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FamilienverträgeUnterstützung kindergeldberechtigter Kinder: Mit diesen Modellen sparen Eltern Steuern (Teil 2)
| Nahezu jedes Kind erhält von den Eltern Unterhalt in Form von Sach- oder Geldleistungen. Das gilt insbesondere während eines Studiums. Das Problem: Solche Unterhaltsleistungen können Sie dann nicht von der Steuer absetzen, wenn Sie für das Kind noch Kindergeld bekommen. Deshalb sollten Sie in solchen Fällen gestaltend eingreifen. Nachdem Ihnen SSP in der Ausgabe 01/2024 anhand eines Musterfalls das Steuersparmodell „Zuwendungsnießbrauch an Immobilie“ vorgestellt hat, folgt hier das Modell „Zuwendungsnießbrauch an Kapitalanlagen“. |
Der Ausgangsfall
Die Ehegatten Tatjana und Lukas Kern haben eine volljährige Tochter Finja. Finja hat gerade ihr Abitur beendet und nimmt ein auswärtiges Jurastudium auf. Das Studium wird sie voraussichtlich nach sechs Jahren im Alter von 24 beenden. Bis dahin erhalten ihre Eltern Kindergeld von aktuell monatlich 250 Euro. Dieses leiten sie an Finja weiter.
Anspruch auf BAföG besteht nicht, weil das zu versteuernde Einkommen der Eltern die maßgebenden Grenzen überschreitet. Deshalb sind die Eltern gezwungen, Finja durch Barmittel zu unterstützen. Sie rechnen damit, dass für die Studentenwohnung und die damit verbundenen Kosten, für Verpflegung und Freizeitaktivitäten sowie für den Studienbedarf neben dem Kindergeld monatlich 1.000 Euro benötigt werden. Sie richten deshalb einen Dauerauftrag ein und überweisen Finja monatlich 1.250 Euro Unterhalt.
Grundsatz: Nicht abziehbarer Kindesunterhalt
Eltern können Unterhaltsaufwendungen zwar gemäß § 33a Abs. 1 S. 1 EStG grundsätzlich bis zu einem Höchstbetrag von 10.908 Euro im Jahr 2023 von der Steuer absetzen (2024: 11.604 Euro). Beiträge zur Basisabsicherung in der Kranken- oder Pflegeversicherung (§ 33a Abs. 1 S. 2 i. V. m. § 10 Abs. 1 Nr. 3 EStG) kämen prinzipiell noch hinzu, sodass sich der tatsächlich geleistete Unterhalt von jährlich 15.000 Euro also fast vollständig steuermindernd berücksichtigen ließe.
Das Problem besteht jedoch in § 33a Abs. 1 S. 4 EStG. Voraussetzung für den Abzug der Unterhaltsaufwendungen ist nämlich, dass weder die den Unterhalt leistenden Eltern noch andere Personen für die Unterhaltsempfängerin Finja Anspruch auf Kinderfreibetrag (§ 32 Abs. 6 EStG) oder Kindergeld (§§ 62 ff. EStG) haben. Und dieser Anspruch besteht während des Studiums grundsätzlich bis zu dem Monat, in dem das 25. Lebensjahr vollendet wird (§ 32 Abs. 4 Nr. 2 Buchst. a) EStG). Der Unterhalt lässt sich also (doch) nicht von der Einkommensteuer absetzen. Es muss also nach anderen Abzugsmöglichkeiten Ausschau gehalten werden. Und ein Modell lautet „Zuwendungsnießbrauch“.
Das Modell „Zuwendungsnießbrauch an Kapitalanlagen“
Ein Zuwendungsnießbrauch kann sowohl an Vermietungsobjekten (SSP 1/2024, Seite 24) als auch an anderen Wirtschaftsgütern eingeräumt werden. Z. B. auch an Anteilen an Kapitalgesellschaften (GmbH-Anteile oder Aktien) oder an Festgeldanlagen. Insbesondere über eine Festgeldanlage verfügen nahezu alle Steuerzahler, sodass sich die Gestaltung „Zuwendungsnießbrauch an Festgeld“ nahezu immer umsetzen lässt.
