FeedbackAbschluss-Umfrage

WerbungskostenArbeitszimmer in der nichtehelichen Lebensgemeinschaft: Wer kann was abziehen?

Abo-Inhalt06.10.20229313 Min. Lesedauer

| Auch wenn nur ein Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft das Arbeitszimmer in der gemeinsam angemieteten Wohnung nutzt, kann er den vollen Werbungskostenabzug geltend machen, sofern er entsprechende Aufwendungen getragen hat. Das hat das FG Düsseldorf entschieden. |

Der Fall beim FG Düsseldorf

Im konkreten Fall ging es um einen Vertriebsleiter, der nichtselbstständig tätig war. Zum 01.01.2018 hatte er zusammen mit seiner Lebenspartnerin ein Einfamilienhaus zu eigenen Wohnzwecken angemietet. Das Objekt hat eine Wohnfläche von 150 qm. Darin befinden sich u. a. zwei 15 qm große Zimmer, von denen jeder der Partner eines als Arbeitszimmer nutzt.

Vertriebler macht Arbeitszimmerkosten voll geltend

In seiner Einkommensteuererklärung 2018 machte der Vertriebler Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer in Höhe von 2.661 Euro als Werbungskosten geltend. Es handelt sich hierbei um zehn Prozent (15 qm von 150 qm) der auf das Haus entfallenden Kosten (Miete 24.000 Euro, Nebenkosten 1.800 Euro, Strom 624,83 Euro, Hausratversicherung 182,40 Euro).

Finanzamt mit eigener Rechenmethode

Das Finanzamt kürzte die erklärten Aufwendungen, obwohl das Arbeitszimmer nachweislich den Mittelpunkt der beruflichen Tätigkeit dargestellt hatte. Die Kosten seien nur insoweit abziehbar, als sie tatsächlich vom Vertriebler getragen worden seien. Befinde sich ein Arbeitszimmer in einer von Lebensgefährten gemeinsam angemieteten Wohnung, seien die anteilige Miete und die anteiligen Energiekosten beiden Mietern jeweils zur Hälfte zuzurechnen. Im Streitfall würden auf das Arbeitszimmer Kosten in Höhe von 2.661 Euro entfallen, die der Kläger jedoch nur zur Hälfte bezahlt habe und die deshalb bei ihm auch nur zur Hälfte als Werbungskosten abzugsfähig seien. Die Rechtsprechung zu Drittaufwand bei Ehegatten sei bei nichtehelichen Lebensgemeinschaften nicht anwendbar. Deshalb seien hier nur 1.330 Euro (50 Prozent von 2.661 Euro) als Werbungskosten abziehbar.

FG Düsseldorf überstimmt das Finanzamt

Der Vertriebler zog vor Gericht und gewann (FG Düsseldorf, Urteil vom 09.09.2022, Az. 3 K 2483/20 E, Abruf-Nr. 231542). Hier die Begründung:

Mietaufwand als Werbungskosten

Für die Beurteilung, in welchem Umfang Mietaufwendungen als Werbungskosten abzugsfähig sind, gelten die für die Abzugsfähigkeit von Anschaffungs- oder Herstellungskosten entwickelten Grundsätze (BFH, Urteil vom 23.09.2009, Az. IV R 21/08, Abruf-Nr. 100267).

Getragener Aufwand entscheidet über Abzug bei Ehegatten

Ein Werbungskostenabzug kommt maximal in der Höhe in Betracht, in der der Steuerzahler Aufwendungen getragen hat. Dies gilt auch bei Ehegatten. Denn die anteilig auf einen Ehegatten entfallenden und von diesen getragenen Aufwendungen mindern nicht die Leistungsfähigkeit des anderen.

Erwerben oder errichten Eheleute eine Eigentumswohnung zu Miteigentum, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass jeder von ihnen die Anschaffungs- oder Herstellungskosten entsprechend seinem Miteigentumsanteil getragen hat, und zwar unabhängig davon, wie viel er tatsächlich aus eigenen Mitteln dazu beigetragen hat. Sind die finanziellen Beiträge unterschiedlich hoch, hat sowohl zivil- als auch steuerrechtlich der Ehegatte, der aus eigenen Mitteln mehr beigesteuert hat, das Mehr seinem Ehegatten mit der Folge zugewandt, dass jeder von ihnen so anzusehen ist, als habe er die seinem Anteil entsprechenden Anschaffungs- oder Herstellungskosten selbst getragen. Infolgedessen kann jeder Ehegatte Absetzung für Abnutzung (AfA) grundsätzlich nur entsprechend seinem Miteigentumsanteil als Werbungskosten abziehen (BFH, Urteil vom 06.12.2017, Az. VI R 41/15, Abruf-Nr. 200488).

Verteilung der AfA und Arbeitszimmer-WK sind aber zwei Paar Schuhe

Die Verteilung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten auf die Ehegatten nach Miteigentumsanteilen hat nicht zur Folge, dass die Kosten für ein Arbeitszimmer nur anteilig abzugsfähig sind. Denn ausschlaggebend für den Werbungskostenabzug ist nicht der Umfang des (Mit-)Eigentums an einem Wirtschaftsgut, sondern ob der Steuerpflichtige Aufwendungen im beruflichen Interesse trägt. Nutzt ein Miteigentümer im Rahmen seines Miteigentumsanteils einen Teil des Wirtschaftsguts (Arbeitszimmer) zur Einkünfteerzielung alleine, sind die von ihm getragenen Anschaffungs- oder Herstellungskosten vorrangig diesem Raum zuzuordnen.

