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EinkommensteuerNaturschutzrechtliche Ausgleichsmaßnahmen: Wie sind Entgelte zu versteuern?
| Müssen Sie Entgelte, die Sie aus der Überlassung von Grundstücken zum Zwecke des Ausgleichs von Eingriffen in die Natur erhalten, sofort bei Zufluss versteuern oder können Sie sie auf eine bestimmte Laufzeit verteilen? Mit dieser Frage muss sich der BFH befassen. Das FG Schleswig-Holstein ist der Ansicht, dass an einer Sofortversteuerung kein Weg vorbeigeht, wenn die Kündigung des Überlassungsvertrags für 30 Jahre ausgeschlossen ist und weitere Anhaltspunkte für eine Befristung nicht vorliegen. |
Landwirt stellt Flächen zur Verfügung
Im konkreten Fall hatte ein Landwirt landwirtschaftliche Flächen für naturschutzrechtliche Ausgleichsmaßnahmen und zur Generierung sogenannter Ökopunkte zur Verfügung gestellt und dafür eine Nutzungsentschädigung erhalten. Das Finanzamt ordnete diese den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zu und bezog sich dabei auf ein BFH-Urteil (vom 20.07.2018, Az. IX R 3/18, Abruf-Nr. 205984). Die beantragte Verteilung der Entschädigung auf 20 Jahre verweigerte das Amt. Dagegen klagte der Landwirt.
FG Schleswig-Holstein versagt Verteilung des Entgelts auf 20 Jahre
Das FG schmetterte die Klage ab. Es entscheid, dass der Landwirt die Zahlung komplett im Zuflussjahr versteuern musste – und begründete das u. a. wie folgt (FG Schleswig-Holstein, Urteil vom 09.11.2022, Az. 2 K 217/21, Abruf-Nr. 234566):
- Der Landwirt konnte die Zahlungen nicht nach § 11 Abs. 1 S. 3 i. V. m. § 11 Abs. 2 S. 3 EStG auf die Laufzeit von 20 Jahren verteilen, da ein konkreter Zeitraum von mehr als fünf Jahren weder bestimmt noch bestimmbar war. Für die Anwendung des § 11 Abs. 1 S. 3 i. V. m. § 11 Abs. 2 S. 3 EStG genügt nicht schon der Abschluss eines unbefristeten, ordentlich kündbaren Vertrags über eine Nutzungsüberlassung.
- Allein der Ausschluss der ordentlichen Kündigungsmöglichkeit über 30 Jahre führt nicht dazu, dass die Laufzeit des im Streitfall zu beurteilenden Vertrags bestimmbar ist. Zwar führt der Ausschluss der ordentlichen Kündigungsmöglichkeit dazu, dass der Vertrag auf mindestens 30 Jahre ausgelegt ist und somit von einer Mindestlaufzeit auszugehen ist. Der Ausschluss der ordentlichen Kündigungsmöglichkeit ist jedoch mit einer Befristung nicht zu vergleichen. Im Streitfall ist zur Beendigung des Vertrages ein aktives Handeln der Vertragsparteien erforderlich, das in ihrem Belieben steht. Auch nach Ablauf der 30 Jahre ist ein Vertragsende somit nicht zwangsläufig, weshalb sich die Konstellation von einer Befristung oder einer auflösenden Bedingung wesentlich unterscheidet.
Wichtig | Der Landwirt hat Revision eingelegt, der Musterprozess ist beim BFH unter dem Az. IX R 18/22 anhängig.
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