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EinkommensteuerZur Wehr setzen gegen die Doppelbesteuerung von Renten: So ist der Stand der Dinge
| Bis zum 10.03.2025 ergingen Einkommensteuerbescheide vorläufig hinsichtlich der Frage, ob es zu einer unzulässigen Doppelbesteuerung von Renten gekommen sein könnte. In neuen Bescheiden fehlt die Vorläufigkeit. Anlass für ein Update: Wie ist der Stand der Dinge und was ist zu veranlassen? |
Warum es zu einer Doppelbesteuerung kommen (könnte)
Seit 2005 werden Basisrenten – z. B. von der gesetzlichen Rentenversicherung – versteuert (§ 22 S. 1 Nr. 1 S. 3 a) aa) EStG). Zwar unterliegen bei einem Rentenbeginn vor dem 01.01.2005 nur 50 Prozent der Besteuerung. Seitdem steigt der Besteuerungsanteil aber an. Wer 2025 in Rente geht, muss 83,5 Prozent versteuern. Das allein führt nicht zu einer Doppelbesteuerung. Problematisch ist aber, dass die Beiträge in früheren Jahren nicht bzw. nicht vollständig abzugsfähig waren. Die nun teilweise steuerpflichtige Rente wurde also zum Teil aus versteuertem Geld bezahlt. Ist das zulässig?
Der Stand der Klageverfahren
Gegen die derzeitige Form der Rentenbesteuerung ist mehrfach geklagt worden. Der BFH geht davon aus, dass das aktuelle System grundsätzlich verfassungsgemäß ist, es aber im Einzelfall zu einer Doppelbesteuerung kommen könnte. Die wäre aber konkret nachzuweisen (u. a. BFH, Urteile vom 19.05.2021, Az. X R 20/19, Abruf-Nr. 222652 und Az. X R 33/19, Abruf-Nr. 222650). Die dagegen erhobene Verfassungsbeschwerde hat das BVerfG nicht zur Entscheidung angenommen (BVerfG, Beschlüsse vom 07.11.2023, Az. 2 BvR 1140/21, Abruf-Nr. 248323 und Az. 2 BvR 1143/21, Abruf-Nr. 248324). Dennoch sind aktuell weitere Verfahren beim BFH anhängig (Az. X R 18/23 und X R 9/24).
Stand der Vorläufigkeiten
Zwar wurde mit BMF-Schreiben vom 30.08.2021 (Az. IV A 3 – S 0338/19/10006 :001, Abruf-Nr. 224418) verfügt, dass hinsichtlich dieser Rechtsfrage alle Steuerbescheide vorläufig zu ergehen haben (§ 165 Abs. 1 Nr. 3 AO). Dieses Schreiben ist jedoch mit Schreiben vom 10.03.2025 (Abruf-Nr. 248725) aufgehoben worden, da die Verwaltung das Thema als „geklärt“ ansieht. Die Folge: Alle ab dem 11.03.2025 erteilten Bescheide enthalten keine Vorläufigkeit.
Das ist in der Praxis jetzt veranlasst
In bereits erteilten Bescheiden bleibt die Vorläufigkeit bestehen. Allerdings ist lt. BMF vom 10.03.2025 die „Ungewissheit“ i. S. v. § 171 Abs. 8 S. 2 AO entfallen. Das führt dazu, dass grundsätzlich mit Ablauf des 10.03.2027 Verjährung eintritt – es sei denn es besteht eine andere Ablaufhemmung. Soll in Altfällen der Doppelbesteuerungsvorwurf aufrechterhalten werden, sollte daher aktiv Einspruch erhoben werden. Dort sollte auf die neuen anhängigen Verfahren verwiesen und um Verfahrensruhe nach § 363 Abs. 2 AO gebeten werden. Gleiches gilt für neue Bescheide ohne Vorläufigkeitsvermerk. Werden diese nicht angefochten, erwachsen sie nach Ablauf der Rechtsbehelfsfrist in Bestandskraft.
AUSGABE: SSP 7/2025, S. 5 · ID: 50437221