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MusterfallFamilienverträge: So beteiligen Sie Kinder „typisch still“ an Ihrem Planungsbüro
| Steuergünstige Vermögensgestaltungen und -übertragungen in der Familie sind ein wichtiges Thema für jeden Unternehmer; auch für Inhaber von Planungsbüros. Die „typisch stille Beteiligung“ eines Kindes am Büro ist eine sinnvolle und beliebte Gestaltung, bei der die Finanzverwaltung aber genau hinschaut. Ein Fall ist zuletzt sogar bis zum Bundesfinanzhof (BFH) hochgegangen. Die Entscheidung zeigt, dass Sie bestimmte Bedingungen und Voraussetzungen erfüllen müssen, damit stille Gesellschaften im Familienkreis steuerlich anerkannt werden. |
Steuerliche Folgen und Vorteile einer stillen Beteiligung
Wer an einem Unternehmen als typisch „stiller Gesellschafter“ beteiligt wird, gewährt dem Unternehmen eine Kapitaleinlage. Er erhält aber keine unternehmerischen Mitspracherechte. Dafür wird er am Gewinn und in der Regel auch am Verlust des Unternehmens beteiligt.
Steuerfolgen bei Beteiligungsgeber und Beteiligtem
Steuerlich erzielt er Einkünfte aus Kapitalvermögen, die dem 25-prozentigen Abgeltungsteuersatz nach § 32d Abs. 1 EStG unterliegen. Beim Geschäftsinhaber stellen die Gewinnzahlungen Betriebsausgaben nach § 4 Abs. 4 EStG dar.
Mit stiller Gesellschaft Progressionsvorteile nutzen
Eine stille Gesellschaft kann durch die Möglichkeit der Übertragung von Einkunftsquellen motiviert sein. So können innerhalb der Familie durch eine stille Beteiligung der Kinder Progressionsvorteile geschaffen und Pausch- und Freibeträge mehrfach ausgenutzt werden.
Besondere Bedingungen bei Kindern als stille Beteiligten
Der besondere Steuersatz i. S. v. § 32d Abs. 1 EStG gilt gemäß § 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a EStG nicht für Kapitalerträge aus stillen Beteiligungen (i. S. v. § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG), wenn Gläubiger und Schuldner einander nahestehende Personen sind, soweit die den Kapitalerträgen entsprechenden Aufwendungen beim Schuldner Betriebsausgaben im Zusammenhang mit Einkünften sind, die der inländischen Besteuerung unterliegen und § 20 Abs. 9 S. 1, 2. Hs. EStG keine Anwendung findet.
Wer eine „nahestehende Person“ ist, ist im Rahmen des § 32d EStG eigenständig definiert. Man wird nicht automatisch zu einer „nahestehenden Person“, wenn man verwandt ist. Vielmehr muss ein Beherrschungs- und Abhängigkeitsverhältnis gegeben sein. Von einem solchen Beherrschungsverhältnis ist auszugehen, wenn der beherrschten Person aufgrund eines absoluten Abhängigkeitsverhältnisses im Wesentlichen kein eigener Entscheidungsspielraum verbleibt. Das Abhängigkeitsverhältnis kann wirtschaftlicher oder persönlicher Natur sein.
Der aktuelle Fall beim BFH
Wie sich das in der Praxis darstellt, zeigt der Fall, der dem BFH zur Entscheidung vorlag.
Beispiel |
Büroinhaber beteiligt minderjährige Kinder Architekt Horst Schatz räumte seinen drei minderjährigen Kindern mit notarieller Erklärung jeweils schenkweise eine stille Beteiligung in Höhe von 50.000 Euro an seinem Büro ein. Für die Kinder war ein Ergänzungspfleger bestellt worden. Das zuständige Amtsgericht (Vormundschaftsgericht) genehmigte die Verträge. Nach den Gesellschaftsverträgen galten ergänzend die §§ 230 ff. HGB. Die Einräumung der stillen Beteiligung erfolgte im Wege der vorweggenommenen Erbfolge (Gegenleistungen waren nicht zu erbringen). Die Geschäftsführung hatte allein Architekt Schatz inne. Jeder Stille war mit zehn Prozent am Gewinn beteiligt Laut Vertrag war jeder stille Gesellschafter mit zehn Prozent am Gewinn, höchstens aber mit 15 Prozent der Einlage, also mit maximal 7.500 Euro, beteiligt. Am Verlust sollte der stille Gesellschafter ebenfalls mit zehn Prozent, höchstens jedoch mit seiner Einlage, beteiligt sein. Schatz hatte im Zusammenhang mit der Schenkung bzw. Gründung der Gesellschaft keine tatsächlichen Zahlungen in sein Betriebsvermögen erhalten. Die Gewinnbeteiligungen in Höhe von jeweils 22.500 Euro jährlich (drei × 7.500 Euro) zahlte er auf die Bankkonten seiner Kinder. Über die Konten besaßen er und die Mutter der Kinder Verfügungsmacht. |
Es ging jetzt darum, ob Architekt Schatz die Gewinnbeteiligungen, die er an seine minderjährigen Kinder gezahlt hatte, als Betriebsausgaben abziehen konnte.
Der BFH und die rechtlichen Grundsätze stiller Beteiligungen
Zunächst hat der BFH die rechtlichen Grundsätze aufgearbeitet (BFH, Urteil vom 23.11.2021, Az. VIII R 17/19, Abruf-Nr. 227822).
Gesetzlich geregelt ist die stille Gesellschaft in den §§ 230 HGB ff. Nach außen hin ist sie als stille Gesellschaft nicht erkennbar. Sie tritt nicht in Erscheinung und kann auch nicht aus einem Firmennamen oder -zusatz oder aus Unternehmensregistern abgeleitet werden. Es handelt sich um eine reine Innengesellschaft.
