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Honorargestaltung„Sachnachträge“ richtig stellen und Zusatzhonorare für verzögerte Abwicklung durchsetzen
| Das Thema „Honoraranpassung bei verzögerter Vertragsabwicklung“ war jüngst mehrere Male Gegenstand der PBP-Berichterstattung. Aus aktuellem Anlass erfolgt eine weitere Befassung. In dem konkreten Fall aus der Praxis war die Bestandsaufnahme zu spät vom Auftraggeber beauftragt und durchgeführt worden. Die Folgen waren nicht nur eine Vielzahl von Planungsänderungen, sondern auch eine veritable Verlängerung der Planungs- und Ausführungszeit. Erfahren Sie, wie Sie das Verzögerungshonorar in solchen Fällen richtig geltend machen. |
Wahl der richtigen Anspruchsgrundlage ist das A und O
Hier lohnt zunächst ein Blick auf die rechtlichen Grundlagen. Ein Verzögerungshonorar können Sie nur durchsetzen, wenn Sie Ihr Honoraranspruchsbegehren auf die richtige rechtliche Anspruchsgrundlage gestützt haben. Hier ist es wichtig zu wissen, dass es unterschiedliche Ausgangslagen gibt, die Verzögerungen (und Anspruch auf Verzögerungshonorar) auslösen. Das können bspw. sein
- „normale“ Planungsänderungen,
- Planungsänderungen, die zu einem Zeitpunkt erfolgen, zu dem auf der Baustelle bereits ausgeführt wird (diese bewirken neben dem Anspruch auf Änderungshonorar auch Zusatzhonorar wegen verlängerter Bauüberwachung),
- zusätzliche Leistungen mit Auswirkungen auf die weiteren Termine (z. B. eine deutlich verspätet beauftragte Bestandsaufnahme, die zu Planungsänderungen und Verzögerungen bei der Bauüberwachung führt.... Nachtrag auf die richtige Anspruchsgrundlage stützen
Praxisfall: Nachträgliche Leistungen verlängern Lph 8
PBP problematisiert nachfolgend den dritten Fall: Eine zu spät beauftragte Bestandsaufnahme, die nicht nur zu Mehraufwand bei der Planung geführt, sondern auch die Bauüberwachung verlängert hat, weil die Ausführung auf der Baustelle bereits begonnen worden war und terminliche Umorientierungen im Zuge der Ausführungstermine erforderlich wurden.
Diesen Abrechnungsfallstrick müssen Sie vermeiden
Bei der Nachtragsgestaltung müssen Sie in solchen Fällen aufpassen. Oft ist es, dass der Nachtrag zum Zusatzaufwand (für die Planung) zwar sachgerecht aufgestellt wird. Es wird aber nicht bedacht, dass die nachträglich beauftragte Bestandsaufnahme auch zu Verlängerungen und damit auch zu Mehraufwand in der Lph 8 führen kann.
Viele Bauherrn sagen dann, dass dieser Mehraufwand in der Lph 8 mit dem Nachtragshonorar schon abgegolten sei. Die Rechtsprechung stützt Sie an dieser Stelle nicht. Genau diesen Fallstrick sollten Sie deshalb unbedingt vermeiden.
Beispiel |
Von der um acht Monate verlängerten Lph 8 gehen zwei ... Die verspätete Bestandsaufnahme führt dazu, dass ein Werk nicht zum 15.03.2023 fertiggestellt und in Betrieb genommen werden kann, sondern erst am 15.11.2023. Die Verlängerung der Lph 8 beträgt also acht Monate. Davon gehen zwei Monate auf das Konto der verspäteten Bestandsaufnahme. ... auf das Konto der verspäteten Bestandsaufnahme Reichen Sie in diesem Fall ein Nachtragsangebot über die zusätzliche Bestandsaufnahme ein, das so vereinbart wird, stellt sich die Frage, ob Sie auch das – speziell wegen der zu späten Bestandsaufnahme entsprechende anteilige – verlängerungsbedingte Honorar für die Bauüberwachung später, wenn das gesamte Verzögerungshonorar beansprucht wird, noch erfolgreich einfordern können. |
Nimmt der Auftraggeber das Nachtragsangebot an, das nur Ihre Zusatzaufwendungen für die Bestandsaufnahme enthält (ohne die o. g. anteiligen verzögerungsbedingten Aufwendungen), darf er ggf. davon ausgehen, dass er damit (im Verhältnis zu Ihnen) alle honorartechnischen Auswirkungen aus der Bestandsaufnahme geregelt hat. Beanspruchen Sie dann Monate später das Zusatzhonorar für die verlängerte Lph 8, könnte es Durchsetzungsprobleme für den anteiligen Zeitraum von zwei Monaten geben, der durch die späte Bestandsaufnahme verursacht wurde.