Fallabwandlung – Festgeldanlage statt Doppelhaus |
Tatjana und Lutz räumen ihrer Tochter Finja nicht den Nießbrauch an dem Doppelhaus, sondern für die Dauer des Studiums von sechs Jahren den Nießbrauch an einer Festgeldanlage ein. Diese beläuft sich auf 300.000 Euro. Das Kapital wurde zu einem für sechs Jahre geltenden Zinssatz von vier Prozent angelegt. |
Der Vorteil, der Finja durch den Zuwendungsnießbrauch entsteht, unterliegt gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG der Schenkungsteuer. Der Jahreswert (§ 15 BewG) beläuft sich auf die zufließenden Zinserträge von 12.000 Euro (300.000 Euro x vier Prozent) und der Vervielfältiger beträgt unverändert 5,133 (Anlage 9a zum BewG). Damit beläuft sich der Wert der Bereicherung auf 61.596 Euro. Es ergibt sich eine Schenkungsteuer von grundsätzlich 4.311 Euro (sieben Prozent). Diese reduziert sich aufgrund des schenkungsteuerlichen Freibetrags von 400.000 Euro aber auf null Euro.
Auch dieser Zuwendungsnießbrauch führt also dazu, dass Tatjana und Lukas effektiv den Unterhaltsaufwand – entgegen § 33a Abs. 1 EStG – von der Steuer absetzen können. Anstatt nicht abzugsfähigen „normalen“ Unterhalt zu leisten, verringern sich ihre steuerpflichtigen Einkünfte i. S. v. § 32d Abs. 1 EStG um jährlich 12.000 Euro. Das führt zu einer jährlichen Steuerersparnis von 3.165 Euro (25 Prozent Abgeltungsteuer zzgl. 5,5 Prozent Solidaritätszuschlag auf die 25 Prozent). Die Steuerersparnis bezogen auf sechs Jahre summiert sich mithin auf 18.990 Euro.
... hier um fast 20.000 Euro |
Das sagt der BFH zu Zuwendungsnießbrauchsmodellen
Angesichts der beträchtlichen – und einfach zu erzielenden – Steuervorteile kommt natürlich schnell die Frage auf, ob das Gestaltungsmodell dem kritischen Blick eines Betriebsprüfers und auch der Rechtsprechung des BFH standhält – oder ob es sich um steuerlich unbeachtlichen Gestaltungsmissbrauch im Sinne des § 42 AO handelt.
Befristetes Nießbrauchsrecht ist für BFH kein Fall des § 42 AO
Letzteres hat der BFH aber verneint. Für ihn ist die zeitlich befristete Übertragung einer Einkunftsquelle (im Urteilsfall: § 21 EStG) durch die unentgeltliche Bestellung eines befristeten Nießbrauchsrechts nicht missbräuchlich, wenn dem Zuwendenden, von der Verlagerung der Einkunftsquelle abgesehen, kein weiterer steuerlicher Vorteil entsteht (BFH, Urteil vom 20.06.2023 (Az. IX R 8/22, Abruf-Nr. 237558).
Das kann auch dazu führen, dass die verlagerten Einkünfte bei dem Zuwendungsempfänger überhaupt nicht besteuert werden (FG Baden-Württemberg, Urteil vom 13.12.2016, Az. 11 K 2951/15, Abruf-Nr. 194838). Der sich bei einer Gesamtbetrachtung ergebende steuerliche Vorteil ist nur die Folge des steuerlich anzuerkennenden Sachverhalts und insofern gesetzlich „vorgesehen“ (BFH, Urteil vom 23.04.2021, Az. IX R 8/20, Abruf-Nr. 224334).
Nießbrauch wirksam bestellen und fremdüblich durchführen
Einzige Voraussetzung für dieses Gestaltungsmodell ist deshalb, dass das Nießbrauchsrecht zivilrechtlich wirksam bestellt und sowohl in der Gestaltung als auch in der Durchführung fremdüblich ist. Ein Nießbrauchsvertrag über ein Grundstück bedarf daher typischerweise der notariellen Beurkundung. Zudem ist das Nießbrauchsrecht im Grundbuch des betroffenen Grundstücks einzutragen.
