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TaufnameStreit um den Taufnamen: Das ist zu beachten

Abo-Inhalt28.07.2025850 Min. LesedauerVon RAin Dr. Gudrun Möller, FAin Familienrecht, BGM Anwaltssozietät, Münster

| Die Wahl des Taufnamens ist eine Angelegenheit von erheblicher Bedeutung i. S. d. § 1628 BGB, wenn die Taufe selbst davon abhängt, dass die Eltern sich auf einen Taufnamen verständigen, so das OLG Karlsruhe. |

Sachverhalt

M und V sind die getrennt lebenden Eltern der Tochter „K. M.“ und ihrer beiden Brüder, die römisch-katholisch getauft worden sind. Die M ist aus der Kirche ausgetreten. Der V ist gläubiger Katholik. Nach der Geburt ihrer Tochter hat der V dem Standesamt als Vornamen die Namen K. M. angegeben. M hat die Mitteilung unterzeichnet. In der Geburtsurkunde des Standesamts werden als Vornamen des Kindes ebenfalls K. M. angegeben. Die M ruft ihre Tochter M, der V sagt K zu ihr. Die M ist mit einer Taufe einverstanden. Die Eltern streiten darüber, ob das Kind auf den Namen M. oder K. M. getauft werden soll. Der V hat erfolglos beantragt, ihm gem. § 1628 BGB die Entscheidungsbefugnis über die Wahl des Taufnamens zu übertragen. Er hat später beantragt, dass die M verurteilt wird, der Taufe der K. M. unter ihrem Namen K. M. als Vorname zuzustimmen. Die M hat beantragt, den Antrag zurückzuweisen. Dagegen richtet sich der V erfolgreich mit seiner Beschwerde (OLG Karlsruhe 9.12.24, 2 UF 200/24 Abruf-Nr. 248875).

Entscheidungsgründe

Der Antrag des V ist vom AG zutreffend als Antrag auf Übertragung der Entscheidung gem. § 1628 BGB ausgelegt worden. Er ist zulässig. Bei der Namensbestimmung handelt es sich um eine Angelegenheit von erheblicher Bedeutung (OLG Frankfurt 11.10.21, 4 UF 171/21, juris Rn. 18).

Ebenfalls als Angelegenheit von erheblicher Bedeutung wurde in diesem Zusammenhang von der Rechtsprechung u. a. die Entscheidung über die Taufe eines Kindes gesehen (h. M., vgl. BGH 11.5.05, XII ZB 33/04, FamRZ 05, 1167; OLG Karlsruhe 28.3.19, 20 UF 27/19, FamRZ 19, 1697).

Die Uneinigkeit der Eltern betrifft hier nur die Wahl des Taufnamens. Das AG hat daher zu Recht darauf hingewiesen, dass der Taufname rechtlich nicht bedeutsam ist. Das Kind kann zu gegebener Zeit selbst über seinen Taufnamen entscheiden. Im Ergebnis führt die Uneinigkeit der Eltern dazu, dass eine Taufe überhaupt nicht zustande kommt.

Die Taufe ist nicht aufzuschieben. Der K. M. ist nicht die Entscheidung über ihren Taufnamen zu überlassen. Die ungelöste „Taufnamenfrage“ wird das ohnehin schlechte Verhältnis der Eltern weiterhin belasten. Es besteht die Gefahr, dass K. M. in einen Loyalitätskonflikt gerät, mit der Entscheidung überfordert ist und jeder Elternteil versucht, das noch sehr kleine und vulnerable Mädchen zu beeinflussen. Dies gilt es zu verhindern.

Beim Streit über die Wahl des Vornamens kann die Entscheidungsübertragung auf einen Elternteil oft die bessere Lösung für das Kind sein, ohne dass das Gericht eigene Namenspräferenzen einbringen muss. Das OLG Dresden entschied etwa zugunsten der Mutter, die das Kind von Geburt an alleine betreute (OLG Dresden 13.1.04, 21 [10] UF 821/03, OLG-NL 04, 164). Ein vom Hauptbetreuer abgelehnter Name könnte die Beziehung zwischen diesem Elternteil und dem Kind oder das Verhältnis des Kindes zu seinem Namen negativ beeinflussen (Staudinger/Lettmaier, BGB, (2020), § 1628 Rn. 73). Hier ist der Name K. M. entscheidend, da er in der Geburtsurkunde und im Geburtenregister eingetragen ist.

Die Eltern haben die Pflicht und das Recht, für das minderjährige Kind zu sorgen, § 1626 Abs. 1 S. 1 BGB. Davon umfasst ist das Recht, dem Kind einen (Vor-)Namen zu geben (BVerfG NJW 09, 663).

Üben die Eltern die elterliche Sorge gemeinsam aus, bestimmen sie den Namen formlos. Die Anzeige des Namens an das Standesamt ist deklaratorisch (OLG Düsseldorf 18.5.12. 3 Wx 78/12). Das schließt den Namenserwerb ab, sodass eine spätere Änderung ausscheidet (BGHZ 29, 256, 257).

Ein abgeschlossener Eintrag im Geburtenregister kann in den Fällen des § 47 PStG vom Standesamt berichtigt werden. Außerhalb dieser Fälle ist eine Berichtigung nur auf Anordnung des Gerichts möglich, § 48 Abs. 1 S. 1 PStG. Den Antrag können alle Beteiligten stellen, § 48 Abs. 2 S. 1 PStG. Die Berichtigung darf nicht zur Revision des ursprünglichen elterlichen Erteilungsbeschlusses genutzt werden (OLG Düsseldorf 20.1.21, I-3 Wx 165/19, juris Rn. 17). Der Grundsatz der Namensstabilität erlaubt Änderungen von Vor-namen nur in gesetzlich vorgesehenen Fällen (BeckOGK/Kienemund, 1.8.24, BGB § 1616 Rn. 93). Nach § 45a PStG kann die Reihenfolge der Vornamen durch Erklärung beim Standesamt geändert werden, ohne Namensänderung nach § 3 NamÄndG. Nicht zulässig sind das Hinzufügen oder Weglassen von Vornamen oder die Änderung der Schreibweise, § 45a Abs. 1 S. 2 PStG.

