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PV-AnlagenPV-Anlagen-GbR und VuV-Objekt: So kann man stille Reserven steuergestaltend entstricken
| Betreibt eine GbR ein Vermietungsobjekt und auf dem Dach eine PV-Anlage, kam es bisher regelmäßig zur gewerblichen Infizierung. Doch wie kann diese steuergestaltend gelöst werden? Und was gilt es zu beachten, wenn für den Betrieb der PV-Anlage eine zweite personen- und beteiligungsidentische GbR gegründet wurde? Lässt sich hier durch eine Realteilung gestaltend eingreifen? SSP klärt auf. |
Ausgangssachverhalt 1: Eine Gesellschaft mit PV-Anlage
Im – nachfolgend diskutierten – ersten Fall vermietet eine GbR ein Bürogebäude mit einer Gewerbeeinheit. Auf dem Dach hat die GbR im Jahr 2020 eine PV-Anlage mit 20 kWp installiert. Der erzeugte Strom wird an den Mieter geliefert, der Überschuss wird an den Netzbetreiber veräußert.
Gewerbliche Infizierung führt zu gewerblichen Einkünften
Die GbR erzielt mit der Vermietung Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung nach § 21 EStG. Parallel werden durch den Betrieb der PV-Anlage Einkünfte aus Gewerbebetrieb (§ 15 EStG) erzielt. Aufgrund dieser gewerblichen Einkünfte werden die Vermietungseinkünfte in gewerbliche Einkünfte umqualifiziert (§ 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG → Abfärbe- bzw. Infektionstheorie). Das gilt nur dann nicht, wenn die Nettoumsätze aus der PV-Anlage drei Prozent der Gesamtnettoumsätze der Gesellschaft und 24.500 Euro im Jahr nicht übersteigen (BFH, Urteil vom 27.08.2014, Az. VIII R 6/12, Abruf-Nr. 174787). Diese Bagatellgrenze wird in der Praxis aber regelmäßig überschritten, sodass vollumfänglich gewerbliche Einkünfte vorliegen.
Wichtig | Folge der gewerblichen Infizierung ist nicht nur, dass der GbR-Gewinn der Gewerbesteuer unterliegt. Auch die Wertsteigerungen des Vermietungsobjekts sind steuerverstrickt (und zwar außerhalb von § 23 EStG).
§ 3 Nr. 72 EStG macht steuerfreien Betrieb der PV-Anlage möglich
Durch die rückwirkende Einführung des § 3 Nr. 72 EStG kann der Betrieb der PV-Anlage ab dem 01.01.2022 steuerfrei sein. Hierfür kommt es u. a. auf die Art des Gebäudes und die darauf installierte Leistung der PV-Anlage an:
Art des Gebäudes | Maximale Leistung der PV-Anlage |
Einfamilienhaus | 30,00 kWp |
Wohnzwecken dienendes Zwei- oder Mehrfamilienhaus | 15,00 kWp je Wohneinheit |
Gemischt genutzte Immobilie | 15,00 kWp je Wohn- / Gewerbeeinheit |
Nicht Wohnzwecken dienendes Gebäude | 30,00 kWp |
Nicht Wohnzwecken dienendes Gebäude mit mehreren Einheiten | 15,00 kWp je Einheit |
Was bedeutet das für Ausgangssachverhalt 1?
Da die PV-Anlage 20 kWp umfasst und sich auf einem nicht Wohnzwecken dienenden Gebäude mit nur einer Einheit befindet, ist die PV-Anlage seit dem 01.01.2022 steuerfrei. Für die PV-Anlage ist gemäß § 3 Nr. 72 S. 2 EStG kein Gewinn mehr zu ermitteln. Parallel führt die steuerfreie PV-Anlage nicht mehr dazu, dass es zur gewerblichen Infizierung der Vermietungseinkünfte kommt. Denn § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG gilt nicht bei steuerfreien PV-Anlagen (§ 3 Nr. 72 S. 3 EStG).
Da die GbR keine gewerbliche Tätigkeit mehr ausübt, kommt es zur zwangsweisen Betriebsaufgabe. Die bisher im Betriebsvermögen befindlichen Wirtschaftsgüter (insbesondere die Immobilie), nicht jedoch die PV-Anlage, sind zu entnehmen und die stillen Reserven sind aufzudecken (BMF, Schreiben vom 17.07.2023, Az. IV C 6 – S 2121/23/10001 :001, Abruf-Nr. 236439, Rz. 23). Somit kann es zu einer hohen Steuerbelastung kommen. Die Betriebsaufgabe hat aber auch etwas Gutes: Nur die bis zum 01.01.2022 entstandenen stillen Reserven unterliegen der Besteuerung; alle danach eingetretenen Wertsteigerungen unterliegen nur nach § 23 EStG der Besteuerung – und sind regelmäßig nicht steuerbar. Zudem entfällt ab 2022 die Gewerbesteuer.
