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PV-AnlagenSSP-Sonderausgabe zur PV-Anlagen-Besteuerung: Diese Fragen haben Leser noch gestellt
| Die SSP-Sonderausgabe „Neue Regeln bei der Photovoltaik-Besteuerung: Leitfaden für alle Anwendungsfragen“ mit Rechtsstand März 2023 ist von Ihnen sehr wertschätzend aufgenommen worden. Darüber freuen wir uns sehr. Viele Leser haben an SSP noch Detailfragen gerichtet. Weil die Redaktion davon ausgeht, dass sie von allgemeinem Interesse sind, werden sie nachfolgend beantwortet. |
Inhaltsverzeichnis
- 1. Profitieren Kapitalgesellschaften von den Neuerungen?
- 2. Was gilt für Vermieter von PV-Anlagen?
- 3. § 3 Nr. 72 EStG: Was gilt bei MFH mit Eigentumswohnungen?
- 4. § 3 Nr. 72 EStG: GbR-Anteil für Steuerfreiheit übertragen?
- 5. PV-Anlage auf Nebengebäude eines MFH – § 3 Nr. 72?
- 6. Grenzwertermittlung bei Wohnungs-Eigentümer in MPH
- 7. MFH-Dach mit alter und neuer PV-Anlage
1. Profitieren Kapitalgesellschaften von den Neuerungen?
§ 3 Nr. 72 EStG gilt für alle Steuerzahler und Mitunternehmerschaften. Über § 8 Abs. 1 KStG findet die Steuerbefreiung auch auf alle Kapitalgesellschaften Anwendung. Betreiben diese eine von § 3 Nr. 72 EStG begünstigte PV-Anlage, sind ab dem 01.01.2022 sämtliche daraus erzielten Erträge steuerfrei; Aufwendungen können gemäß § 3c EStG nicht mehr abgezogen werden. Da die Erträge und Aufwendungen regelmäßig innerhalb der Bilanz noch erfasst werden, ist es erforderlich, insoweit außerbilanzielle Korrekturen vorzunehmen.
2. Was gilt für Vermieter von PV-Anlagen?
§ 3 Nr. 72 EStG begünstigt nur die Einnahmen und Entnahmen im Zusammenhang mit dem Betrieb von PV-Anlagen. Da es sich bei den Einnahmen als Vermieter der PV-Anlage nicht um Einnahmen im Zusammenhang mit dem Betrieb der PV-Anlage handelt, werden diese Einnahmen von § 3 Nr. 72 EStG nicht begünstigt und steuerfrei gestellt.
3. § 3 Nr. 72 EStG: Was gilt bei MFH mit Eigentumswohnungen?
In einem Mehrfamilienhaus befinden sich 16 Wohneinheiten. Die Wohnungen werden teilweise vermietet und teilweise von den Eigentümern genutzt. Eine Gesellschaft bestehend aus Eigentümern und Dritten plant, auf dem Dach des Objekts eine PV-Anlage mit 99 kWp zu installieren. Fällt die Anlage unter § 3 Nr. 72 EStG? Kommt es zur gewerblichen Infizierung? Was gilt für die Umsatzsteuer?
§ 3 Nr. 72 EStG für die Mitunternehmerschaft
Der Betrieb der PV-Anlage erfolgt durch eine Mitunternehmerschaft. Bei dieser findet die in § 3 Nr. 72 Buchst. b) EStG verankerte Steuerbefreiung Anwendung, da
- die auf dem Objekt installierte Leistung je Einheit nicht mehr als 15 kWp beträgt (99 kWp / 16 Einheiten = 6,1875 kWp) und
- der Grenzwert von 100 kWp nicht erreicht wurde.
Das gilt auch für die durch die Gesellschafter genutzten Einheiten.
Keine gewerbliche Infizierung
Da die PV-Anlage einen steuerfreien Gewerbebetrieb darstellt, kommt es nicht zu einer gewerblichen Infizierung der Gesellschaft nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG (vgl. § 3 Nr. 72 S. 3 EStG). Soweit Gesellschafter ihre Wohneinheiten an Dritte vermieten, erzielen sie folglich weiterhin Einkünfte i. S. v. § 21 EStG.
Vorsteuerabzug und Umsatzversteuerung
Die Lieferung der PV-Anlage unterliegt gemäß § 12 Abs. 3 UStG dem Steuersatz von null Prozent, sodass sich insoweit kein Vorsteuerabzug ergibt. Gilt für die Gesellschaft die Kleinunternehmerregelung, bestehen damit keine umsatzsteuerlichen Konsequenzen. Gilt für die Gesellschaft hingegen die Regelbesteuerung (z. B. weil die Umsatzgrenze überschritten wird), dann unterliegt der Erlös für den veräußerten Strom der Umsatzsteuer zu 19 Prozent. Das gilt sowohl für den an den Netzbetreiber veräußerten wie auch für den durch die Mieter bzw. Eigentümer genutzten Strom.
4. § 3 Nr. 72 EStG: GbR-Anteil für Steuerfreiheit übertragen?
Eine Ehegatten-GbR (50/50) betreibt eine PV-Anlage mit 90 kWp auf einem landwirtschaftlichen Gebäude. Wenn die Ehegatten den halben Gesellschaftsanteil auf ihre Tochter übertragen, kann dann die Steuerbefreiung im Sinne des § 3 Nr. 72 EStG genutzt werden? Dann verfügt ja jeder Gesellschafter rechnerisch über 30 kWp.
