Sie sind auf dem neuesten Stand
Sie haben die Ausgabe Sept. 2024 abgeschlossen.
ArbeitgeberleistungenMitarbeiter im Vermittlerbetrieb richtig bewirten: Das gilt für die Lohnversteuerung
| In vielen Vermittlerbetrieben stehen kleine Gesten und Aufmerksamkeiten für die Mitarbeiter auf der Tagesordnung. So werden diesen oftmals Getränke und kleinere Leckereien kostenlos zur Verfügung gestellt. Aber auch eine Essenseinladung anlässlich besonderer Ereignisse darf nicht fehlen. In der Lohnabrechnung oder im Rahmen einer Betriebsprüfung wirft das oft Fragen auf. VVP liefert Ihnen daher nachfolgend ein Update und bezieht dabei die neueste Rechtsprechung ein. |
Inhaltsverzeichnis
Aufmerksamkeiten wie Kaffee, Tee, Kekse und Wasser
In vielen Betrieben dürfen sich die Mitarbeiter frei an Getränken wie Kaffee, Tee und Wasser bedienen und auch kleinere Leckereien wie Kekse oder ein Obstteller stehen den Arbeitnehmern zur freien (kostenlosen) Verfügung.
Bei diesen „Kleinigkeiten“ handelt es sich um reine Aufmerksamkeiten des Arbeitgebers. Diese dienen lediglich der Ausgestaltung des Arbeitsplatzes sowie der Schaffung günstiger betrieblicher Arbeitsbedingungen; sie haben keinen Entlohnungscharakter. Die Zuwendung ist deshalb gemäß R 19.6 Abs. 2 S. 1 LStR nicht als Arbeitslohn zu erfassen und nach § 1 Abs. 1 SvEV beitragsfrei in der Sozialversicherung.
Beispiel |
Im Vermittlerbetrieb des A erhalten Mitarbeiter Kaffee sowie Tee und Wasser. Die Mitarbeiter können sich kostenlos bedienen. Die von A zu tragenden Kosten für den Kaffee, Tee und Wasser belaufen sich auf rund 1.500 Euro jährlich. Ergebnis: Die Kosten sind in voller Höhe bei A als Betriebsausgabe abzugsfähig. Bei den Mitarbeitern ergibt sich kein steuerpflichtiger Arbeitslohn, weil es sich um Aufmerksamkeiten handelt. Das gilt auch für den Kaffee, Tee und das Wasser, das Inhaber A selbst verzehrt. |
Begünstigt sind Aufmerksamkeiten nur beim Verzehr im Betrieb. Darf Ihr Mitarbeiter die Genussmittel oder Getränke mit nach Hause nehmen, liegen keine steuerbegünstigten Aufmerksamkeiten mehr vor.
Praxistipp | Oft bestellen Betriebe Obstkörbe, an denen sich die Mitarbeiter bedienen können. In den meisten Fällen verzehren die Mitarbeiter das Obst im Betrieb, damit greift die Regelung in R 19.6 LStR (Aufmerksamkeiten). Anders als bei der Gestellung von Kaffee, Tee und Wasser kann bei Obst nicht überwacht werden, wo das Obst eingenommen wird. |
Einen Ausweg bietet hier die Regelung des § 3 Nr. 34 EStG: Die Bereitstellung von Obst fällt unter §§ 20, 20b SGB V und kann daher dem Bereich der Förderung der Gesundheit im Betrieb nach § 3 Nr. 34 EStG zugeordnet werden; es gilt der Freibetrag in Höhe von jährlich 600 Euro pro Mitarbeiter. So wird es wohl auch in der Praxis gelebt und bei Lohnsteuer-Außenprüfungen nicht beanstandet. |
Beispiel |
Über § 3 Nr. 34 EStG lässt sich auch Obst „abwickeln“ Vermittler B bestellt für seine zehn Mitarbeiter zweimal wöchentlich einen Obstkorb. Die Mitarbeiter können sich kostenlos bedienen. Die von B zu tragenden Kosten belaufen sich auf rund 2.000 Euro jährlich. Gesundheitsleistungen nach § 3 Nr. 34 EStG erbringt B bisher nicht. Ergebnis: Die Kosten sind in voller Höhe bei B als Betriebsausgaben abzugsfähig. Bei seinen Mitarbeitern ergibt sich kein steuerpflichtiger Arbeitslohn, weil es sich um nach R 19.6 LStR und § 3 Nr. 34 EStG steuer- sowie beitragsfreie Leistungen handelt. |
„Kleines“ tägliches Frühstück durch den Arbeitgeber?
