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UnternehmensverkaufVerkauf eines Mitunternehmeranteils: Die „Earn-Out-Zahlung“ wird im Zuflussjahr besteuert
| Der Veräußerungsgewinn ist grundsätzlich auf den Zeitpunkt zu ermitteln, in dem er entstanden ist. Das ist der Zeitpunkt, zu dem das rechtliche oder zumindest wirtschaftliche Eigentum auf den Erwerber übergeht – ganz unabhängig davon, ob der vereinbarte Kaufpreis sofort fällig, in Raten zahlbar oder langfristig gestundet ist, und wann der Veräußerungserlös dem Veräußerer tatsächlich zufließt. Eine Ausnahme gibt es aber: Bei Vereinbarung gewinn- oder umsatzabhängiger Earn-Out-Zahlungen ist auf die Realisation des Veräußerungsentgelts abzustellen. Das hat der BFH klargestellt. |
Der Normalfall: Veräußerungsgewinn wird sofort besteuert
Wird ein Mitunternehmeranteil veräußert, ist der Veräußerungsgewinn der Betrag, um den der Veräußerungspreis nach Abzug der Veräußerungskosten den Wert des Anteils am Betriebsvermögen übersteigt (§ 16 Abs. 2 S. 1 EStG).
Der Veräußerungsgewinn ist grundsätzlich für den Zeitpunkt zu ermitteln, in dem er entstanden ist. Dies ist regelmäßig der Zeitpunkt der Veräußerung. Also der Zeitpunkt, zu dem das rechtliche oder zumindest wirtschaftliche Eigentum auf den Käufer übergegangen ist. Das gilt unabhängig davon, ob der vereinbarte Kaufpreis sofort fällig, in Raten zahlbar oder langfristig gestundet ist und wann der Veräußerungserlös dem Veräußerer tatsächlich zufließt. Der Veräußerungsgewinn ist daher regelmäßig stichtagsbezogen auf den Veräußerungszeitpunkt zu ermitteln.
Hat der Erwerber seine Gegenleistungspflicht noch nicht erbracht, sind sämtliche Änderungen zwischen der Begründung der Forderung auf die Gegenleistung und deren Erfüllung bei der Ermittlung des Veräußerungspreises zu berücksichtigen. Dabei ist es unerheblich, welche Gründe für die Minderung oder Erhöhung des tatsächlich erzielten Kaufpreises maßgeblich waren.
Verändert sich der Wert der Gegenleistung nach vollständiger Erfüllung der Gegenleistungspflicht, beeinflusst das die Höhe des Veräußerungspreises grundsätzlich nicht mehr. Anders ist es nur, wenn der Rechtsgrund für die spätere Änderung im ursprünglichen Rechtsgeschäft bereits angelegt war.
Die Ausnahme: Earn-Out-Vereinbarung und -Zahlung
Bei gewinn- oder umsatzabhängiger Kaufpreisabrede macht die Rechtsprechung eine Ausnahme vom dargestellten Grundsatz der stichtagsbezogenen Betrachtung auf den Veräußerungszeitpunkt. Hier wird auf die Realisation des Veräußerungsentgelts im Zeitpunkt des Zuflusses abgestellt. Es handelt sich insoweit um aufschiebend bedingte Kaufpreisansprüche (§ 158 Abs. 1 BGB), da im Zeitpunkt der Veräußerung weder feststeht, ob in den Folgejahren eine Kaufpreisforderung entsteht noch wie hoch diese sein wird. Diese Grundsätze hat der BFH soeben bestätigt (BFH, Urteil vom 09.11.2023, Az. IV R 9/21, Abruf-Nr. 239077).
Um diesen Fall ging es beim BFH
Im konkreten Fall war ein Mitunternehmeranteil verkauft worden. Vereinbart waren ein Fixum und eine variable Vergütung (Earn-Out), die sich an der Entwicklung der Rohmarge (Nettoumsatz abzüglich Materialeinstandskosten) orientierte.
Die Earn-Out-Vereinbarung
Wenn die Rohmarge in einem der drei für das Earn-Out-Modell relevanten Geschäftsjahre den Betrag von zehn Mio. Euro überstieg, sollte die Verkäuferin dafür 533.000 Euro erhalten. Unterschritt die Rohmarge einen Betrag von acht Mio. Euro, sollte für das entsprechende Geschäftsjahr kein variables Entgelt anfallen. Im Bereich zwischen einer Rohmarge von acht Mio. und zehn Mio. Euro sollte das variable Entgelt linear zwischen null Euro und 533.000 Euro betragen.
Das Begehren des Finanzamts
Das Finanzamt wollte die in den Jahren 2011 bis 2013 auf der Basis geleisteten Earn-Out-Zahlungen in Höhe von insgesamt 815.819 Euro („Earn-Out“) als nachträgliche Kaufpreiszahlungen gemäß § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO im Jahr der Veräußerung berücksichtigen.
Die Entscheidung des BFH
Dagegen wandte sich der Verkäufer und bekam sowohl beim FG als auch beim BFH Recht. Die in den Jahren 2011 bis 2013 zugeflossenen Earn-Out-Zahlungen in Höhe von insgesamt 815.819 Euro seien nicht in die Ermittlung des Veräußerungsgewinns im Jahr 2010 einzubeziehen. Denn bei der im Veräußerungsvertrag getroffenen Vereinbarung eines zusätzlichen variablen Entgelts handelte es sich um eine umsatzabhängige Kaufpreisabrede mit der Folge, dass die Kaufpreiszahlungen erst im Zeitpunkt des Zuflusses zu besteuern sind (BFH, Urteil vom 09.11.2023, Az. IV R 9/21, Abruf-Nr. 239077).
Nach der vertraglichen Ausgestaltung war nicht nur die Entstehung des Anspruchs auf das zusätzliche variable Entgelt dem Grunde nach umsatzabhängig, Gleiches galt auch für die Höhe des variablen Entgelts. Damit war die Entstehung eines zusätzlichen Kaufpreisanspruchs im Zeitpunkt der Veräußerung im Jahr 2010 weder dem Grund noch der Höhe nach „so gut wie sicher“. Unter Beachtung des Realisationsprinzips kam deshalb eine Berücksichtigung bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns im Rahmen der gesonderten und einheitlichen Feststellung der Besteuerungsgrundlagen für das Jahr 2010 nicht im Betracht. Denn das Veräußerungsentgelt wurde durch die Veräußerin insoweit erst im Zeitpunkt des Zuflusses in den Jahren 2011, 2012 und 2013 realisiert.
AUSGABE: SSP 3/2024, S. 26 · ID: 49869314