§ 3 Nr. 72 Buchst. a) EStG und Mitunternehmerschaften
Der Betrieb der PV-Anlage auf einem landwirtschaftlich genutzten Gebäude ist ab dem 01.01.2022 gemäß § 3 Nr. 72 Buchst. a) EStG steuerfrei, wenn die PV-Anlage lt. Marktstammdatenregister (MaStR) über eine installierte Bruttoleistung von bis zu 30 kWp verfügt. Das gilt auch für Mitunternehmerschaften. Vollkommen unerheblich ist es dabei, wie viele Gesellschafter an der Mitunternehmerschaft beteiligt sind. Deshalb ändert sich auch nichts daran, wenn die Ehegatten jeweils den hälftigen Gesellschaftsanteil auf ihre Tochter übertragen. Zwar entfallen dann rechnerisch auf jeden Gesellschafter 30 kWp, für die Steuerbefreiung sind jedoch weiterhin die insgesamt im MaStR eingetragenen 90 kWp maßgebend. Entsprechend wäre auch eine allein von den Ehegatten betriebene PV-Anlage mit 35 kWp nicht nach Maßgabe des § 3 Nr. 72 Buchst. a) EStG steuerfrei, da der Grenzwert von 30 kWp überschritten wird.
Getrennte Anlagen auf mehreren Gebäuden?
Handelt es sich um getrennte Anlagen auf mehreren Gebäuden, sollte geprüft werden, ob sich die Trennung auch im MaStR nachvollziehen lässt. Kommt es dann nämlich dazu, dass eine (oder mehrere) Anlagen die Grenze von 30 kWp nicht überschreiten, dann ist (sind) diese steuerfrei.
Hinsichtlich des Betrags von 100 kWp wird übrigens ebenfalls isoliert auf den Steuerzahler bzw. die Mitunternehmerschaft abgestellt. Sollte eine Mitunternehmerschaft 300 kWp (Anteil Stpfl. 150 kWp) und der Steuerzahler selbst alleine 29 kWp betreiben, wäre die Anlage des Steuerzahlers (29 kWp) unter den übrigen Voraussetzungen des § 3 Nr. 72 EStG steuerfrei.
5. PV-Anlage auf Nebengebäude eines MFH – § 3 Nr. 72?
Gilt die in § 3 Nr. 72 Buchst. b) EStG verankerte Steuerbefreiung auch für PV-Anlagen, die auf einem Nebengebäude eines Mehrfamilienhauses installiert wurden (z. B. Garage, Gartenhaus, Schuppen)?
Antwort | Ja, denn die Steuerbefreiung umfasst lt. Wortlaut „auf, an oder in sonstigen Gebäuden vorhandene Photovoltaikanlagen“. Solange es sich bei dem Nebengebäude also um ein Gebäude handelt, sind auch auf einem Nebengebäude installierte PV-Anlagen begünstigt. Es ist kein Grund ersichtlich, weshalb eine auf dem Dach des Mehrfamilienhauses und eine auf dem Dach einer zum Mehrfamilienhaus gehörenden Garage unterschiedlich zu behandeln wären.
6. Grenzwertermittlung bei Wohnungs-Eigentümer in MPH
Kann der Eigentümer einer Wohnung in einem Mehr-Parteien-Haus (MPH – hier fünf Parteien) auf dem Dach eine PV-Anlage mit mehr als 15 kWp installieren und von der Steuerbefreiung in § 3 Nr. 72 Buchst. b) EStG profitieren? Oder wird, da ihm nur eine Wohnung gehört, hinsichtlich der kWp-Grenze nur auf die ihm gehörende Wohnung abgestellt?
Antwort | Für die Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 72 Buchst. b) EStG kommt es auf die installierte Bruttoleistung lt. Marktstammdatenregister je Wohn- oder Gewerbeeinheit innerhalb des Objekts an. Vollkommen unerheblich ist es, wem genau die Wohn- oder Gewerbeeinheit gehört. Installiert ein Eigentümer einer Wohnung eines Fünf-Parteien-Hauses also auf dem Dach eine PV-Anlage mit bis zu 75 kWp, findet folglich die Steuerbefreiung Anwendung (75 / 5 = 15 kWp je Einheit). Das gilt selbst dann, wenn dem Betreiber der PV-Anlage überhaupt keine Wohnung in dem Objekt gehören sollte, er also die Dachfläche vollständig anpachtet.
7. MFH-Dach mit alter und neuer PV-Anlage
Auf dem Dach eines Mehrfamilienhauses befinden sich zwei PV-Anlagen. Anlage 1 wurde 2015 in Betrieb genommen. Für diese Anlage wurde gemäß BMF-Schreiben vom 29.10.2021 Liebhaberei beantragt. Anlage 2 wurde 2023 in Betrieb genommen. Für diese Anlage soll geprüft werden, ob die in § 3 Nr. 72 EStG verankerte Steuerbefreiung gilt. Ist in den Vergleich der installierten Leistung in kWp mit dem Grenzbetrag von 30 kWp (Buchst. a) bzw. 15 kWp je Einheit (Buchs. b) auch die PV-Anlage 1 zu einzubeziehen, sodass die Leistungen beider Anlagen zu addieren sind?
Antwort | Ja, für die Prüfung der Grenzwerte sind die installierten Leistungen beider PV-Anlagen zu addieren. Zudem ist zu beachten, dass die beantragte Liebhaberei für die PV-Anlage 1 ohnehin ab dem Jahr entfällt, in dem die Grenze von insgesamt zehn kWp überschritten wird (BMF, Schreiben vom 29.10.2021, Rz. 11).
AUSGABE: SSP 5/2023, S. 22 · ID: 49268883