Ältere BFH-Rechtsprechung zur Vermietung an Dritte ist überholt
Zwar sah der BFH in der Vergangenheit ausdrücklich dann einen Gestaltungsmissbrauch im Sinne des § 42 AO, wenn Eltern ihrem Kind unentgeltlich einen zeitlich befristeten Zuwendungsnießbrauch an einem Grundstück bestellen und das Kind dieses Grundstück anschließend an die Eltern vermietet Begründung: Diese Gestaltung bezweckt einen gesetzlich nicht vorgesehenen Abzug von Unterhaltszahlungen als Werbungskosten der selbstgenutzten Immobilie (BFH, Urteil vom 18.10.1990, Az. IV R 36/90).
Deshalb war es für den BFH bislang erforderlich, dass das Kind als Nießbraucher die ihm zur Nutzung überlassene Immobilie an fremde Dritte vermietet (BFH, Urteil vom 25.04.1995, Az. IX R 41/92). Dabei ist es nach Auffassung des BFH unschädlich, wenn die Gestaltung zugleich der Erfüllung einer Unterhaltspflicht dient. Die Entscheidung der Eltern, ob sie ihren Kindern Barunterhalt leisten oder ihnen (vorübergehend) eine Einkunftsquelle zuwenden, ist steuerlich grundsätzlich zu beachten (FG Baden-Württemberg, Urteil vom 13.12.2016, Az. 11 K 2951/15, Abruf-Nr. 194838). Gleiches gilt, wenn Eltern ihren Kindern einen Vorteil zuwenden wollen, ohne zum Unterhalt in Geld verpflichtet zu sein.
Der neue Königsweg: Die Vermietung an die (eigene) GmbH
Das Besondere an dem neuen BFH-Urteil vom 20.06.2023 (Az. IX R 8/22, Abruf-Nr. 237558) besteht darin, dass es einen goldenen Mittelweg schafft, wie die das Nießbrauch einräumenden Eltern doch „an sich“ vermieten können und der Zuwendungsnießbrauch anzuerkennen ist.
In dem Streitfall hatten die Ehegatten ein in ihrem hälftigen Miteigentum stehendes Grundstück an eine GmbH vermietet und an dem Grundstück ihren (minderjährigen) Kindern ein befristetes Nießbrauchrecht eingeräumt. Die Anteile an der GmbH hielten jedoch nicht fremde Dritte – sondern nacheinander der Ehemann und die Ehefrau als Alleingesellschafter und Geschäftsführer, sodass sie diese („ihre GmbH“) beherrschten.
Trotz dieser Vermietung an die den Ehegatten gehörenden GmbH – was einer direkten Vermietung an die Eltern gleichkommt – erkannte der BFH das Gestaltungsmodell an. Entscheidend für den BFH war dabei, dass die GmbH zu jeder Zeit die gezahlte Miete als Betriebsausgabe abziehen konnte. Das wäre nicht der Fall gewesen, wenn die Eltern die Wohnung direkt von den Kindern gemietet hätten. Es fand damit keine direkte Verlagerung nicht abziehbarer Aufwendungen in den abzugsfähigen Bereich statt. Es wurde „nur“ eine Einkunftsquelle auf den durch den Nießbrauch Begünstigten verlagert. Auf die Frage, ob es sich bei der GmbH im Verhältnis zu den Nießbrauchern um einen fremden Dritten handelt, kam es dem BFH deshalb nicht an.
Zuwendungsnießbrauch bei minderjährigen Kindern?
Angesichts der immensen Steuervorteile stellt sich die Frage, ob nicht nur volljährige, sondern auch minderjährige Kinder (mit Anspruch auf Kindergeld bzw. -freibetrag) durch einen Zuwendungsnießbrauch bedacht und dadurch Steuervorteile generiert werden können. Prinzipiell spricht nichts dagegen. Denn auch in den wegweisenden BFH-Urteilen vom 20.06.2023 (Az. IX R 8/22, Abruf-Nr. 237558) und vom 25.04.1995 (Az. IX R 41/92) waren minderjährige Kinder durch den Nießbrauch begünstigt und ausdrücklich kein Gestaltungsmissbrauch gesehen worden.
