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Kostenrecht„Richtige“ Taktik bei der Beauftragung eines Terminsvertreters

Abo-Inhalt13.02.20252148 Min. Lesedauer

| Der BGH hat zu der Frage, ob die Kosten eines Terminsvertreters erstattungsfähig sind, in drei Entscheidungen in verschiedener Hinsicht Stellung bezogen. Lesen Sie im Folgenden, wie diese Entscheidungen zu bewerten sind. |

1. Das sind die Kernsätze der Entscheidungen

Der BGH hat Folgendes klargestellt:

Checkliste / Das sagt der BGH

  • BGH 9.5.23, VIII ZB 53/21, Abruf-Nr. 236263: Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen nach Maßgabe des RVG (hier: 0,65-fache Verfahrensgebühr nach Nr. 3401 VV RVG) fallen für einen Terminsvertreter nur an, wenn dieser von der Prozesspartei selbst oder in deren Namen durch den Prozessbevollmächtigten (Hauptbevollmächtigten) beauftragt worden ist, nicht hingegen, wenn letzterer im eigenen Namen den Auftrag zur Terminsvertretung erteilt hat.
  • Bei einer Beauftragung des Terminsvertreters durch den Hauptbevollmächtigten im eigenen Namen sind die Kosten des Terminsvertreters auch nicht als Auslagen des Hauptbevollmächtigten im Sinne der Vorbemerkung 7 Abs. 1 S. 2 VV RVG i. V. m. §§ 675, 670 BGB erstattungsfähig.
  • BGH 22.5.23, VIa ZB 22/22, Abruf-Nr. 236371: Beauftragt der Hauptbevollmächtigte einer Partei gegen ein Honorar einen Terminsvertreter, um den Anfall von abrechenbaren Kosten in einer das Honorar übersteigenden Höhe zu vermeiden, stellt das vereinbarte Honorar die Gegenleistung allein für die Wahrnehmung des Termins im eigenen Gebühreninteresse des Hauptbevollmächtigten dar und kann der Partei nicht als Aufwendung des Hauptbevollmächtigten in Rechnung gestellt werden.
  • BGH 26.3.24, VI ZB 58/22, Abruf-Nr. 241540: Hat der Prozessbevollmächtigte der Partei einen Rechtsanwalt mit der Terminsvertretung im eigenen Namen beauftragt, so sind die Kosten des beauftragten Rechtsanwalts nicht zu erstatten. Der Terminsvertreter ist in diesem Fall regelmäßig Erfüllungsgehilfe des Prozessbevollmächtigten. Dieser erhält nach § 5 RVG selbst die Terminsgebühr. Zwischen der Partei und dem Terminsvertreter wird dann kein Vertragsverhältnis begründet, das eine Vergütungspflicht der Partei auslösen könnte. Der Anspruch des Terminsvertreters auf das vereinbarte Honorar richtet sich ausschließlich gegen den Prozessbevollmächtigten als seinem Auftraggeber.
  • Die Kosten, die dem Prozessbevollmächtigten durch die Beauftragung eines Terminsvertreters im eigenen Namen entstehen, sind keine erstattungsfähigen Aufwendungen im Sinne der Vorbemerkung 7 Abs. 1 S. 2 VV RVG i. V. m. § 675 Abs. 1, § 670 BGB. Denn der Hauptbevollmächtigte, der die ihn treffende Pflicht zur Wahrnehmung des Verhandlungstermins einem Terminsvertreter überträgt, handelt nicht fremdnützig – wie es der Aufwendungsersatz nach § 670 BGB erfordern würde –, sondern zu eigenen geschäftlichen Zwecken.

2. Das folgt aus den Entscheidungen

Damit sind die Möglichkeiten der kostengünstigen Prozessgestaltung unter Einbeziehung eines vom Hauptbevollmächtigten beauftragten Terminsvertreters nicht mehr gegeben. Die bisherige Praxis, dass der Hauptbevollmächtigte den Terminsvertreter im eigenen Namen gegen ein Pauschalhonorar beauftragt hat, um den Anfall der Verfahrensgebühr nach Nr. 3401, 3100 zu vermeiden, kann nicht fortgesetzt werden. In diesen Fällen hat der Hauptbevollmächtigte die Terminsgebühr für sich abgerechnet, sodass die Ansprüche im Vergütungsverhältnis und im Erstattungsverhältnis korrespondierten.

Außerhalb der eigenen Terminswahrnehmung durch den Hauptbevollmächtigten – ggf. unter Ausnutzung der Möglichkeiten der Videoverhandlung nach § 128a ZPO und des schriftlichen Verfahrens nach § 128 Abs. 2 ZPO – bleibt wohl nur die Möglichkeit der gemeinsamen Bearbeitung eines vom Mandanten an zwei Rechtsanwälte erteilten Auftrags im Sinne des § 49b Abs. 3 S. 5 BRAO. Mehrere beauftragte Rechtsanwälte dürfen danach einen Auftrag gemeinsam bearbeiten und die Gebühren in einem den Leistungen, der Verantwortlichkeit und dem Haftungsrisiko entsprechenden angemessenen Verhältnis untereinander teilen.