Anders als sein Miteigentumsrecht bezieht sich sein Nutzungsrecht auf den ganzen Raum. Nutzt der Steuerzahler aber ein Arbeitszimmer in vollem Umfang aus eigenem Recht, dann sind auch die eigenen anteiligen Anschaffungs- oder Herstellungskosten als im Interesse dieser Nutzung aufgewendet anzusehen und damit als beruflicher Aufwand zu berücksichtigen (BFH, Beschluss vom 23.08.1999, Az. GrS 5/97, Abruf-Nr. 99900).

Die Folgen für den WK-Abzug bei nicht ehelichen Lebenspartnern

Übertragen auf Mietaufwendungen des nicht verheirateten Klägers ergibt sich aus den o. g. Grundsätzen das Folgende: Wird eine Wohnung von mehreren Personen angemietet und nutzt ein Mieter einen Raum zur Einkünfteerzielung alleine, dann sind die auf diesen Raum entfallenden Aufwendungen – in den von § 9 Abs. 5, § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6b EStG gezogenen Grenzen – bei ihm in voller Höhe als Werbungskosten oder Betriebsausgaben abzugsfähig, sofern der Nutzende Aufwendungen in mindestens dieser Höhe getragen hat. Eine nur hälftige Abzugsfähigkeit der tatsächlich vom Kläger getragenen vollen Aufwendungen wäre mit dem Grundgedanken des objektiven Nettoprinzips unvereinbar.

Beispiel

Anton und Bärbel mieten gemeinsam eine Wohnung (150 qm). Sie zahlen jährlich 24.000 Euro Miete plus 2.600 Euro andere Kosten. Jeder zahlt 50 Prozent. Anton nutzt in der Wohnung alleine ein unbeschränkt abzugsfähiges Arbeitszimmer (15 qm/zehn Prozent).

Lösung: Nach Auffassung des Finanzamts kann Anton fürs Arbeitszimmer nur 1.330 Euro geltend machen (26.600 Euro x zehn Prozent x 50 Prozent Kostenanteil). Anders das FG Düsseldorf. Nach seiner Auffassung kann Anton 2.660 Euro (zehn Prozent von 26.600 Euro) als Arbeitszimmer-Kosten beteiligen, weil er sich zu mehr als 2.660 Euro an den Kosten der gemeinsamen Wohnung beteiligt hat.

Rechtsprechung verfestigt sich

Wichtig für Sie ist, zu wissen, dass sich mit dem Urteil des FG Düsseldorf die Rechtsprechung zum Werbungskostenabzug fürs häusliche Arbeitszimmer bei nichtehelichen Lebensgemeinschaften verfestigt. Vor dem FG Düsseldorf hat nämlich auch schon das FG München der Berechnungsmethode des Fiskus eine Absage erteilt (FG München, Urteil vom 02.03.2021, Az. 10 K 1251/18, Abruf-Nr. 223940). Der das Arbeitszimmer nutzende Partner kann sämtliche auf das Arbeitszimmer entfallenden Kosten geltend machen, wenn er mindestens entsprechend hohe Kosten der gesamten Wohnung getragen hat.

Was sagt der BFH?

Während die Münchner Entscheidung damals rechtskräftig geworden war, sieht das im Fall des FG Düsseldorf anders aus. Das FG hat die Revision zum BFH zugelassen, das Finanzamt hat sie eingelegt. Der BFH kann damit ein Machtwort sprechen und für klare Verhältnisse sorgen. Das Verfahren trägt das Az. VI R 17/22.

Fazit | Durch die Entscheidungen des FG Düsseldorf und des FG München besteht nun eine hinreichend rechtssichere Parallele zu gemeinschaftlichem Eigentum bzw. Miete bei Ehegatten. Nutzt ein Miteigentümer das Arbeitszimmer alleine, ist davon auszugehen, dass er Anschaffungs- oder Herstellungskosten aufgewendet hat, um diesen Raum insgesamt zu nutzen (Eigentum – BFH, Beschluss vom 23.08.1999, Az. GrS 5/97, Abruf-Nr. 99900; Miete – BFH, Urteil vom 15.12.2016, Az. VI R 86/13, Abruf-Nr. 192063). Das ist in Zeiten, in denen Home-Office auch im Arbeitnehmerbereich zunimmt und für manche Tätigkeiten (z. B. im Agenturbereich) gar keine Büroarbeitsarbeitsplätze mehr vorgehalten werden, ein wichtiges Signal. Es wäre zu hoffen, dass der BFH diese Sichtweise höchstrichterlich absegnet.

AUSGABE: SSP 11/2022, S. 12 · ID: 48628510

Favorit
Teilen
Drucken
Zitieren

Beitrag teilen

Hinweis: Abo oder Tagespass benötigt

Link
E-Mail
X
LinkedIn
Xing
Loading...
Loading...
Loading...
Heft-Reader
2022

Bildrechte