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§ 1 UStGBetriebsfortführung zugunsten eines Dritten ist kein Umsatz im Rahmen einer Geschäftsveräußerung im Ganzen

Abo-Inhalt11.02.20252003 Min. Lesedauer

Eine Geschäftsveräußerung beschränkt sich auf Leistungen, die zwischen dem Übertragenden und dem Übertragungsempfänger erbracht werden. Die Nichtsteuerbarkeit erfasst daher keine Umsätze, die an Dritte ausgeführt werden. Für solche kommt die Anwendung der Sonderregelung des § 1 Abs. 1a UStG lediglich dann in Betracht, wenn insoweit eine (weitere) Geschäftsveräußerung vorliegt.

Sachverhalt

Die Steuerpflichtige, eine Gebietskörperschaft, war zunächst – zusammen mit einem Landkreis und einer Stadt – Mitglied in einem Zweckverband, der den Bau und den Betrieb eines Schwimmbads zum Gegenstand hatte. Nachdem der Landkreis und die Stadt ihre Mitgliedschaft in dem Zweckverband gekündigt hatten, beschloss die Verbandsversammlung im Jahr 2013, den Zweckverband aufzulösen. Im Rahmen des zwischen der Steuerpflichtigen, dem Landkreis und der Stadt im Jahr 2014 geschlossenen „öffentlich-rechtlichen Vertrags betreffend die Liquidation des Zweckverbands“ sollte die bisher vom Zweckverband wahrgenommene Aufgabe, der Betrieb des Schwimmbads, auf die Steuerpflichtige übergehen.

Hierfür übertrug der Zweckverband sämtliche zum Betrieb des Schwimmbads gehörenden Vermögensgegenstände an die Steuerpflichtige. Die Steuerpflichtige übernahm sämtliche beim Betrieb des Schwimmbads entstandenen Verbindlichkeiten und verpflichtete sich, den Betrieb des Schwimmbads für mindestens zehn Jahre weiter aufrechtzuerhalten. Der Landkreis und die Stadt verpflichteten sich „für die Aufrechterhaltung des Betriebs“ des Schwimmbads zu Zahlungen an die Steuerpflichtige. Diese entsprachen „der bisherigen jährlichen Umlagezahlung für einen Zeitraum von zehn Jahren“.

Sollte die Steuerpflichtige „den Betrieb des Bads vor Ablauf der ersten zehn Jahre gleich aus welchem Grund einstellen“, war sie verpflichtet, „die gezahlte Abfindungssumme anteilig“ zurückzuerstatten. Der „Rückforderungsanspruch“ verminderte sich dabei „um jeweils 1/10 für jedes Jahr der Betriebsfortführung“.

In ihrer Umsatzsteuererklärung für das Streitjahr 2014 für das als „Betrieb gewerblicher Art“ bezeichnete Unternehmen errechnete die Steuerpflichtige einen Vorsteuerüberhang. Umsätze aus der Übernahme des Schwimmbads waren in der Erklärung nicht enthalten.

Demgegenüber vertrat das Finanzamt die Auffassung, dass die vom Landkreis und der Stadt geleisteten Zahlungen einen der Umsatzsteuer zu unterwerfenden Leistungsaustausch darstellten, da die Steuerpflichtige das Entgelt nur aufgrund des Weiterbetriebs des Schwimmbads erhalten habe und der Vorteil für die Zahlenden darin bestehe, die Verpflichtung aus der Mitgliedschaft in dem Zweckverband abgegeben zu haben und die eigenen Interessen durch die Steuerpflichtige erfüllt zu sehen. Das Finanzamt erließ einen entsprechenden Umsatzsteuerbescheid.

Während des hiergegen gerichteten außergerichtlichen Rechtsbehelfsverfahrens ging das FA davon aus, dass die Zahlungen des Landkreises und der Stadt dem ermäßigten Steuersatz des § 12 Abs. 2 Nr. 9 UStG unterlägen, da sie unmittelbar mit der Leistung in Form der Aufrechterhaltung des Betriebs des Schwimmbads einhergegangen seien. Es setzte die Umsatzsteuer für das Streitjahr entsprechend herab und wies den Einspruch im Übrigen als unbegründet zurück.

