Mietrecht
Vorsicht bei (vermeintlicher) Erstvermietung nach Modernisierung
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InsolvenzrechtHinreichende Aussicht auf Erfolg für ein Restrukturierungsvorhaben
| In der Praxis ist festzustellen, dass Schuldner versuchen, das Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz (StaRUG) zu nutzen, um sich auch von persönlichen Verpflichtungen im Sinne von Sicherungsrechten zu befreien. Das AG Köln zeigt, warum dies nicht gelingen darf. |
Sachverhalt
Der Schuldner erstrebt die Befreiung von Bürgschaftsverpflichtungen im Rahmen eines Restrukturierungsvorhabens. Der Schuldner war zunächst als Einzelkaufmann im Bereich Entwicklung und Vertrieb von elektronischen Bauteilen für die HiFi-Industrie tätig. Später entschied sich der Schuldner, Bauteile zukünftig selbst zu fertigen und die dafür notwendige Filmkondensatorproduktion aufzubauen, dies als Alleingesellschafter und Geschäftsführer der haftungsbeschränkten X., welche wiederum alleinige Gesellschafterin der U. ist. Der Schuldner ist auch Geschäftsführer der U. Er hat für die Kredite der U. Bürgschaftsverpflichtungen übernommen.
Am 30.1.24 wurde über das Vermögen der U. ein Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung und Anordnung eines Schutzschirmverfahrens nach §§ 270d, 270c InsO gestellt und mit Beschluss vom 1.2.24 ein vorläufiger Sachwalter bestellt. Mit Schriftsatz vom 10.3.24 zeigte der Schuldner gemäß § 31 Abs. 1 i. V. m. § 30 Abs. 1 S. 2 StaRUG ein Restrukturierungsvorhaben an. Es wurde außerdem angeregt, von Amts wegen einen Restrukturierungsbeauftragten zu bestellen und der Entwurf eines Restrukturierungsplans vorgelegt. Der Schuldner führt dazu aus, die Banken hätten im Eigenverwaltungsverfahren der U. Kredite fällig gestellt. Für diese Kredite habe der Schuldner Bürgschaftsverpflichtungen übernommen, die nun drohten, ebenfalls fällig gestellt zu werden. Anhand der beigefügten Ertragsplanung sei davon auszugehen, dass derzeit die drohende Zahlungsunfähigkeit vorläge.
Entscheidungsgründe
Das AG hat das Restrukturierungsvorhaben zurückgewiesen.
Leitsatz: AG Köln 14.3.24, 83 RES 1/24 |
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Gemäß § 33 Abs. 1 i. V. m. Abs. 2 S. 1 Nr. 1 StaRUG hat das Gericht eine Restrukturierungssache aufzuheben, wenn Umstände bekannt sind, aus denen sich ergibt, dass das angezeigte Restrukturierungsvorhaben keine Aussicht auf Umsetzung hat. So verhält es sich nach dem AG im konkreten Fall.
Der Anwendungsbereich des § 29 StaRUG, wonach zur nachhaltigen Beseitigung einer drohenden Zahlungsunfähigkeit im Sinne des § 18 Abs. 2 InsO verschiedene Verfahrenshilfen des Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmens (Instrumente) in Anspruch genommen werden können, ist nach Ansicht des AG nicht eröffnet. § 30 Abs. 1 S. 2 StaRUG sieht vor, dass natürliche Personen (nur) restrukturierungsfähig sind, soweit sie unternehmerisch tätig sind. Der Schuldner ist Alleingesellschafter der haftungsbeschränkten X., welche wiederum alleiniger Gesellschafter der U. ist. Die unternehmerische Tätigkeit der GmbH, d. h. Produktion, Entwicklung und Vertrieb von elektronischen Bauteilen für die HiFi-Industrie, befindet sich bereits im Eigenverwaltungsverfahren und wird dort restrukturiert. Eine zusätzliche parallele Restrukturierung derselben unternehmerischen Tätigkeit im StaRUG Verfahren ist daher nicht möglich.
