Sie sind auf dem neuesten Stand
Sie haben die Ausgabe Aug. 2025 abgeschlossen.
KostenrechtWer zu spät kommt, kann keine Kosten erstattet verlangen
| Die Kosten der Nebenintervention sind ein ständiger Streitpunkt. Die Gerichte vergessen häufig, den nach § 101 ZPO notwendigen besonderen Ausspruch, ob und welche Kosten der Nebenintervention von welcher Prozesspartei zu tragen sind. Dies hat zur Folge, dass kein Kostenerstattungsanspruch begründet wird. Dem kann nur mit dem Antrag auf Ergänzung der Kostengrundentscheidung nach § 321 ZPO entgegengetreten werden. Die nachträgliche Entscheidung muss nach § 321 Abs. 2 ZPO binnen einer zweiwöchigen Frist, die mit der Zustellung des Urteils beginnt, durch Einreichung eines Schriftsatzes beantragt werden. Diese Frist muss bei Eingang der Entscheidung eingetragen und überwacht werden. Dies ist im Organisationshandbuch der Kanzlei zur Fristenbearbeitung vorzusehen. Es gibt allerdings auch Fälle, in denen die Kosten der Nebenintervention bewusst keiner Hauptpartei auferlegt werden. Mit einem solchen Fall musste sich das KG jetzt auseinandersetzen. |
Sachverhalt
Das KG hat auf die Berufungsbegründung des Beklagten einen Hinweisbeschluss nach § 522 Abs. 2 ZPO erlassen und angekündigt, die Berufung als offensichtlich unbegründet zurückzuweisen. Erstmals auf diesen Beschluss hat sich der Streithelfer des Klägers im Berufungsverfahren bestellt und sich mit einem einzigen Satz den Ausführungen des Senats angeschlossen. Dann hat das KG die Berufung zurückgewiesen und dem Beklagten die Kosten auferlegt. Der Streithelfer hat daraufhin beantragt, den Beschluss nach § 321 ZPO zu ergänzen und dem Beklagten auch die außergerichtlichen Kosten des Streithelfers im Berufungsverfahren aufzuerlegen. Diesen Antrag hat das KG zurückgewiesen (12.5.25, 21 U 186/24, Abruf-Nr. 248743).
Entscheidungsgründe
Das KG hatte über den Ergänzungsantrag durch Beschluss entschieden, da auch die verfahrensabschließende Entscheidung nach § 522 ZPO in Beschlussform ergangen ist. Diese für den Hauptbeschluss geltenden Anforderungen müssen für die Entscheidung über eine bloße Ergänzung erst recht gelten (so auch OLG Thüringen 9.11.06, 5 U 100/06). Das KG hat den Antrag zurückgewiesen, weil es eine Kostenentscheidung zugunsten der Nebenintervention bewusst nicht getroffen hat.
Zwar wirkt die Nebenintervention grundsätzlich in der Rechtsmittelinstanz fort, jedoch setzt eine Kostengrundentscheidung zugunsten des Nebenintervenienten gemäß §§ 97, 101 ZPO voraus, dass er sich zu einem Zeitpunkt am Rechtsmittelverfahren beteiligt, in dem eine Unterstützung der Hauptpartei sachlich noch in Betracht kommt (Zöller/Herget, ZPO, 35. Aufl., § 101, Rn. 2). Es ist mit dem Sinn und Zweck der Nebenintervention nicht vereinbar, dem Nebenintervenienten einen Kostenerstattungsanspruch in Fallgestaltungen zu verschaffen, in denen seine vorgebliche Unterstützung der Hauptpartei erkennbar sinnlos oder überflüssig und sein Prozessverhalten allein auf die Erlangung eines Kostentitels ausgerichtet ist (OLG Zweibrücken 7.8.06, 4 U 63/05; OLG Köln 19.5.08, 12 U 21/08 – jeweils zu Schriftsatzeinreichung nach Berufungsrücknahme; OLG München 16.12.93, 27 W 276/93 – Beitritt erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung; OLG Koblenz 1.3.07, 14 W 162/07; MüKo/Schulz, ZPO, 7. Aufl., ZPO, § 101 Rn. 29; Musielak/Voit/Flockenhaus, 22. Aufl., ZPO § 101 Rn. 5 – jeweils zum Beitritt auf Berufungsbeklagtenseite nach Ankündigung des Gerichts gemäß § 522 Abs. 2 ZPO).