Der hiergegen gerichteten Klage gab das FG statt. Es habe zwar ein Leistungsaustausch vorgelegen, doch sei dieser Umsatz im Rahmen einer Geschäftsveräußerung im Ganzen nicht steuerbar. Die Zahlungen des Landkreises und der Stadt an die Steuerpflichtige stellten ein Entgelt für die Verpflichtung zum Weiterbetrieb des Schwimmbads dar. Der unmittelbare Zusammenhang ergebe sich daraus, dass die Zahlungen gerade dafür erfolgten, dass die Steuerpflichtige den anderen beiden Gebietskörperschaften den Weiterbetrieb des Schwimmbads abgenommen habe. Es habe sich weder um einen Zuschuss noch um ein Entgelt von dritter Seite gehandelt.

Hiergegen wandte sich das FA mit seiner Revision. Mangels Vorliegens einer Personenidentität von Veräußerer und Zahlendem sei die Sonderregelung des § 1 Abs. 1a UStG ihrem Wortlaut nach nicht einschlägig. Eine Anwendung über den Wortlaut hinaus sei vom Gesetzgeber nicht bezweckt worden und auch unionsrechtlich nicht geboten.

Entscheidung

Die Revision des FA war begründet. Der BFH sah die Voraussetzungen einer nicht steuerbaren Geschäftsveräußerung im Ganzen als erfüllt an. Voraussetzung für die Geschäftsveräußerung ist gemäß § 1 Abs. 1a Satz 2 UStG, dass ein Unternehmen oder ein in der Gliederung eines Unternehmens gesondert geführter Betrieb im Ganzen entgeltlich oder unentgeltlich übereignet oder in eine Gesellschaft eingebracht wird.

Ist das Vorliegen einer Geschäftsveräußerung zu bejahen, beschränkt sich die sich hieraus ergebende Nichtsteuerbarkeit auf Leistungen, die zwischen dem Übertragenden und dem Übertragungsempfänger erbracht werden. Die Nichtsteuerbarkeit erfasst daher keine Umsätze, die an Dritte ausgeführt werden.

Das FG hatte nach Meinung des BFH den Sachverhalt des Streitfalls zwar in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise dahin gehend gewürdigt, dass die Steuerpflichtige an den Landkreis und die Stadt gesonderte Leistungen zu erbringen hat, die durch deren Zahlungen als Entgelt vergütet werden. Es war aber rechtsfehlerhaft davon ausgegangen, dass diese von der Steuerpflichtige gegenüber Dritten zu erbringende Leistung als Umsatz „im Rahmen einer Geschäftsveräußerung“ i. S. v. § 1 Abs. 1a Satz 1 UStG anzusehen ist, da es die bei Auslegung dieser Vorschrift maßgeblichen Beschränkungen (s. o.) nicht beachtet hat.

Entscheidend für die Annahme eines separaten Leistungsaustauschs ist, ob ein individueller Leistungsempfänger vorhanden ist, der aus der Leistung einen Vorteil zieht, der Gegenstand eines Leistungsaustauschs sein kann. Insoweit hat das FG nachvollziehbar darauf abgestellt, dass der Landkreis und die Stadt jeweils individuell Vorteile aus den Leistungen der Steuerpflichtigen dadurch zogen, dass der Landkreis und die Stadt das Schwimmbad, in dessen Einzugsgebiet sie liegen, nicht mehr – wie bisher über ihre Mitgliedschaft im Zweckverband und damit mittelbar – weiterbetreiben mussten, sondern dies nun ausschließlich die Steuerpflichtige übernahm.

Das Vorliegen solcher Vorteile steht zugleich der Annahme entgegen, die Zahlungen des Landkreises und der Stadt könnten als anteilige Übernahme von (prognostizierten) Verlusten des Zweckverbands anzusehen sein.

Fundstelle

ID: 50275484

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