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RegressVersicherer verlangt Kosten für Unterstützung des Gutachters durch Werkstatt vom Gutachter zurück

Top-BeitragAbo-Inhalt14.10.20242818 Min. Lesedauer

| Es war zu erwarten: Ein Versicherer wehrt sich nun auf neuem Weg gegen die „Hebebühnenbenutzungskosten“ und alles das, was daraus geworden ist. Nach Kenntnisstand von UE hat der Versicherer verschiedene Testballons gestartet. Gezielt sucht er dafür Vorgänge heraus, bei denen eine ernst zu nehmende Unterstützung der Werkstatt für den Gutachter sehr offensichtlich gar nicht stattgefunden hat, die Rechnung der Werkstatt an den Schadengutachter folglich kräftig nach „Kickback“ riecht, was dem Gericht auch nicht entgehen wird. UE macht Sie mit dieser Entwicklung vertraut. |

Um diese Fälle geht es: Hilfeleistung nicht erkennbar

Ein wichtiger Hinweis vorab: Die folgenden Ausführungen befassen sich mit den Fällen, in denen eine Hilfeleistung der Werkstatt nicht zu erkennen ist.

Die Ausgangslage ist immer dieselbe: Die Werkstatt berechnet einen Betrag an den Schadengutachter. Der nimmt diese Rechnung als Fremdkosten mit in seine Rechnung auf. Der Geschädigte selbst kümmert sich mit anwaltlicher Hilfe um die Erstattung auch der Gutachterrechnung. Die Position der „Fremdkosten“ in der Gutachterrechnung unterfallen dem subjektbezogenen Schadenbegriff. Also tritt der Geschädigte eventuelle Rückforderungsansprüche gegen den Schadengutachter an den Versicherer ab. Das muss er bekanntlich tun, wenn er nicht mit dem Versicherer um die Berechtigung der einzelnen Rechnungspositionen streiten möchte. Und der Anwalt kann seiner Pflicht, im Interesse des Mandanten so zu handeln, nicht ausweichen. Denn er riskiert sonst einen Regress des Rechtschutzversicherers des Mandanten gegen sich.

Der Versicherer erstattet die Rechnung in voller Höhe, das Geld geht an den Schadengutachter. So weit, so (bisher) gut. Doch nun erhält der Gutachter Post vom Versicherer: Auf Grundlage der Vorteilsausgleichsabtretung verlangt er die Kosten für die Unterstützungsleistungen der Werkstatt zurück.

Schadengutachter – richtiger Adressat für Rückforderung

Warum von mir? So mag der Gutachter denken. Ich habe das Geld doch gar nicht mehr, ich habe es an die Werkstatt weitergeleitet. Das allerdings ist der falsche Ansatz. Denn das Geld floss an den Gutachter. Was der damit gemacht hat, ist auf dieser Ebene ohne Bedeutung. Wenn er das Geld an den Versicherer zurückzahlen muss und er keine Vereinbarung mit der Werkstatt hat, dass die es dann auch nicht behalten darf, geht das eben von seiner Marge ab. Bei einem „echten“ Kickback wäre das ja durchaus der Normalfall.

Wie aussichtsreich das für den Versicherer ist

Die UE vorliegenden Fälle basieren ausnahmslos auf Vorgängen, bei denen ein mäßig beschädigtes Fahrzeug auf der Freifläche der Werkstatt fotografiert wurde. Es gibt kein Foto „von unten“, dazu gab es auch keine Notwendigkeit. Es musste nichts demontiert werden. Das Fahrzeug war fahrfähig. Mehr als „Hier ist die Kopie vom Fahrzeugschein, hier ist der Schlüssel, das Auto steht dahinten …“ ist als Unterstützungsleistung der Werkstatt nicht denkbar. Die Rechnungen für die Unterstützungsleistung liegen in den vorliegenden Fällen zwischen 80 und 120 Euro netto.

Manches Gericht wird das als Rechnung ohne dahinter stehende Leistung einstufen, was nicht als abwegig erscheint. Temperamentvolle Richter werden vom schlecht getarnten Kickback sprechen.

Für den Regress des Versicherers gegen den Schadengutachter stellt sich die Frage, ob der Schadengutachter diese Position zu Recht an seinen Auftraggeber, den Geschädigten weiterberechnet hat, obwohl er weiß, dass keine Leistung dahinter lag. Hat er die Position zu Unrecht an den Geschädigten weiterberechnet, kann der Geschädigte den Betrag zurückverlangen. Diesen Rückforderungsanspruch hat der Geschädigte an den Versicherer abgetreten.

UE fürchtet, dass in den Fällen wie den beschriebenen das Ergebnis sein wird: Hinter der Rechnung steckt keine nachvollziehbare Leistung außer der, dem Geschädigten diesen Gutachter empfohlen zu haben. Also hat der Schadengutachter wissentlich eine Rechnung ohne zugrunde liegende Leistung in seine Rechnung an den Geschädigten integriert. Den Anteil hätte der Geschädigte nicht bezahlen müssen. Also konnte der entsprechend zurückfordern, und nach der Vorteilsausgleichsabtretung kann es nun eben der Versicherer.

Praxistipp | Dem Schadengutachter, der mit einem solchen Regress konfrontiert wird, kann nur dazu geraten werden, es nicht auf einen Rechtsstreit ankommen zu lassen. Denn erstens wird der wenig Aussicht auf Erfolg haben. Zweitens wird sich das Gericht (das „Heimatgericht“ des Gutachters!) ein Bild von dem Geschäftsgebaren zwischen Gutachter und Werkstatt machen, das in anderen Fällen mit zugrunde liegender Leistung der Werkstatt nicht förderlich sein wird. Und drittens könnte ein Gericht in einem solchen Urteil bereits die Bemerkung machen, wenn eine Leistung dahinter gestanden hätte, wäre der berechnete Betrag dennoch jenseits von Gut und Böse gewesen.

Übrigens: Auch der Fiskus könnte von einer Rechnung ohne dahinter stehende Leistung ausgehen; dies könnte steuerliche Probleme nach sich ziehen. Eine solche Rechnung wird dann als Betriebssausgabe kaum anerkannt und der Vorsteuerabzug wird wohl versagt werden.

Rechnung mit dahinter stehender Leistung ist rechtens

Die Nutzung der Hebebühne ist eine Leistung, die durchaus einer Rechnung zugrunde gelegt werden kann, weil eine Leistung dahinter steht. Es liegt auf der Hand, dass Leistungen der Werkstatt wie Demontagearbeiten oder die tatkräftige Mithilfe der Werkstatt dabei, das nicht mehr rollfähige Fahrzeug auf die Hebebühne zu wuchten, in Rechnung gestellt werden dürfen.

Weiterführender Hinweis
  • Beitrag „Hebebühnenbenutzungsgebühr: Goethes Zauberlehrling ist Gutachter und Werkstätten zaubern mit“, UE 8/2024, Seite 6 → Ábruf-Nr. 50094469

AUSGABE: UE 11/2024, S. 9 · ID: 50191204

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