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Bundeskabinett beschließt Bürokratieentlastungsverordnung (BEV) Welche Erleichterungen kommen auf Steuerberater und Unternehmen zu?
Das Bundeskabinett hat am 4.12.2024 die Bürokratieentlastungsverordnung (BEV) mit den Änderungsmaßgaben beschlossen, von denen der Bundesrat (BR-Drs.483/24 (B)) seine Zustimmung abhängig gemacht hatte. Die Bürokratieentlastungsverordnung (BEV) wurde am 13.12.2024 im Bundesgesetzblatt verkündet. AStW informiert, welche Erleichterungen für Steuerberater und Unternehmen ab 1.1.2025 gelten. |
Hintergrund
Das Bundeskabinett hat am 9.10.2024 als Teil der sog. Meseberger Beschlüsse vom August 2023 die „Verordnung zur Entlastung der Bürgerinnen und Bürger, der Wirtschaft sowie der Verwaltung von Bürokratie“ (Bürokratieentlastungsverordnung – BEV) beschlossen, die nach Zustimmung des Bundesrats das Bürokratieentlastungsgesetz (BEG IV, BGBl I 24 Nr. 323 v. 29.10.24) ergänzen soll, das im Wesentlichen am 1.1.2025 in Kraft tritt. Die von der Bundesregierung zunächst beschlossene Verordnung, die der Zustimmung des Bundesrates bedarf, umfasste 32 Rechtsänderungen, deren jährliche Entlastung für die Wirtschaft sich auf rund 420 Mio. EUR beläuft. Für die Verwaltung wird von einer jährlichen Entlastung in Höhe von rund 4 Mio. EUR ausgegangen. Der ursprüngliche Verordnungsentwurf umfasste insgesamt „nur“ 25 Vorschläge, deren jährliches Entlastungsvolumen für die Wirtschaft rund 22,6 Mio. EUR betrug, das Entlastungsvolumen ist also deutlich erweitert worden. Die Einzelmaßnahmen betreffen hauptsächlich den Abbau von Anzeige- und Mitteilungspflichten, Maßnahmen zur Förderung der Digitalisierung sowie weitere Verfahrenserleichterungen und Rechtsbereinigung.
Umfangreiche Änderungsforderungen des Bundesrats
Der Bundesrat hat zwar am 22.11.2024 seine Zustimmung zur BEV beschlossen, die Zustimmung allerdings an zahlreiche „Maßgaben“ geknüpft (BR-Drs. 483/24 [B]); hätte die Bundesregierung diese nicht akzeptiert, hätte der Inhalt der Verordnung neu verhandelt werden müssen – das wäre nach dem Aus der Ampelregierung vom 6.11.2024 und der gescheiterten Vertrauensfrage des Bundeskanzlers (Art. 68 GG) vom 16.12.2024 kaum mehr möglich gewesen. Der umfangreiche Maßgabenkatalog umfasste insgesamt zwölf Themenblöcke, die Änderungsvorschläge des Bundesrates gehen aber zum Teil deutlich über bloße redaktionelle Wortlautänderungen hinaus und beinhalten auch materielle Änderungswünsche. Am 4.12.2024 hat die Bundesregierung den Änderungswünschen des Bundesrats abschließend zugestimmt, die BEV ist am 11.12.2024 ausgefertigt und am 13.12.2024 verkündet worden (BGBl 24 I Nr. 411, 13.12.24). Sie ist im Wesentlichen am 1.1.2025 in Kraft getreten.
Wesentliche Änderungen der BEV
Zu den wichtigsten Entlastungsmaßnahmen durch die BEV zählen:
Digitalisierte Rechnungsstellung von Steuerberatern
Bereits mit dem BEG IV wurde eine zentrale Vollmachtsdatenbank für Steuerberater eingeführt, sodass Arbeitgeber ihren Steuerberatern nicht mehr schriftliche Vollmachten für die jeweiligen Sozialversicherungsträger ausstellen müssen. Im Verwaltungsverfahren nach den Sozialgesetzbüchern kann sich ein Beteiligter durch einen Bevollmächtigten vertreten lassen (§ 13 SGB X). § 105a SGB IV enthält nun eine Ergänzung des § 13 SGB X für eine spezielle sozialversicherungspflichtige Generalvollmacht, die § 37 S. 1 SGB I zulässt. Die Generalvollmacht können Arbeitgeber zur Wahrnehmung ihrer Rechte und Pflichten nach dem SGB IV, § 202 SGB V, dem Künstlersozialversicherungsgesetz (KSVG) oder dem Aufwendungsausgleichsgesetz an Steuerberater, Steuerbevollmächtigte und Berufsausübungsgesellschaften erteilen. Der Abruf aus der Vollmachtsdatenbank (die von der BStBK geführt werden wird) durch die Träger ist ab dem 1.1.2028 optional und ab dem 1.1.2030 obligatorisch vorgesehen.