Der Auftraggeber könnte den durch die Bestandsaufnahme angefallenen zusätzlichen Zeitbedarf der rein terminlich aufgestellten Honorarforderung gegenrechnen (also acht Monate ./. zwei Monate = sechs Monate). Er würde das damit begründen, dass zusätzliche Leistungen naturgemäß immer mit zusätzlichem Zeitaufwand für die Nachtragsleistungen verbunden sind und dies dann im Nachtrag für die Bestandsaufnahme bereits gewürdigt sein muss.
Ihre Strategie: Nachtragskalkulation nachvollziehbar machen
Damit Sie für Ihr Planungsbüro von Anfang an kalkulatorische Klarheit erreichen, lohnt ein Blick in das Werkvertragsrecht der Bauausführung mit der dortigen Rechtsprechung, die auch für Planer anwendbar ist (Werkvertragsrecht). Danach gilt sinngemäß Folgendes:
- Wird ein Nachtrag wegen einer zusätzlichen Bestandsaufnahme oder Planungsänderungen gestellt, bei dem neben dem unmittelbaren Aufwand ergänzend terminliche Auswirkungen im Zuge der noch bevorstehenden weiteren Bauüberwachung anfallen, ist die damit verbundene terminliche Auswirkung (und die damit einhergehende geforderte Mehrvergütung) bereits im Planernachtrag zu berücksichtigen.
- Ist die terminliche Auswirkung auf die Dauer der weiteren Bauüberwachung noch nicht konkret absehbar, muss im Planernachtrag bzw. der entsprechenden Änderungsvereinbarung zumindest Klarheit geschaffen werden, dass die mit der Zusatzleistung verbundenen Honorare noch nicht etwaige Verlängerungen der Bauüberwachung beinhalten. Mindestens sollten Sie einen entsprechenden Vorbehalt in Ihr Nachtragsangebot und die Nachtragsvereinbarung aufnehmen.Nachtragsangebote entsprechend ausflaggen
Wichtig | § 650b BGB regelt, dass Planungsbüros bei Nachträgen zum Planungsvertrag die Nachträge aufstellen müssen. Deshalb liegt es in der Natur eines Nachtragsangebots, insoweit selbst Klarheit zu schaffen und die Honorarforderung aktiv zu steuern. Sie als Planer sollten im Ergebnis entscheiden, wie Sie damit im Tagesgeschäft umgehen und Honorarverluste vermeiden. Eine spätere Durchsetzung ist erfahrungsgemäß schwieriger. Wenn Sie die terminlichen Auswirkungen (und diesbezüglichen Honorarforderungen) schon im Rahmen des Nachtragsangebots berücksichtigen, erfüllen Sie automatisch auch Ihre Beratungspflichten und die Hinweise auf Regelungen mit anderen – auch von der Änderung betroffenen – Planungsbeteiligten.
Gerichte stützen diese Vorgehensweise
Gerichte stützen diese Vorgehensweise übrigens. In einem ähnlichen Fall hat das OLG München (Urteil vom 26.06.2012, Az. 9 U 3604/11 Bau, Abruf-Nr. 232637; rechtskräftig durch Zurückweisung der NZB, BGH, Beschluss vom 05.06.2014, Az. VII ZR 212/12) nämlich Folgendes verlautbart:
Wortlaut OLG München |
Auch bauzeitabhängige Zusatzaufwendungen müssen ins Nachtragsangebot „Nachtragsvereinbarungen sind (den jeweiligen Anlass betreffend) abschließende Regelungen. Der Auftragnehmer/Planer muss deshalb bei Leistungsnachträgen auch die bauzeitabhängigen Zusatzaufwendungen in sein Nachtragsangebot aufnehmen oder zumindest deutlich machen, dass diese Kosten darin nicht enthalten sind. Andernfalls ist er mit der Geltendmachung bauzeitabhängiger Mehrkosten ausgeschlossen.“ |
Damit hat das OLG praktisch aufgefordert, schon im Nachtragsangebot den Zusatzaufwand bei Lph 8 zu inkludieren oder mindestens einen entsprechenden Vorbehalt zu erklären, damit sich der Auftraggeber darauf einrichten kann und der Anspruch nicht verloren geht.
