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PlanungsleistungenPlanungsleistungen im Holzbau: So kann ein „Holzbau-Abwicklungsmodell“ aussehen (Teil 2)

Abo-Inhalt26.12.202210199 Min. LesedauerVon Architekt Dipl.-Ing. Dominik Philipp und Dipl.-Ing. Dipl. Wirtsch.-Ing. Martin Vielhauer, Honorarsachverständiger Technische Ausrüstung

| Getrieben durch ESG und das nachhaltige Bauen beschäftigen sich immer mehr Bauherrn mit den Möglichkeiten des Holzbaus. Um dessen Vorteile auszuschöpfen, müssen aber auch neue Wege im Planungsablauf beschritten werden; in allen Leistungsbildern. Und zwar sowohl bei den Planungsinhalten als auch bei der Vergütung. In der Dezember-Ausgabe hat Ihnen PBP die Grundzüge der „Planungsablaufphasenplanung“ vorgestellt. Um Ihnen die praktische Anwendung zu erleichtern, folgt hier die Darstellung eines konkreten „Abwicklungsmodells“. |

Hintergrund und Ziele des Abwicklungsmodells

Es gibt im Holzbau nicht „das eine“ Abwicklungsmodell. Es muss vielmehr aus den spezifischen Projekterfordernissen abgeleitet werden.

Diese Parameter beeinflussen das Abwicklungsmodell

Dabei spielen viele Parameter eine Rolle. Das gilt z. B. für die Region, ihre Holzbauunternehmensstruktur mit regional typischen Konstruktionen, Fertigungshallen und Maschinenparks und etwaigen Einschränkungen der Transportkilometer für vorgefertigte Elemente.

Das gilt für die Projekttypologie (Bürogebäude, Wohnungsbau, Industriegebäude) mit ihren Auswirkungen auf die Systematisierung, den Grad der Vorfertigung bzw. den Freiheitsgrad der Änderungen während der Projektierung (Stichwort Sonderwunsch im Wohnungsbau). Und auch der Freiheitsgrad von Nebenangeboten unternehmensbezogener Holzbausysteme als alternative Lösungsmöglichkeiten zum geplanten konstruktiven System hat einen bedeutenden Einfluss auf Ablauf und auszuarbeitende Planungsleistungen.

Die „Mehrphasen-Ausschreibung“ als konkretes Abwicklungsmodell

Um die Veränderung im Planungsprozess darzustellen, wird nachfolgend eine Variante einer Planungsphasenreihenfolge dargestellt. Diese Variante sieht einen mehrstufigen Involvierungsprozess des ausführenden Holzbauunternehmens in sehr frühen Projektleistungsphasen vor. Dabei wird nicht DAS eine konstruktive System durch die Planer entwickelt, durchgeplant und zu einem relativ späten Zeitpunkt (Lph 6) ausgeschrieben. Ausführende Holzbauunternehmen werden frühzeitig über das Projekt informiert. So können regional spezifische sowie technisch sinnvolle konstruktive Änderungen schon in der Planung berücksichtigt werden und führen im besten Fall zur ökonomisch und technisch optimierten Lösung, die auch noch auf den Kontext (Projekt, Region, Unternehmensstruktur) maßgeschneidert ist. In der Tabelle werden Teile der Stufen exemplarisch beschrieben und ein Vorschlag zur Honorierung unterbreitet (rechte Spalte).

Mehrphasen-Ausschreibung im Holzbau

Phase

Leistung

Zieldokument

Honorar-modell Planer

Initiierungsphase

Bedarf

Gemeinsame Entwicklung und Definition des Projektziels im kompletten Planungsteam (Workshop, Planer Haus) und Bauherrn

  • Kostenrahmen
  • Flächenvorgaben
  • Termine
  • Qualitäten
  • Nachhaltigkeit
  • Rentabilität/Verbrauch im Betrieb
  • Technik
  • Vergabe-/Vertriebs- /Nutzungsmodell
  • gewünschter Grad der Vorfertigung
  • Freiheitsgrad in der Systemwahl durch den Markt
  • Entscheidung Integrationsprozess ausführendes Unternehmen

Pflichtenheft/Zieldefinition: Ergebnisse der Prototypenentwicklung und Zieldefinition münden in einem Raum- und Flächenprogramm. Außerdem festgelegt werden technische Qualitätsziele, die Wahl des konstruktiven Systems sowie Kosten- und Terminziele.

