen und vermeiden“, SSP 12/2022, Seite 16 → Abruf-Nr. 48748837
- Beitrag „Immobilien auf die nächste Generation übertragen: So gelingt es steueroptimal“, SSP 10/2022, Seite 14 → Abruf-Nr. 47982691
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