So kann Ihre Korrespondenz mit dem Bauherrn aussehen
Besonders betroffen sind späte Änderungen der Planung, die also erst kurz vor oder während der Bauausführung beauftragt werden. Wichtig ist, dass
- die Änderung (im nachstehenden Beispiel mit 55.000 Euro kalkuliert) vom Aufraggeber veranlasst worden ist und
- klar ist, was konkret zu ändern ist.
Nutzen Sie das nachfolgende Musternachtragsangebot, das konkret die Termine und das Honorar betrifft. Es sorgt für Klarheit.
Musternachtrag / Textauszug nur zu Verzögerungen |
Durch die oben genannte – nunmehr durchzuführende – Bestandsaufnahme (oder Planungsänderungsaufwand) benötigen wir (inkl. der Koordination mit den weiteren Projektbeteiligten) zwei Monate mehr an Zeit. Wie Sie wissen, hatten wir die Bestandsaufnahme bereits im Zuge der Lph 1 als erforderlich vorgeschlagen. Die derzeit hohe Büroauslastung erlaubt es uns nicht, die oben genannten zusätzlichen Leistungen auszuführen, ohne dass andere jetzt zu erbringende Leistungen terminlich verzögert werden. |
Verlängerung der Objektüberwachung explizit ansprechen Das bedeutet, dass neben dem Aufwand der Bestandsaufnahme/Planungsaufwand, der wie o. e. mit einem Honorar in Höhe von 55.000 Euro verbunden ist, auch eine Verlängerung der bereits laufenden Bauüberwachung (Lph 8) um zwei Monate einhergeht. Denn die aus der Bestandsaufnahme resultierenden Planungsänderungen führen dazu, dass sich auch Bauarbeiten zumindest anteilig verzögern. Hinzu kommt, dass Terminregelungen mit den ausführenden Firmen ebenfalls neu disponiert werden müssen. Für die gegenüber der ursprünglichen Terminvereinbarung gemäß … dieses Vertrags insoweit verlängerte Erbringung der Bauüberwachung (und die Änderung der bereits vereinbarten Terminabläufe) rechnen wir mit einem Zusatzaufwand von zwei Monaten, den wir mit ca. 12.000 Euro netto kalkulieren und Ihnen hiermit anbieten. Dieser Aufwand ist erforderlich, um eine nach wie vor geordnete – terminlich neu ausgerichtete – Bauausführung zu ermöglichen. Nachtrag transparent gestalten Damit setzt sich unser Nachtragsangebot für die o. g. Planungsänderung wie folgt zusammen: |
Fazit | Stellen Sie alle Nachtragsforderungen nach dem o. g. Prinzip auf, gibt es später keine unangenehmen Diskussionen mit dem Auftraggeber. Will er Ihnen die rein verlängerungsbedingte Honorarposition (hier 12.000 Euro) noch nicht beauftragen, sollten Sie im Zuge der Nachtragsunterzeichnung einen entsprechenden Vorbehalt vornehmen. Weigert sich der Auftraggeber beharrlich, überhaupt etwas zu unterschreiben, haben Sie alles in Ihren Möglichkeiten stehende ordnungsgemäß erfüllt und können die Honorarforderung zum richtigen Zeitpunkt durchsetzen. Vermeiden Sie es tunlichst, mit Ihren Forderungen erst gegen Projektende vorstellig zu werden. Dann wird, wie es auch das OLG München klargestellt hat, die Durchsetzung dieser Verzögerungsanteile schwer oder gar unmöglich. |
- Sonderausgabe „Honoraranpassung mit und ohne rechtliche Anspruchsgrundlage: So führt Ihr Nachtrag zum Erfolg“, pbp.iww.de → Abruf-Nr. 48762758Mehr zum Thema
- Beitrag „Bauzeitverzögerung: OLG Köln etabliert neue Berechnungsmethode für Zusatzhonorar“, PBP 12/2022, Seite 4 → Abruf-Nr. 48733858
- Beitrag „Unverschuldete Bauzeitverzögerung: So leiten Sie Lph 8-Zusatzhonorar her und setzen es durch“, PBP 7/2022, Seite 4 → Abruf-Nr. 48417573
AUSGABE: PBP 1/2023, S. 4 · ID: 48830630