Aufwand

Prototypen Entwicklung (Raum- basiert)

Entwicklung einzelner Prototypen inkl. konstruktiver Systemvarianten für einzelne Räume und Zonen (inkl. technische Eigenschaften sowie Konkretisierungen wie Aufbauten-Höhen, ...) gemeinsam mit Fachplanern und Bauherrn.

Entscheidung

Freigabe der Prototypen und Entscheidung des konstruktiven Systems

Konzeptionsphase 1

Entwicklung

Entwickeln eines Gebäudekonzepts auf Basis der Prototypen und Systemvorgaben. Aufgrund der vordefinierten Prototypen (inkl. Technikanforderungen und Rahmenparameter) werden die Vorabschätzung auf Vorplanungsniveau der Fachplanungen durchgeführt. 3-D Modell wird erstellt, Kosten werden objektbezogen ermittelt, Abwicklungsmodell definiert/Terminplanung

Gebäudekonzept in Vorplanungsschärfe abgeleitet aus dem BIM Modell (Tiefe vergleichbar 1:200 Grundrisse), Ansichten, Schnitte; konstruktives System und Elementierung; Montagekonzept; haustechnisches Konzept; Vorschlag Involvierungsprozess ausführendes Unternehmen, Entscheidung für Paktierung (z. B. welche Teil-GU)

Aufwand

Entscheidung

Freigabe der Konzeptionsidee durch AG

Mehrstufiger Involvierungsprozess der Ausführungs- und Montageplanung

Stufe 1

Öffentliche oder geschlossene Bekanntmachung des Projekts inkl. Interessensbekundung ausführender Unternehmen

(PRA-Qualifikation)

Liste einzuladender Unternehmen; Fixieren Vergabepaket (Holzkonstruktion, Fassade, Fenster, Abdichtung, …)

Stufe 2

Kennenlernen und Sicherstellen der Machbarkeit/Systeminput; Nachweis Machbarkeit und Kompetenz – Maschinenpark/Personal/Partnerunternehmen (Projektunabhängig)

Kriterienkatalog, anhand dessen die Machbarkeit und Kompetenz nachgewiesen werden kann. Auswahl von maximal sieben Firmen für Stufe 3

Aufwand

Phase

Leistung

Zieldokument

Honorar-modell Planer

Konzeptionsphase 2

Entwicklung/Schärfen Gebäude

Schärfen des Gebäudekonzeptes auf Basis der im Vergabeprozess bekannt gegebenen Systeminputs. Definition der Aufbauten und technischen Rahmenparameter (Konstruktion Erdbebenklasse, Widerstandsklasse, Wärme, Schall, ...);

Ableiten des Energiebedarfs;

Ausarbeiten relevanter Knoten (Anschlüsse) und gestalterischer Leitdetails;

Materialkonzept (Oberflächen, Fassade, …); Technikzentralen,

Deckenkoffer und Schächte weiter vertieft

Erstellung eines digitalen Mock-ups zur Prüfung der Machbarkeit der Maschinenansteuerung

Gebäudekonzept geschärft – erarbeitet im BIM Modell, abgeleitet in: Grundrisse, Schnitte, Ansichten 1:100; einzelne relevante Leitdetails bis 1:5; technisch/konstruktive Beschreibung der Aufbauten; Aufbautenkatalog; Energiebedarfsberechnung/Haustechnisches Konzept; digitaler Mock-up: Detailauszug (einzelner Knoten) aus Werkstatt- und Montageplanung Holzbau

Pauschale nach Stufe 2 des Involvierungsprozess möglich

Mehrstufiger Involvierungsprozess des ausführenden Unternehmens

Stufe 3

Ausarbeiten konkreter Umsetzungsvorschläge sowie etwaiger technisch/konstruktiver Alternativvorschläge (Einfluss auf Montage- und Elementierungskonzept); Kosten – Benchmarks (EHP Wand, EHP Decke, …) Projektspezifisch

Unterlagen gemäß Konzeptionsphase 2; BIM-Modell; technische konstruktive Beschreibung des Projekts; funktionale Ausschreibung light; Kriterienkatalog „Freiheitsgrad der Alternativangebote“; Checkliste zu digitalem Mock-up; Einheitspreisliste sowie Gemeinkostenangaben

Aufwand

Überprüfen der Alternativen sowie technische Abklärungsgespräche

Systementscheidung/Entscheidung zu Alternativen; Auswahl von maximal fünf Firmen für Stufe 4

Aufwand

Planungsphase

Planen, Berechnen und Dimensionierung des Gebäudes (gestalterisch, konstruktiv und technisch) auf Basis System/Alternativenentscheidung in Stufe 3 des Involvierungsverfahrens.