Arbeitslohn ergibt sich hingegen grundsätzlich, wenn Sie als Arbeitgeber den Mitarbeitern eine komplette Mahlzeit wie Frühstück, Mittag- oder Abendessen zur Verfügung stellen. Über die Regelung für Aufmerksamkeiten ist es aber zulässig, dass Sie Ihren Mitarbeitern – theoretisch täglich – ein „kleines“ Frühstück reichen. Dazu dürfen Sie Ihren Mitarbeitern lediglich unbelegte Brötchen und Heißgetränke zur Verfügung stellen. Belag oder Aufstrich müssen die Mitarbeiter selbst mitbringen.
Der Vorteil: Nach Auffassung der Richter des BFH umfasst ein „richtiges“ Frühstück auch den Belag der Brötchen (BFH, Urteil vom 03.07.2019, Az. VI R 36/17, Abruf-Nr. 211195). Wird den Arbeitnehmern der Belag nicht gestellt, liegen folglich (gerade noch so) steuerbegünstigte Aufmerksamkeiten vor. Wird hingegen auch der Belag gestellt, ergeben sich bei den Mitarbeitern steuerpflichtige Sachzuwendungen. Diese sind mit den amtlichen Sachbezugswerten anzusetzen (Wert eines Frühstücks 2024: 2,17 Euro je Mitarbeiter).
Wichtig | Die Sachbezugsfreigrenze von 50 Euro gemäß § 8 Abs. 2 S. 11 EStG ist nicht anwendbar. Denn die Sachbezüge werden nicht nach § 8 Abs. 2 S. 1 EStG bewertet.
Speisen anlässlich eines außergewöhnlichen Arbeitseinsatzes
Gewähren Sie Ihren Mitarbeitern anlässlich und während eines außergewöhnlichen Arbeitseinsatzes im ganz überwiegend betrieblichen Interesse an einer günstigen Gestaltung des Arbeitsablaufs unentgeltlich oder teilentgeltlich Speisen und Getränke, ergibt sich bei den Mitarbeitern ebenfalls kein steuerpflichtiger Arbeitslohn (R 19.6 Abs. 2 S. 2 LStR). Daher ist es möglich, etwa während einer außergewöhnlichen betrieblichen Besprechung den Mitarbeitern eine vollständige Mahlzeit zur Verfügung zu stellen. Einzige Einschränkung: Der Wert der Mahlzeit darf 60 Euro pro Person nicht überschreiten.
Mahlzeitengestellungen anlässlich/während des Arbeitseinsatzes
Diese Regelungen gelten nur bei Mahlzeitengestellungen anlässlich und während eines außergewöhnlichen Arbeitseinsatzes.
Beispiel |
Das gilt beim außergewöhnlichen Arbeitseinsatz für den Betrieb Vermittlerbetrieb U beruft eine dringende Besprechung mit allen Mitarbeitern im direkten Anschluss an die reguläre Arbeitszeit ein. Es soll über eine kurzfristige Strategie-Anpassung gesprochen werden. Damit die zehn Mitarbeiter nicht zunächst wegen des Abendessens nach Hause fahren müssen, bestellt U für diese Pizza und Softgetränke in den Betrieb. Die Rechnung beläuft sich auf 200 Euro. |
Ergebnis: Bei den Mitarbeitern ergibt sich kein Arbeitslohn. Es handelt sich um die unentgeltliche Gewährung von Speisen und Getränken anlässlich und während eines außergewöhnlichen Arbeitseinsatzes. Das ist auch im ganz überwiegend betrieblichen Interesse, weil sich so der Arbeitsablauf günstig gestalten lässt. |
Timing geschickt wählen Praxistipp | Es empfiehlt sich, zumindest einen Teil des Arbeitseinsatzes auf eine Zeit nach dem Essen zu verlagern. Denn wird erst der außergewöhnliche Arbeitseinsatz beendet und im Anschluss gemeinsam gegessen, handelt es sich für die Arbeitnehmer regelmäßig um steuerpflichtigen Arbeitslohn. Dies sollte unbedingt vermieden werden. |
Außergewöhnlichkeit des Arbeitseinsatzes
Der Arbeitseinsatz muss außergewöhnlich sein. Bei regelmäßigen Besprechungen wie z. B. einem Wochen- oder Monatsrückblick ist dies nicht der Fall. Folglich ergibt sich in den Fällen steuer- und beitragspflichtiger Arbeitslohn für die Mitarbeiter (BFH, Urteil vom 04.08.1994, Az. VI R 61/92).
Teilnahme von Arbeitnehmern an geschäftlicher Bewirtung
Oft nehmen Mitarbeiter auch an geschäftlich veranlassten Bewirtungen, wie z. B. an der Bewirtung eines Geschäftskunden teil. Diese Aufwendungen sind bei Ihnen als Arbeitgeber nach § 4 Abs. 5 Nr. 2 EStG zwar lediglich zu 70 Prozent als Betriebsausgaben abzugsfähig. Bei den bewirteten Mitarbeitern bleibt das aber lohnsteuerfrei (R 8.1 Abs. 8 Nr. 1 LStR). Denn die Mahlzeit haben Sie im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse abgegeben.