Klammert man indes die unternehmerische Tätigkeit der GmbH aus, bleibt für den Schuldner als natürliche Person allein das Halten der Gesellschaftsanteile. Dies reicht für den Anwendungsbereich des § 30 Abs. 1 S. 2 StaRUG nicht aus. Nach Art. 2 Abs. 1 Nr. 9 der RL 2019/1023 ist eine natürliche Person unternehmerisch tätig, wenn sie eine gewerbliche, geschäftliche, handwerkliche oder freiberufliche Tätigkeit ausübt. Die Auslegung von § 30 StaRUG muss abstrakt erfolgen (Jacoby/Thole-Schluck-Amend, § 30 StaRUG). Die Differenzierung des § 304 InsO in Verbraucher- und Regelinsolvenzverfahren kann im Rahmen des StaRUG nur teilweise, aber nicht vollständig herangezogen werden (Beck-OK StaRUG, Skauradszun/Fridgen, § 30). § 304 InsO sieht für die unternehmerisch tätige Person vor, dass Sie im eigenen Namen, in eigener Verantwortung, für eigene Rechnung und auf eigenes Risiko in organisatorisch verfestigter Form wirtschaftlich tätig ist. Für das StaRUG kommt als weitere Voraussetzung hinzu, dass diese Tätigkeit im Zeitpunkt der Restrukturierungsanzeige noch nicht eingestellt wurde (Beck-OK StaRUG, Skauradszun/Fridgen, § 30).
Dass nach der Rechtsprechung für den geschäftsführenden Alleingesellschafter einer GmbH das Regelinsolvenzverfahren und nicht das Verbraucherinsolvenzverfahren nach § 304 InsO Anwendung findet, kann nach Ansicht des Insolvenzgerichtes nicht auf den Anwendungsbereich von § 30 Abs. 1 S. 2 StaRUG übertragen werden. So erfordert das StaRUG anders als die Abgrenzung im Rahmen des § 304 InsO gerade keine abschließende, generelle Einordnung als Verbraucher oder Unternehmer. Dem StaRUG liegt vielmehr eine gespaltene Betrachtung der natürlichen Person gerade zugrunde, „soweit sie unternehmerisch tätig ist“ (Beck-OK StaRUG, Skauradszun/Fridgen, § 30). Der Schuldner hat bewusst die Tätigkeit als Einzelkaufmann aufgegeben und das Konstrukt über die Anteile haltende haftungsbeschränkte UG und die GmbH gewählt. Ziel ist, das unternehmerische Risiko gerade von der natürlichen Person weg zu verlagern. Dass er zusätzlich Bürgschaften für die Darlehensverpflichtungen der GmbH übernommen hat und die Anteile an der UG bzw. GmbH hält, eröffnet keine unternehmerische Tätigkeit i. S. d. § 30 Abs. 1 S. 2 StaRUG.
Der Schuldner strebt hier Befreiung von seinen Bürgschaftsforderungen an. Eine solche Restschuldbefreiung ist vom Sinn und Zweck des StaRUG nicht erfasst. Dies wird im Umkehrschluss auch durch den Rechtsgedanken des § 67 Abs. 2 StaRUG getragen, der vorsieht, dass ausnahmsweise bei der rechtsfähigen Personengesellschaft oder der Kommanditgesellschaft auf Aktien die Wirkungen des Restrukturierungsplans auch Verbindlichkeiten des persönlich haftenden Gesellschafters erfassen.
Relevanz für die Praxis
Gläubiger sind gehalten, der Argumentation und dem Vorgehen der Schuldner mit der vorgenannten Argumentation entgegenzutreten. Die durch die persönliche Haftungsübernahme kompensierte Haftungsbeschränkung der gewählten unternehmerischen Konstruktion darf nicht unter dem Deckmantel der Restrukturierung unterlaufen werden.
Für den Gläubiger ist also eine hinreichende Aufmerksamkeit und eine aktive Teilnahme am Verfahren anzuraten.
AUSGABE: FMP 4/2025, S. 64 · ID: 50350144