Gebäudeplanung in der Schärfe der Konzeptionsphase 2, jedoch zusätzlich: Berechnung, Auslegung, Schächte werden erstellt (vergleichbar mit Entwurfsplanung);

Kostenberechnung auf Basis der bekannt gegebenen Kostenbenchmarks angepasst.

Pauschale nach Stufe 3 des Involvierungsprozess möglich

Entscheidung

Freigabe der Planung/Kosten/Ablauf zur Genehmigungsplanung

Entwicklung Genehmigungsplanung

Erstellen der Genehmigungsplanung auf Basis des Gebäudeentwurfs und der technischen Inputs aus der Marktsondierung

Genehmigungsplanung entsprechend den behördlichen Vorgaben

Pauschal

Mehrstufiger Involvierungsprozess des ausführenden Unternehmens

Stufe 4

Übermittlung aller vergaberelevanter Unterlagen (finale Ausschreibungs-/Kalkulationsunterlagen für das Unternehmen)

Ausschreibung: BIM-Modell mit allen Massen; technische und konstruktive Beschreibung; Leistungskatalog

Pauschal

Vergabe

Firmen werden festgelegt

Aufwand

Phase

Leistung

Zieldokument

Honorar-modell Planer

Durchführungsphase

Durchführungsplanung

Gemeinsam mit ausführender Firma werden im Planerteam system- und produktspezifische Details erarbeitet und die Planung angepasst. Erstellen der Werkstatt-, Montage- und Produktionsplanung/Überarbeitung aller Berechnungen

Werkstatt-, Montage- und Produktionsplanung inkl. Details in der notwendigen Detaillierung; anhand von detailliertem Teilleistungsbild (Dokumentenliste je Gewerk)

Pauschal

Entscheidung

Freigabe von Werkstatt-, Montage- und Produktionsplanung; Entscheidung zur Produktion

Produktion

Systeme und Bauteile werden im Werk gefertigt, geprüft, teilweise mit Werksabnahme

Qualitätssicherung nach Aufwand

Produktions- und Montagephase (Baustelle)

  • Überprüfung der Qualität der Bauteile und Verbundbauteile – Systemhersteller (Werksabnahme)
  • Überwachung der Fundament- und Betonbauarbeiten aller Gewerke
  • Überwachung der Anlieferung und Qualitätssicherung beim Zusammenfügen der Teile, Schnittstellenbegleitung, Teilabnahmen, Druckproben
  • Detail-Qualitätssicherung Bau für Brandschutz und wasserführende bzw. feuchtegefährdete Installationen, Fotodokumentation, Abnahme
  • Schlussrechnungsprüfung/Dokumentation

Aufwand

Leistungsbilder sorgfältig ausformulieren

Achten Sie darauf, die Leistungsbilder sorgfältig auszuformulieren. Klären Sie den Bauherrn intensiv zu den Abläufen auf. Das Abwicklungsmodell erfordert ein Umdenken zum klassischen HOAI-Phasendenken. Auch ist zu empfehlen, im Planungsteam die Planungsschritte vor Beginn zu besprechen und Unsicherheiten zu klären. Dies gilt vor allem für Schnittstellen.

Bei diesem Modell erledigt sich das Thema „späte Änderungen“

Dieses Abwicklungsmodell ist wohl am gravierendsten dadurch geprägt, dass auf die üblich gewordenen „Änderungen in letzter Sekunde“ während der Bauzeit verzichtet wird. Eine Entscheidung, die auf einer reifen Entscheidungsbasis basiert, muss Bestand haben. Das Einzige, was optimiert wird, ist die Planung bis zur Fräse – nicht mehr bis zum Estrichgießer.

Fazit | Der Holzbau bietet wegen der Vielzahl möglicher Abwicklungsmodelle viele Vorteile. Über die konsequente Nutzung der Vorfertigung können viele der üblichen Konflikte im Planungs- und Bauablauf vermieden werden. Neue Abwicklungsmodelle erfordern aber auch einen ausgeprägten kooperativen Ansatz, die Einbindung der Kompetenz der Ausführung und die Veränderung der Honorarmodelle auf Basis angepasster Leistungsbilder über alle Fachgewerke.

Weiterführender Hinweis
  • Beitrag Teil 1 „Holzbau: Neue Abwicklungsmodelle verändern Leistungen und Honorar für Architektur und TA“, PBP 12/2022, Seite 12 → Abruf-Nr. 48718736

AUSGABE: PBP 1/2023, S. 12 · ID: 48742163

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