Beispiel |
... und bleibt lohnsteuerfrei Vermittler V bewirtet einen Geschäftskunden in einer Gaststätte. An der Bewirtung nimmt auch der Außendienst-Mitarbeiter M teil. Die Rechnung der Gaststätte lautet auf einen Betrag von 150 Euro (je Person 50 Euro). Ergebnis: V kann 70 Prozent der Kosten als Betriebsausgaben abziehen. Bei Mitarbeiter M ergibt sich kein steuerpflichtiger Arbeitslohn, da er im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse bewirtet wird. |
Anlass und Teilnehmerkreis dokumentieren Praxistipp | Aus der Bewirtungsrechnung sollte klar erkennbar sein, dass Geschäftspartner an der Bewirtung teilgenommen haben. Dann kann immer eine begünstigte Bewirtung unterstellt werden. Ist hingegen erkennbar, dass es sich um eine reine Belohnung handelt, liegt eine Incentive-Maßnahme vor. Diese kann ggf. nach § 37 Abs. 1 EStG pauschal versteuert werden. Eine genaue Dokumentation über Anlass und Teilnehmerkreis der Bewirtung ist daher zu empfehlen. |
Bewirtung anlässlich einer Betriebsveranstaltung
Werden Arbeitnehmer im Rahmen einer Betriebsveranstaltung des Arbeitgebers (z. B. Sommerfest, Weihnachtsfeier) verpflegt, führt der Vorteil bei den Arbeitnehmern für bis zu zwei Betriebsveranstaltungen jährlich nach § 19 Abs. 1 Nr. 1a EStG nicht zu steuerpflichtigem Arbeitslohn. Vorausgesetzt, die Kosten je Mitarbeiter und Betriebsveranstaltung betragen nicht mehr als 110 Euro brutto (Freibetrag, keine Freigrenze). Übersteigt der auf den einzelnen Mitarbeiter entfallende Anteil den Freibetrag, ist der übersteigende Betrag steuerpflichtig. Es kann nach § 40 Abs. 2 Nr. 2 EStG pauschal mit einem Steuersatz von 25 Prozent besteuert werden.
In die Ermittlung der auf den einzelnen Mitarbeiter entfallenden Kosten sind neben den direkt zuzurechnenden Kosten für die Bewirtung auch diejenigen Kosten einzubeziehen, die sich nicht direkt zurechnen lassen (z. B. anteilige Raummiete für einen Saal, Tischdekoration, Musik/DJ, Geschenke anlässlich der Feier usw.). Auch die auf eine etwaige Begleitperson entfallenden Kosten (z. B. Ehegatte) sind in die Berechnung einzubeziehen. Maßgebend für die Verteilung der Kosten sind nur die tatsächlich anwesenden Personen (BFH, Urteil vom 29.04.2021, Az. VI R 31/18, Abruf-Nr. 223501).
Beispiel |
Vermittlerbetrieb B lädt neun Mitarbeiter inklusive Partner zu einer luxuriösen Weihnachtsfeier ein. Acht Mitarbeiter nehmen an der Veranstaltung teil, sechs davon mit ihrem Ehegatten. Die Gesamtkosten der Feier für diese 14 Personen belaufen sich auf 1.190 Euro. Ergebnis: Bei den zwei allein erscheinenden Mitarbeitern ergibt sich kein steuerpflichtiger Arbeitslohn, weil der Freibetrag von 110 Euro nicht überschritten wurde (Gesamtkosten 1.190 Euro : 14 Personen = 85 Euro). Bei den sechs mit ihren Ehegatten erscheinenden Arbeitnehmern beträgt der Vorteil je Arbeitnehmer 170 Euro (2 x 85 Euro). Damit wird bei diesen der Freibetrag von 110 Euro überschritten und der übersteigende Betrag von 60 Euro je Mitarbeiter stellt steuer- und beitragspflichtigen Arbeitslohn dar. |
Übrige Bewirtung von Mitarbeitern
Erhalten Ihre Mitarbeiter eine kostenlose Mahlzeit, führt diese beim Mitarbeiter regelmäßig zu steuer- und beitragspflichtigem Arbeitslohn. Maßgebend sind gemäß § 8 Abs. 2 S. 6 EStG die jeweiligen Sachbezugswerte des § 17 SGB IV (2024: für Mittag- oder Abendessen: 4,13 Euro, für Frühstück: 2,17 Euro). Die Sachbezugsfreigrenze kann hier nicht genutzt werden.
AUSGABE: VVP 9/2024, S. 13 · ID: 47716034