Wichtig | Die Aufdeckung der stillen Reserven kann unterbleiben, wenn die Verstrickung der stillen Reserven noch bis zum 31.12.2023 aus anderen Gründen – z. B. durch die Aufnahme einer neuen gewerblichen Tätigkeit – wiederhergestellt würde (BMF, 17.07.2023, Rz. 23).
Abwandlung: Eine Gesellschaft betreibt zwei PV-Anlagen
Die GbR hat auf dem Dach zwei PV-Anlagen mit jeweils 20 kWp installiert.
Der Betrieb der PV-Anlagen führt zur gewerblichen Infizierung der GbR, sodass vollumfänglich gewerbliche Einkünfte erzielt werden (§ 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG). Allerdings findet zum 01.01.2022 keine Zwangsbetriebsaufgabe statt. Denn die PV-Anlagen überschreitet mit 40 kWp die Voraussetzungen für die in § 3 Nr. 72 S. 1 EStG geregelte Steuerbefreiung, sodass auch ab dem 01.01.2022 gewerbliche Einkünfte (auch aus dem Betrieb der PV-Anlagen) erzielt werden.
In der Praxis ist dieses Ergebnis oft nicht gewünscht. Denn nun profitiert die GbR weder von nach § 3 Nr. 72 S. 1 EStG steuerfreien Gewinnen aus dem Betrieb der PV-Anlagen noch kann sie die ab dem 01.01.2022 eintretenden Wertsteigerungen der Immobilie steuerfrei einstreichen. Fazit: Eine Gestaltungsmaßnahme muss her:
Veräußerung einer PV-Anlage – so klappt es noch mit der Steuerfreiheit
Um die Begünstigungen des § 3 Nr. 72 EStG zu erhalten und die künftige Versteuerung stiller Reserven bei der Immobilie zu vermeiden, muss die von der GbR auf dem Bürogebäude betriebene Leistung der PV-Anlagen reduziert werden. Denn wird der Grenzwert von 30 kWp nicht mehr überschritten, ist der künftige Betrieb der (reduzierten) PV-Anlage gemäß § 3 Nr. 72 S. 1 EStG steuerfrei. Dadurch entfällt gemäß § 3 Nr. 72 S. 3 EStG sofort die gewerbliche Infizierung und es kommt zur Betriebsaufgabe. Die Immobilie ist ab sofort nicht mehr steuerverstrickt.
Beispiel |
Zwangsbetriebs-
aufgabe hat ... ... Aufdeckung von stillen Reserven zur Folge |
Wichtig | Eine steuerneutrale Übertragung der PV-Anlage zu Buchwerten nach § 6 Abs. 5 EStG ist nicht möglich. Hierfür ist erforderlich, dass die Besteuerung der stillen Reserven sichergestellt ist (§ 6 Abs. 5 S. 1 EStG). Die Besteuerung der stillen Reserven ist jedoch nicht sichergestellt, wenn die PV-Anlage vor der Übertragung nicht nach § 3 Nr. 72 EStG begünstigt war und damit ein Veräußerungsgewinn steuerpflichtig wäre, nach der Übertragung die PV-Anlage jedoch nach § 3 Nr. 72 EStG begünstigt und ein späterer Veräußerungsgewinn steuerfrei ist.
Ausgangssachverhalt 2: Zwei Gesellschaften mit PV-Anlage
Eine GbR (GbR 1) vermietet ein Bürogebäude mit einer Gewerbeeinheit. Parallel haben die Gesellschafter eine personen- und beteiligungsidentische zweite GbR (GbR 2) gegründet. Die GbR 1 überlässt der GbR 2 unentgeltlich die Dachflächen des Bürogebäudes. Die GbR 2 installiert auf diesen Dachflächen eine PV-Anlage mit 20 kWp und betreibt diese. Für die GbR 1 und 2 bestehen zwei verschiedene Gesellschaftsverträge, Bankkonten und Buchhaltungen.
Ausgliederungsmodell nutzen und gewerbliche Infizierung vermeiden
Durch die getrennte Errichtung von zwei Gesellschaften lässt sich die ansonsten zwingende gewerbliche Infizierung nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG vermeiden (vgl. BFH, Urteil vom 19.02.1998, Az. IV R 11/97; sog. „Ausgliederungsmodell“). Denn die GbR 1 erzielt mit der Vermietung des Bürogebäudes ausschließlich Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, sodass es nicht zu einer Infizierung mit gewerblichen Einkünften kommen kann. Die positive Folge: Es wird bei der GbR 1 nicht nur die Gewerbesteuer umgangen, sondern auch die Wertsteigerungen der Immobilie unterliegen nur nach Maßgabe des § 23 EStG der Besteuerung. Parallel erzielt die GbR 2 durch die PV-Anlage steuerpflichtige Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Diese Einkünfte sind jedoch gemäß § 3 Nr. 72 S. 1 EStG ab dem 01.01.2022 steuerfrei.