Eine stille Gesellschaft setzt grundsätzlich den Inhaber eines Handelsgewerbes voraus. Wer sich als stiller Gesellschafter an einem Handelsgewerbe eines anderen mit einer Vermögenseinlage beteiligt, hat die Einlage so zu leisten, dass sie in das Vermögen des Inhabers des Handelsgeschäfts übergeht. Der Inhaber wird aus den in dem Betrieb geschlossenen Geschäften allein berechtigt und verpflichtet. Als Ausgleich erhält der stille Gesellschafter einen Anteil am Gewinn oder Verlust.
So können auch Architekten stille Gesellschaften begründen
Im konkreten Fall handelte es sich um eine Innengesellschaft, die steuerlich mit einer typisch stillen Gesellschaft vergleichbar war. Da ein Architekt Freiberufler ist, kann er kein Handelsgewerbetreibender sein. Die Voraussetzungen des §§ 230 HGB ff. können also de facto nicht erfüllt sein.
Da Herr Schatz und seine Kinder aber ein als stille Gesellschaft bezeichnetes Gesellschaftsverhältnis abgeschlossen hatten, war grundsätzlich eine Innengesellschaft bürgerlichen Rechts entstanden, die einer stillen Gesellschaft einkommensteuerlich gleichsteht.
Voraussetzungen für die steuerliche Anerkennung
Damit stille Gesellschaften mit Familienangehörigen steuerlich anerkannt werden können, müssen die Gesellschaftsverträge
- 1. klar vereinbart und
- 2. bürgerlich-rechtlich wirksam sowie
- 3. ernstlich gewollt sein,
- 4. tatsächlich durchgeführt werden,
- 5. wirtschaftlich zu einer Änderung der bisherigen Verhältnisse führen und
- 6. zu Bedingungen wie unter fremden Dritten geschlossen werden (Fremdvergleich).
Insbesondere bei Verträgen zwischen Familienangehörigen muss auf der einen Seite (des Zahlungsempfängers) eine steuerbare Handlung ausgeübt und auf der anderen (des Zahlenden) eine durch die Einkünfteerzielung veranlasste Verpflichtung eingegangen werden (Betriebsausgabe im Fall der typisch stillen Gesellschaft).
Der BFH hat jetzt klargestellt, dass nicht jede geringfügige Abweichung vom Üblichen die steuerrechtliche Anerkennung ausschließt. Gesellschaftsverträge zwischen nahen Angehörigen können auch dann anerkannt werden, wenn die Beteiligung oder die zum Erwerb der Beteiligung aufzuwendenden Mittel dem in die Gesellschaft aufgenommenen Angehörigen unentgeltlich zugewendet worden sind, vorausgesetzt, die allgemeinen Bedingungen (zivilrechtliche Wirksamkeit, Fremdüblichkeit, Durchführung) sind erfüllt. Verträge zwischen Eltern und Kindern über eine Innengesellschaft entsprechen dem inhaltlichen Fremdvergleich, wenn dem Kind wenigstens annäherungsweise die Rechte eingeräumt werden, die einem stillen Gesellschafter nach dem Regelstatut des HGB typischerweise zukommen.
Einschränkungen dieser Rechte, insbesondere hinsichtlich der Gewinnauszahlung, der Kontroll- und Informationsrechte, der Kündigungsmöglichkeiten sowie Widerrufs- oder Rückfallklauseln können zur Nichtanerkennung führen. Hier sind insbesondere die Einlagebestimmungen, die Gewinnbeteiligungsregelungen und die Informations- und Kontrollrechte von Bedeutung. Übt bei minderjährigen Kindern ausschließlich der Unternehmer selbst die dem Kind zustehenden Informations- und Kontrollrechte aus oder verwaltet er die auf das Konto des Kindes überwiesenen Gewinnbeteiligungen nicht wie fremdes, sondern wie eigenes Vermögen, ist dies im Rahmen der Gesamtwürdigung zu berücksichtigen.
Informations- und Kontrollrechte der Kinder als Knackpunkt
Nach Auffassung des BFH waren die Verträge zivilrechtlich wirksam, jedoch war die vom FG vorgenommene Würdigung zur Fremdüblichkeit und zur Durchführung der Verträge lückenhaft:
- Das FG habe bei der Fremdüblichkeit nicht die Informations- und Kontrollrechte der Kinder geprüft.
- Auch habe das FG sich nicht mit weiteren Punkten befasst wie
- Laufzeit,
- Kündigungsmöglichkeiten,
- Versterben eines Beteiligten,
- Inhaberwechsel,
- Auseinandersetzung nach Auflösung und
- Widerrufsmöglichkeiten des Herrn Schatz.
- Darüber hinaus seien auch die Feststellungen zur Vertragsdurchführung nicht ausreichend.... und die Verträge wie vereinbart leben
- Unklarheiten bestanden zudem über
- die Auszahlung der Gewinnbeteiligungen,
- die Ausübung der Informations- und Kontrollrechte und
- die Verfügbarkeit der Gewinnbeteiligungen für die Gesellschafter. Diese würden fehlen, wenn Herr Schatz das Guthaben nicht wie fremdes, sondern wie eigenes Vermögen behandeln würde.
Daher hob der BFH das FG-Urteil auf und verwies die Sache an das FG zurück.
Fazit | Das Steuersparmodell der stillen Gesellschaft im Familienkreis bleibt im Fokus der steuerlichen Betriebsprüfung:
Für die Anerkennung derartiger Konstellationen sollte also eine detaillierte Vorabprüfung der genannten Kriterien vorgenommen werden. |
AUSGABE: PBP 1/2023, S. 22 · ID: 48392926