Durch die BEV wird jetzt die Rechnungsstellung von Steuerberatern digitalisiert und damit deutlich vereinfacht. Derzeit erfordert die elektronische Übermittlung von Vergütungsberechnungen entweder den Einsatz einer qualifizierten elektronischen Signatur, was vielfach als nicht praxistauglich angesehen wird, oder die Zustimmung des Auftraggebers zur Textform.
Durch die neue BEV wird ab 1.1.2025 u. a. das Unterschriftserfordernis für Steuerberaterrechnungen in § 9 Abs. 1 StBVV abgeschafft. Für Steuerberater wird mit der Einführung der digitalisierten Rechnungsstellung laut Verordnungsbegründung mit Einsparungen von jährlich 386 Mio. EUR dadurch gerechnet, dass Vergütungsberechnungen auch dann nicht mehr ausgedruckt oder qualifiziert elektronisch signiert werden müssen, wenn keine Zustimmung des Auftraggebers vorliegt. Zudem wird mit weiteren Einsparungen von rund 10,7 Mio. EUR jährlich gerechnet, weil Steuerberater bei einer beabsichtigten elektronischen Rechnungsabwicklung in Textform hierzu nicht mehr die ausdrückliche Zustimmung ihrer Auftraggeber benötigen. Zugleich brauchen Steuerberater ihre Mandanten nicht mehr auf die Folgen einer Zustimmung hinweisen und die Erteilung des Hinweises auch nicht mehr dokumentieren.
Meldeschwellen im Kapital- und Zahlungsverkehr in der Außenwirtschaft
Aktuell sind gemäß § 67 Außenwirtschaftsverordnung (AWV) alle Zahlungen des nicht grenzüberschreitenden Warenverkehrs zwischen einem Inländer und einem Ausländer zu melden. Damit werden auch Daten abgefragt, die keine oder nur geringe Aussagekraft für die Zahlungsbilanz der Bundesrepublik Deutschland bzw. für die Messung der volkswirtschaftlichen Verflechtung der Bundesrepublik Deutschland zu anderen Volkswirtschaften haben. Dazu gehören insbesondere die Gehalts- und Rentenzahlungen, die von großen Unternehmen an die Bundesbank zu melden sind. Verglichen mit der Summe aller an die Bundesbank gemeldeten Zahlungen haben gemeldete Gehalts- und Rentenzahlungen einen Anteil, der nur im Promillebereich liegt. Gleichzeitig lösen diese Meldepflichten einen erheblichen Bürokratieaufwand in den Unternehmen aus, weil mehrere Meldeprozesse (unterschiedliche Systeme und Bereiche) etabliert, die Meldeprozesse gepflegt und weiterentwickelt sowie Kapazitäten für die operative Meldung unterhalten werden müssen. Aus diesen Gründen soll künftig auf die Meldungen der Gehalts- und Rentenzahlungen verzichtet werden.
Mit der Anhebung von Meldeschwellen im Kapital- und Zahlungsverkehr in der Außenwirtschaftsverordnung (AWV) wird die Wirtschaft um weitere rund 14 Mio. EUR pro Jahr entlastet. Die Mehrheit der Meldefristen des § 71 AWV bezieht sich auf Kalendertage. In der Praxis folgt daraus, dass Wochenenden beziehungsweise Feiertage die operative Zeit zur Erstellung der Meldungen effektiv verkürzen. Dadurch entsteht bislang ein wesentlicher, aber unnötiger zusätzlicher Arbeitsaufwand in den Unternehmen, der durch die jetzt erfolgte Umstellung der Meldefrist von Kalendertagen auf Werktage vermieden werden kann. Zudem wird damit § 71 AWV insgesamt vereinheitlicht, da die bisherigen Absätze 1 und 2 bereits eine Werktagsregelung vorsehen.
Gewerberecht
Gewerbeanzeige bei Betriebsstättenverlegung
Bereits mit dem BEG IV hat der Gesetzgeber das Gewerbeanzeigeverfahren erleichtert. Nach geltendem Recht müssen Gewerbetreibende, die ihren Gewerbebetrieb vollständig in den Zuständigkeitsbereich einer anderen Behörde verlegen wollen, am bisherigen Standort der Betriebsstätte die Betriebsaufgabe und am neuen Standort der Betriebsstätte den Betriebsbeginn anzeigen. Künftig soll in diesen Fällen nur noch eine einzige Anzeige gegenüber der Behörde erfolgen, in deren Zuständigkeitsbereich die Betriebsstätte verlegt wird. Im Anschluss daran erfolgt über ein Rückmeldeverfahren der Informationsaustausch zwischen der An- und der Abmeldebehörde (§ 14 Abs. 1 S. 3 GewO).