Merke | Beantragt ein Elternteil, ihm die Entscheidungsbefugnis über eine Namensänderung des Kindes zu übertragen, muss das Familiengericht neben allgemeinen Kindeswohlbelangen auch die Erfolgsaussicht eines entsprechenden Antrags prüfen (BGH 9.11.16, XII ZB 298/15, MDR 17, 92).

Hier ist unstreitig, dass der amtliche, in das Geburtenregister eingetragene Name des Kindes K. M. lautet und die M dem Eintrag zugestimmt hat. Unerheblich ist der Vortrag der M, sie sei davon ausgegangen, der Rufname des Kindes sei M. und nur deshalb habe sie ihr Einverständnis erteilt. Die Behauptung der M, in ihrer Familie sei es üblich, dass der zweite Vorname der Rufname sei, trifft nicht zu. So heißt die M selbst M. mit zweitem Vornamen, sie führt jedoch als Vornamen den ersten Vornamen K.

Die M kann sich nicht auf einen Irrtum berufen. Der Vorname hat zwei Komponenten: eine bürgerlich-rechtliche und eine öffentlich-rechtliche. Die bürgerlich-rechtliche Seite, einen Namen zu erteilen, ist mit der elterlichen Einigung abgeschlossen. Die Bindungs- und Widerrufsprobleme sind sodann in gleicher Weise zu beantworten wie auch sonst im Rahmen der elterlichen Sorgerechtsausübung. Die öffentlich-rechtliche Fixierung des Namens tritt mit der Eintragung ins Geburtenregister ein (Staudinger/Lugani, a. a. O., § 1616 Rn. 27). Motivirrtümer (außerhalb der Fallgruppe des § 119 Abs 2 BGB) führen ebenso wenig zu einem Anfechtungsrecht wie der Wunsch der Eltern, ihre ursprüngliche Entscheidung zu revidieren (Staudinger/Lugani, a. a. O., Rn. 27a).

Auch wenn das Mädchen nur auf den Namen M. getauft wird, verbleibt es bei den amtlichen Vornamen. Der Taufname ist rechtlich irrelevant. Es entspricht dem Wohl des Kindes am besten, wenn auch als Taufnamen die amtlichen Vornamen gewählt werden. Dies entspricht sowohl gängiger kirchlicher Praxis, die sich insoweit an den Geburtsurkunden orientiert, als auch dem Grundsatz der Namenskontinuität und der Namensstabilität. Die Wahl des Doppelnamens stellt zudem für beide Eltern einen Kompromiss dar.

Eine Person mit mehreren Vornamen hat i. d. R. einen Rufnamen, der im Alltag verwendet wird. „Rufname“ ist keine rechtliche Kategorie (Kienemund in: BeckOGK/, BGB, 1.8.24, § 1616 Rn. 31). Der Namensträger kann frei wählen, welchen seiner Vornamen er nutzt, und diesen jederzeit ändern. Auch Eltern können ihr Kind nach Belieben nennen, da es keinen Rufnamen im Rechtssinne gibt (v. Sachsen Gessaphe, in MüKo, BGB, 9. Aufl., Anhang zu § 1618 Rn. 2). Kinder erhalten oft Spitznamen oder Abkürzungen. Diese Vielfalt ist meist unproblematisch, ständige elterliche Streitigkeiten hingegen nicht. Da es keinen rechtlichen Rufnamen gibt, entfällt die Möglichkeit, einem Elternteil gem. § 1628 BGB die Entscheidung über den Rufnamen zu übertragen.

Auch wenn ihre Tochter K. M. getauft wird, dürfen sowohl die M als auch die Brüder sie im familiären Bereich M. nennen und dies sollte auch vom V akzeptiert werden. Die Eltern sollten sich allerdings darauf verständigen, dass ihre Tochter offiziell in gerichtlichen Verfahren, gegenüber Behörden, Banken etc. mit ihren vollständigen Vornamen bezeichnet wird.

Relevanz für die Praxis

Diese Entscheidung ist für die Praxis relevant, weil sie zeigt,

  • dass die Entscheidungsbefugnis gem. § 1628 BGB auf Angelegenheiten von erheblicher Bedeutung für das Kind beschränkt ist.
    • Unterhalb dieser Erheblichkeitsschwelle des § 1628 BGB bleiben Meinungsverschiedenheiten ggf. unaufgelöst.
    • Die erhebliche Bedeutung richtet sich vor allem nach den Konsequenzen, die die Uneinigkeit der Eltern auf das Kind und seine Entwicklung hat.
  • dass bereits durch offizielle Dokumente festgelegte Namen (z. B. Geburtsurkunde) maßgeblich für nachfolgende Streitfälle sein können.
  • nach welchen Kriterien Gerichte bei Uneinigkeit zwischen getrennten Eltern über Tauf- und Vornamen die Entscheidungskompetenz vergeben und
  • dass Einheitlichkeit und Stabilität des Namens im Interesse des Kindeswohls richterliche Entscheidungen beeinflussen können.
Weiterführende Hinweise
  • Neumann, Das neue Namensrecht bietet mehr Flexibilität und Freiheiten FK 25, 119.
  • Dieselbe, Das neue Namensrecht: Das gilt für den Namen bei Kindern, FK 25, 138.

AUSGABE: FK 9/2025, S. 152 · ID: 50469069

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