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§ 2 GewStGGewerbeverlust durch Anwachsung einer Personengesellschaft bei der Kapitalgesellschaft
Die Frage des Übergangs von Gewerbeverlusten bei Umstrukturierungen wird durch die jüngste Rechtsprechung des BFH erneut relevant. Besonders in Fällen, in denen ein ursprünglich bei einer Personengesellschaft entstandener Verlust im Zuge einer Anwachsung auf eine Kapitalgesellschaft übergeht, stellt sich die Frage, wie Unternehmensidentität und Verlustnutzung im Rahmen von Umwandlungen oder Verschmelzungen zu beurteilen sind. Was bedeutet die aktuelle Rechtsprechung des BFH für Unternehmen, die durch solche Umstrukturierungen weiterhin von Verlustvorträgen profitieren möchten? |
Sachverhalt und Entscheidung
Die H-GmbH wurde zum 1.1.2011 Gesamtrechtsnachfolgerin der G-GmbH & Co. KG. Zuvor war sie alleinige Kommanditistin dieser KG, während die Komplementärin, die Verwaltungs-GmbH, keine Kapitaleinlage hatte. Zum 31.12.2010 war bei der G-GmbH & Co. KG ein vortragsfähiger Gewerbeverlust von 35 Mio. EUR festgestellt worden.
Im Jahr 2011 verschmolz die Verwaltungs-GmbH mit der H-GmbH, wodurch das gesamte Vermögen der G-GmbH & Co. KG im Rahmen einer Anwachsung auf die Hausplanungs-GmbH überging. Das Unternehmen der H-GmbH wurde daraufhin auf den Betrieb der G-GmbH & Co. KG ausgerichtet und die Firma wurde in „G-GmbH“ umbenannt. Die Firma führte zunächst den Betrieb der ehemaligen G-GmbH & Co. KG weiter.
Im Jahr 2013 veräußerte die G-GmbH ihr operatives Geschäft im Wege eines Asset Deals an eine andere GmbH. Daraufhin änderte sich der Unternehmensgegenstand und die Firma erneut. Im Rahmen einer Außenprüfung stellte das Finanzamt fest, dass durch den Asset Deal und den damit verbundenen Wegfall der Unternehmensidentität der Verlustvortrag nicht mehr genutzt werden konnte, da die Verlustübertragung nur bei identischem Unternehmen möglich sei.
Der BFH entschied, dass die Änderung der wirtschaftlichen Betätigung einer Kapitalgesellschaft und die Übertragung eines Betriebs durch Anwachsung nicht dazu führen, dass der Gewerbeverlust gemäß § 10a GewStG entfällt. Die Unternehmensidentität der übernehmenden Kapitalgesellschaft bleibt auch bei der Anwachsung unberührt, solange der einheitliche Gewerbebetrieb fortbesteht.
Im Streitfall wurde der Verlust aus dem Betrieb der Personengesellschaft, der auf die Kapitalgesellschaft überging, nicht durch die spätere Veräußerung des operativen Geschäfts im Rahmen des Asset Deals aufgehoben. Das Urteil bestätigt, dass die Kapitalgesellschaft den Verlust weiterhin nutzen kann, auch wenn sie den verlustverursachenden Geschäftsbereich veräußert hat, da die Unternehmensidentität gewahrt bleibt.
Die Frage der Unternehmensidentität hat bei einer Kapitalgesellschaft nicht deswegen ausnahmsweise eine andere Bedeutung, weil der von ihr übernommene Gewerbeverlust im Ursprung von einer Personengesellschaft herrührt. Es bedürfe vielmehr einer rechtlichen Grundlage, die für den Fall, dass eine Kapitalgesellschaft im Wege der Anwachsung einen für eine Personengesellschaft festgestellten Gewerbeverlust übernommen hat, die Verlustnutzung von der identitätswahrenden Fortführung des verlustverursachenden Betriebs der Personengesellschaft abhängig macht. An einer solchen Vorschrift fehle es jedoch im geltenden Recht.
Erläuterungen
Das Urteil verdeutlicht, dass die Frage der Unternehmensidentität für Kapitalgesellschaften eine geringere Bedeutung hat als für Personengesellschaften. Bei einer Kapitalgesellschaft wird die Unternehmensidentität nach § 2 Abs. 2 Satz 1 GewStG grundsätzlich als gewahrt betrachtet, selbst wenn sich die wirtschaftliche Betätigung ändert. Ein Verlust aus einem Betrieb einer Personengesellschaft, der durch Anwachsung auf eine Kapitalgesellschaft übergeht, bleibt weiterhin nutzbar, selbst wenn der Geschäftsbereich später im Rahmen eines Asset Deals verkauft wird.
- BFH 25.4.24, III R 30/21, iww.de/astw, Abruf-Nr. 243610
ID: 50275482