Wegfall von Sachkundeprüfungen
§ 4 Abs. 1 Finanzanlagenvermittlerverordnung (FinVermV) enthält einen abschließenden Katalog der der Sachkundeprüfung gleichgestellten Ausbildungsabschlüsse. Da sich die Bezeichnung von Aus- und Weiterbildungsabschlüssen durch Änderungen der gesetzlichen Aus- und Weiterbildungsordnungen immer wieder ändert, entsteht bei jeder Änderung Aufwand durch den Anpassungsbedarf der Regelung in der Finanzanlagenvermittlungsverordnung, Unsicherheit bei den Absolventen neuer oder geänderter Aus-/Weiterbildungen und Erklärungsaufwand bei den zuständigen Behörden. Der Berufszugang wird dadurch unnötig erschwert. Zudem besteht ein sachlich nicht gerechtfertigter Unterschied der Regelungen in § 4 FinVermV und in § 4 ImmVermV. Daher werden jetzt auch in § 4 FinVermV allgemein die Nachfolger der dort genannten Abschlussprüfungen mit der Sachkundeprüfung gleichgestellt.
Sofern ein Antragsteller den Sachkundenachweis für Immobiliardarlehensvermittler nicht durch eine IHK-Prüfung oder einen gleichwertigen deutschen Berufsabschluss nachweist, sondern durch einen Studienabschluss, der in einem EU-/EWR-Mitgliedstaat erworben wurde, muss die zuständige Stelle eine Gleichwertigkeitsprüfung vornehmen. Diese verursacht erheblichen Aufwand. Für Finanzanlagenvermittler und Honorar-Finanzanlagenberater ist dagegen bereits eine wirksame Entbürokratisierung beziehungsweise Vereinfachung erfolgt. Hier gilt, dass der erfolgreiche Abschluss eines mathematischen, wirtschaftswissenschaftlichen oder rechtswissenschaftlichen Studiums an einer Hochschule oder Akademie, die einen Abschluss verleiht, der einem Hochschulabschluss gleichgestellt ist, als Sachkundenachweis anerkannt wird, wenn in der Regel zusätzlich eine mindestens dreijährige Berufserfahrung im Bereich der Anlageberatung oder Anlagevermittlung nachgewiesen wird (vgl. § 5 S. 2 i. V. m. § 4 Abs. 2 FinVermV). Daher werden die aktuell gültigen Regelungen für Finanzanlagenvermittler und Honorar-Finanzanlagenberater zum Sachkundenachweis entsprechend auch in § 5 ImmVermV aufgenommen. Dies soll zu einer spürbaren Entlastung für die betroffenen Antragsteller bei der Verfahrensdauer und den Kosten führen.
Versteigerungsrecht
Die Anzeigepflichten nach § 3 Abs. 1 S. 1 und Abs. 2a VerstV gegenüber der Industrie- und Handelskammer entfallen, da sie aus Sicht der Kammern keinen Mehrwert bieten und aufseiten der Versteigerer und der Kammern unnötigen Aufwand verursachen. Dabei handelt es sich bundesweit pro Jahr um mehrere hundert Fälle. In der Versteigererverordnung entfällt deshalb für Versteigerer die Anzeigepflicht gegenüber der Industrie- und Handelskammer. Bestehen bleibt künftig nur noch die Anzeigepflicht gegenüber der zuständigen Behörde.
Lebensmittelrecht
Die Regelungen nach der Lebensmittelinformations-Durchführungsverordnung (LMIDV) für nicht vorverpackte Lebensmittel betreffen eine Vielzahl von Betrieben, insbesondere in der Gastronomie. Hygiene und Transparenz im Hinblick auf die verwendeten Produkte ist von großer Bedeutung in der Küche. Konkret beinhalten die Regelungen zu unverpackten Lebensmitteln die verpflichtende Information des Endverbrauchers über Zutaten in den dort zubereiteten Speisen und Getränken, die möglicherweise Allergien auslösen.
In der Praxis ist für die Gäste das direkte Gespräch – also die mündliche Information – mit den Mitarbeitern der gastronomischen Betriebe regelmäßig das Mittel der Wahl, um sich über die verwendeten Zutaten zu informieren. Die korrekte Information und Beratung der Gäste steht im Fokus der Gastronomiebetriebe, weil die Betriebe ein großes Eigeninteresse daran haben, allergische Reaktionen ihrer Gäste oder sonstige Unverträglichkeiten bei den Gästen zu vermeiden. Neben Haftungsfragen steht hier für die Unternehmen das Wohlbefinden der Gäste und der gute Ruf des Betriebs im Fokus. Die gelebte Praxis zur Umsetzung der Informationsverpflichtung soll jetzt mit den Änderungen der LMIDV durch die BEV genutzt werden, um Spielräume für kreative und flexible Angebote im Restaurantbetrieb zu fördern. Eine rein mündliche Informationspflicht soll künftig für wöchentlich wechselnde Gerichte sowie Tages- oder Saisongerichte ausreichend sein, weshalb diese von der elektronischen oder schriftlichen Dokumentation der Lebensmittelinformations-Durchführungsverordnung ausgenommen werden sollen. Im Übrigen ist künftig die elektronische Information über Zutaten und Verarbeitungshilfsstoffe erlaubt, sofern diese Auflistung unmittelbar und leicht für Verbraucher zugänglich ist.
AUSGABE: AStW 2/2025, S. 141 · ID: 50275505