Diese Situation hat das KG hier gesehen und das Vorgehen des Streithelfers als rechtsmissbräuchlich angesehen. Dieser habe ganz offensichtlich ausschließlich eine für ihn günstige Kostenentscheidung herbeiführen wollen. Das ergebe sich daraus, dass er sich erstmals im Berufungsverfahren gemeldet habe, nachdem das Berufungsgericht einen Hinweis gemäß § 522 Abs. 2 ZPO erteilt hatte. Zu diesem Zeitpunkt konnte die Einreichung eines Schriftsatzes nur noch den Zweck haben, einen Kostentitel gegen den Beklagten zu erlangen. Hierfür spreche indiziell auch, dass der Schriftsatz am letzten Tag der dem Beklagten gesetzten Stellungnahmefrist eingegangen sei und einen nichtssagenden Inhalt gehabt habe. Der Streithelfer musste nach Ablauf dieser Frist mit einer Entscheidung in Form der Zurückweisung der Berufung rechnen. Bei dieser Sachlage könne eine Kostengrundentscheidung zugunsten des Streithelfers nicht ergehen.
Relevanz für die Praxis
Im Ergebnis kann dem KG gefolgt werden. Die negative Folge hätte vermieden werden können – und zur Sicherung der Erstattungsfähigkeit der Kosten auch müssen –, wenn die Bestellung als Streithelfer unmittelbar nach Kenntnis von der Berufung erfolgt wäre. Für die Praxis ist zwischen dem Vergütungs- und dem Erstattungsverhältnis zu unterscheiden:
Musterformulierung / Kostenantrag Nebenintervention |
An das (Ober-)landesgericht … in … In dem Berufungsverfahren
zeigen wir auf die am … zugestellte Berufung des Beklagten an, auch im Berufungsverfahren den Streithelfer des erstinstanzlichen Verfahrens zu vertreten. Wir treten dem Berufungsverfahren erneut aufseiten des Klägers bei und beantragen
Die Begründung des Sachantrags erfolgt nach der Begründung der Berufung. Wichtiger Hinweis Schon jetzt wird darauf hingewiesen, dass die Beauftragung des Unterzeichners aus Sicht des von hier vertretenen Streithelfers zweckmäßig und erforderlich war, da er als Laie nicht einschätzen kann, welche Folgen die Einlegung der Berufung durch den Beklagten prozessual und materiell-rechtlich hat und welche Maßnahmen er veranlassen muss. Rechtsanwalt |
- Ob der Bevollmächtigte des Streithelfers gegen den Streithelfer einen Vergütungsanspruch hat, richtet sich danach, ob ein Auftrag zur Vertretung im Berufungsverfahren erteilt wurde und hier – im Verhältnis zum Streithelfer – bereits Tätigkeiten entfaltet wurden, wozu auch schon die Informationsbeschaffung ausreichen kann.
- Der Erstattungsanspruch gegen den Gegner der unterstützten Hauptpartei setzt dagegen voraus, dass die Nebenintervention, deren Beteiligung am Berufungsverfahren und insoweit auch die entsprechende Beauftragung durch den Streithelfer notwendig war. Der Bevollmächtigte hätte also begründen müssen, dass der Auftrag zur Beteiligung am Berufungsverfahren unmittelbar nach Eingang der Berufung erteilt wurde und schon die Prüfung umfasste, was zu veranlassen ist. Um den Eindruck der Rechtsmissbräuchlichkeit zu vermeiden, ist es auch empfehlenswert, sich schon direkt nach der Zustellung der Berufung zu bestellen.
AUSGABE: FMP 8/2025, S. 135 · ID: 50457247