Familiäres Insichgeschäft vermeiden
Allerdings ist eine weitere Hürde zu nehmen: Der Zuwendungsnießbrauch darf nicht alleine vom Minderjährigen eingegangen werden (§ 106 und § 104 Abs. 1 BGB). Das Nießbrauchsrecht bedarf der Einwilligung der gesetzlichen Vertreter, also der Eltern (§ 107 und § 1629 BGB). Da diese jedoch typischerweise auch die andere Vertragspartei vertreten (sich selbst als Nießbrauchsgeber), ist ihnen die Einwilligung für ihr minderjähriges Kind als Nießbrauchsnehmer verwehrt. Es würde sich um ein gemäß § 181 BGB verbotenes Insichgeschäft handeln.
Beim Amtsgericht einen Ergänzungspfleger bestellen
Ein Zuwendungsnießbrauch zugunsten minderjähriger Kinder wird deshalb zivilrechtlich nur wirksam – das ist auch Voraussetzung für die steuerliche Anerkennung – , wenn beim Amtsgericht ein Ergänzungspfleger bestellt wird (BFH, Urteil vom 13.05.1980, Az. VIII R 75/79). Dieser vertritt dann das Kind als Nießbrauchsnehmer und stimmt dem Zuwendungsnießbrauch zu, damit die Vertragsgrundlage zivilrechtliche Wirksamkeit erlangt.
Fallabwandlung – Minderjähriges Kind |
Das kann ein Zuwendungsnießbrauch an vermieteter Immobilie ... |
... im Familienverbund über 15 Jahre an Steuern sparen |
Handlungsempfehlungen für Eltern
Nach der eindeutigen Rechtsprechung des BFH steht es den Eltern frei, ihren Kindern finanzielle (Bar)Mittel (als nach § 33a Abs.1 EStG nicht abzugsfähigen Unterhalt) oder befristet eine Einkunftsquelle zuzuwenden. Das Motiv, dabei evtl. Steuern sparen zu wollen, ist unbedeutend und führt nicht zu einem Gestaltungsmissbrauch nach § 42 AO.
Sollen Kinder durch (grundsätzlich nach § 33a Abs. 1 EStG nicht abzugsfähigen) Unterhalt unterstützt werden – z. B. während des Studiums oder einer Ausbildung – sollte das Gestaltungsmodell „Zuwendungsnießbrauch“ unbedingt durchkalkuliert werden. Das setzt natürlich voraus, dass die den Unterhalt zahlende Person über Vermögenswerte verfügt, an denen ein Zuwendungsnießbrauch eingeräumt werden kann. Zudem bietet sich das Gestaltungsmodell wie aufgezeigt auch bei minderjährigen Kindern an.
Last but not least kann der „Zuwendungsnießbrauch“ sogar die bessere Alternative zum Abzug nach § 33a Abs. 1 EStG sein. Nämlich deshalb, weil beim Abzug nach § 33a EStG Höchstbeträge gelten (2023: 10.908 Euro und 2024: 11.604 Euro) und eigene Einkünfte und Bezüge der unterhaltenen Person auf diese Höchstbeträge angerechnet werden. Im „echten Leben“ wirkt sich gezahlter Unterhalt – auch wenn die Abzugsvoraussetzungen des § 33a Abs. 1 EStG dem Grunde nach vorliegen – oft nicht oder nur teilweise aus. Dieser Nachteil besteht beim Gestaltungsmodell „Zuwendungsnießbrauch“ nicht.
- Beitrag „Unterstützung kindergeldberechtigter Kinder: Diese Steuersparmodelle stehen Eltern offen“ SSP 1/2024, Seite 24 → Abruf-Nr. 49791081
AUSGABE: SSP 2/2024, S. 14 · ID: 49793594