Wichtig | Zwischen GbR 1 und GbR 2 kommt es auch nicht zu einer mitunternehmerischen Betriebsaufspaltung. Zwar überlässt die GbR 1 der GbR 2 die für den Betrieb der PV-Anlage erforderlichen Dachflächen. Aber die Überlassung zwischen den Schwesterpersonengesellschaften erfolgt unentgeltlich, sodass eine Betriebsaufspaltung mangels Gewinnerzielungsabsicht der GbR 1 ausscheidet (BMF, Schreiben vom 28.04.1998, Az. IV B 2 – S 2241-42/98).
Abwandlung: Zwei Gesellschaften und zwei PV-Anlagen
Die GbR 2 betreibt auf der Dachfläche zwei PV-Anlage mit jeweils 20 kWp.
Für die GbR 1 bleibt alles wie im Ausgangssachverhalt 2. Sie erzielt Einkünfte i. S. v. § 21 EStG und die Wertsteigerungen der Immobilie sind nur nach Maßgabe des § 23 EStG steuerverhaftet. Für die GbR 2 ist zu beachten, dass auch ab dem 01.01.2022 steuerpflichtige Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielt werden. Denn die in § 3 Nr. 72 S. 1 EStG verankerte Steuerbefreiung lässt sich nicht nutzen, da die Leistungsgrenze von 30 kWp überschritten wird (Bürogebäude mit einer Einheit).
Realteilung – der erhoffte Rettungsanker?
Damit die von der GbR 2 betriebenen PV-Anlagen unter die in § 3 Nr. 72 S. 1 EStG verankerte Steuerbefreiung fallen, muss die von der GbR 2 auf dem Bürogebäude betriebene Leistung der PV-Anlagen reduziert werden. Wird der Grenzwert von 30 kWp nicht mehr überschritten, ist ab sofort der künftige Betrieb der (reduzierten) PV-Anlage gemäß § 3 Nr. 72 S. 1 EStG steuerfrei. Es liegt der Gedanke nahe, eine Realteilung der GbR 2 vorzunehmen (§ 16 Abs. 3 S. 2 EStG).
Dann würden beide Gesellschafter jeweils eine der beiden PV-Anlagen erhalten und die GbR 2 wäre aufgelöst. Der Vorteil: Die Gesellschafter könnten nun die Steuerbefreiung anwenden und bei einer Realteilung müssen grundsätzlich nicht einmal die stillen Reserven aufgedeckt werden. Das gilt jedoch nur dann, wenn die künftige Besteuerung der stillen Reserven sichergestellt ist. Gerade das ist bei der Realteilung zum Zwecke des Erreichens der in § 3 Nr. 72 S. 1 EStG verankerten Steuerbefreiung nicht der Fall. Denn während die in den PV-Anlagen vorhandenen stillen Reserven vor der Realteilung steuerverhaftet waren, unterliegen diese nach der Realteilung der Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 72 S. 1 EStG. Das bedeutet, dass die Realteilung zum gemeinen Wert zu erfolgen hat und die stillen Reserven beider PV-Anlagen aufzudecken und von den Gesellschaftern zu versteuern sind.
Praxistipp | Anstelle der Realteilung kann eine der beiden PV-Anlagen zu fremdüblichen Konditionen auf einen Dritten bzw. einen der Gesellschafter oder die GbR 1 übertragen werden. So lässt sich die in § 3 Nr. 72 S. 1 EStG verankerte Steuerbefreiung nutzen. Der Vorteil im Vergleich zu einer Realteilung: Nun müssen lediglich die durch die Übertragung realisierten stillen Reserven versteuert werden. Ab der Übertragung gilt dann für die GbR 2 die Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 72 S. 1 EStG. Die in der zweiten PV-Anlage vorhandenen stillen Reserven können deshalb steuerfrei vereinnahmt werden. |
- Das Thema „PV-Anlagenbesteuerung“ wirft in der Praxis immer neue Fragen auf. 30 davon hat SSP in der neuen Sonderausgabe „Photovoltaik und die Steuern: 30 konkrete Anwendungsfragen aus der Praxis und deren steuerliche Lösung“ mit Rechtsstand 20.01.2024 beantwortet. Sie finden die Sonderausgabe u. a. auf ssp.iww.de → Abruf-Nr. 49884348.
AUSGABE: SSP 2/2024, S. 23 · ID: 49820411