Praxistipp | Auf der ersten Stufe ist also sicherzustellen, dass der „zweite Anwalt“ von der Hauptpartei als Bevollmächtigter für die Terminswahrnehmung beauftragt wird. Dabei bestehen keine Bedenken, dass der „erste Rechtsanwalt“ aufgrund der ihm erteilten Vollmacht den Auftrag in dieser Weise erteilt.

Die berufsrechtliche Regelung nimmt kostenrechtlich dann § 6 RVG auf. Ist der Auftrag mehreren Rechtsanwälten zur gemeinschaftlichen Erledigung übertragen, erhält jeder Rechtsanwalt danach für seine Tätigkeit die volle Vergütung. Das Besondere an dieser Situation ist, dass beide Rechtsanwälte Ihre Tätigkeit abrechnen:

Praxistipp | Hierauf muss sich der Hauptbevollmächtigte ggf. noch die Hälfte der vorgerichtlichen Geschäftsgebühr nach Vorbem. 3 Abs. 4 VV RVG anrechnen lassen.

  • Der Hauptbevollmächtigte kann die Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV RVG nebst Auslagenpauschale nach Nr. 7002 VV RVG und die Umsatzsteuer nach Nr. 7008 VV RVG abrechnen.
  • Der Terminsvertreter erhält paradoxerweise mehr, nämlich neben der 1,2-Terminsgebühr nach Nr. 3402, 3104 VVRVG auch noch eine 0,65 Verfahrensgebühr nach Nr. 3401, 3100 VV RVG nebst Auslagenpauschale nach Nr. 7002 VV RVG und die Umsatzsteuer nach Nr. 7008 VV RVG.

Nun kann aber § 49b Abs. 3 S. 5 BRAO anzuwenden sein, der eine anteilige Verteilung der Gebühren erlaubt. Dabei wird zu berücksichtigen sein, dass der Hauptbevollmächtigte rein tatsächlich die Hauptlast der Mandatsbearbeitung trägt. Diese liegt in der Sachverhaltsaufbereitung in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht, der Erörterung dieser Aufbereitung mit dem Mandanten, der Umsetzung in die außergerichtlichen und gerichtlichen Schriftsätze und der Führung des Verfahrens außerhalb des Termins zur mündlichen Verhandlung.

Beachten Sie | Dies gilt insbesondere in den Masseverfahren und den Verfahren mit einem Rechtsanwalt in der bundesweiten Vertretung eines Großmandanten (meist Versicherungen oder Banken).

Praxistipp | Den Innenausgleich nehmen die Anwälte auf der zweiten Stufe untereinander durch einfache Rechnungstellung vor. Auch hierbei handelt es sich um eine steuerbare Leistung, sodass darauf die Umsatzsteuer anfällt.

All dies betrifft allerdings nur das Vergütungsverhältnis. Der Gegner muss lediglich die „notwendigen“ Kosten erstatten.

Die Kosten des Terminsvertreters nach Nr. 3401, 3100 VV RVG sind aber insoweit nicht notwendig, wie sie die Kosten der Terminswahrnehmung durch den Hauptbevollmächtigten bzw. die unmittelbare Beauftragung eines Rechtsanwalts am Gerichtsort übersteigen.

Beachten Sie | Denken Sie an die Rechtsprechung zur Beauftragung eines Bevollmächtigten am Sitz des Mandanten oder – viel häufiger – am dritten Ort. Die Kosten sind also regelmäßig nur bis zur Höhe der Kosten zu erstatten, die der Hauptbevollmächtigte hätte verdienen können.

Hierbei handelt es sich um die Verfahrens- und die Terminsgebühr und ggf. die Reisekosten von dem vom Gerichtsort am weitesten entfernten Ort im gleichen Gerichtsbezirk. Diese Kosten werden regelmäßig unter den Kosten für zwei Rechtsanwälte liegen, sodass der Mandant Mehrkosten tragen muss, selbst wenn er vollständig obsiegt.

Praxistipp | Wer nun auf die Idee kommt, dass die beiden Bevollmächtigten sich lediglich die erstattungsfähigen Kosten teilen und auf die Mehrkosten verzichten, übersieht § 49b Abs. 1 S. 1 BRAO und die sich daraus ergebende berufsrechtliche Sanktionierungsmöglichkeit. Es ist danach unzulässig, geringere Gebühren und Auslagen zu vereinbaren oder zu fordern, als das RVG es vorsieht, soweit dieses nichts anderes bestimmt.

Daneben liegt in einer solchen Abrede auch noch ein unlauteres Verhalten (BGH 1.6.06, I ZR 268/03).

AUSGABE: FMP 2/2025, S. 25 · ID: 50281508

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