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FamilienverträgeAngehörigen-Darlehen: Unter diesen Voraus- setzungen wird daraus ein Steuersparmodell
| In einer Zeit, in der die Zinssätze wieder zu steigen beginnen, gewinnt die Frage nach der Nutzung von Angehörigen-Darlehen an Bedeutung. Diese zeichnen sich – im Vergleich zu Finanzierungen über traditionelle Banken – vor allem durch weniger Bürokratie aus. Und sie eignen sich auch zum Steuern sparen in der Familie. Voraussetzungen, Spielregeln und mögliche Steuersparvolumina schildert Ihnen SSP anhand konkreter Fallbeispiele. |
Die zivil- und steuerrechtliche Ausgangslage
Darlehen im Familienkreis sind grundsätzlich zivilrechtlich und steuerrechtlich möglich. Die Darlehen können sowohl unverzinslich als auch verzinslich ausgestaltet sein. Verzinsliche Darlehen können – das ist von Rechtsprechung und Finanzverwaltung anerkannt – als Steuersparmodell genutzt werden.
Anerkennung von Verträgen zwischen Angehörigen
Damit Verträge zwischen nahestehenden Personen steuerrechtlich anerkannt werden,
- müssen Sie den Darlehensvertrag zivilrechtlich wirksam schließen und tatsächlich wie vereinbart durchführen und
- Vertragsinhalt und Durchführung müssen dem zwischen Fremden Üblichen entsprechen (sog. Fremdvergleich).
Die Nichtbeachtung zivilrechtlicher Formerfordernisse führt zwar nicht alleine und ausnahmslos dazu, dass das Vertragsverhältnis steuerrechtlich nicht anerkannt wird. Die zivilrechtliche Unwirksamkeit ist jedoch ein besonderes Indiz gegen den vertraglichen Bindungswillen der Beteiligten, das zur Versagung der steuerrechtlichen Anerkennung durch das Finanzamt führen kann.
Der Darlehensvertrag und seine tatsächliche Durchführung müssen die Trennung der Vermögens- und Einkunftssphären der vertragsschließenden Angehörigen (z. B. Eltern und Kinder) gewährleisten. Eine klare, deutliche und einwandfreie Abgrenzung von einer Unterhaltsgewährung oder verschleierten Schenkung der Darlehenszinsen muss in jedem Einzelfall und während der gesamten Vertragsdauer möglich sein.
Auch Rechtsverhältnisse mit Angehörigen sind steuerlich gestaltbar
Ihnen steht es grundsätzlich frei, Ihre Rechtsverhältnisse mit Angehörigen oder nahestehenden Personen so zu gestalten, dass sie für Sie steuerlich möglichst günstig sind. Das Vereinbarte muss jedoch in jedem Einzelfall und während der gesamten Vertragsdauer nach Inhalt und Durchführung dem entsprechen, was fremde Dritte bei der Gestaltung eines entsprechenden Darlehensverhältnisses üblicherweise vereinbaren würden. Vergleichsmaßstab sind hierbei die Vertragsgestaltungen, die zwischen Darlehensnehmern und Kreditinstituten üblich sind.
BMF-Schreiben definiert Vorgaben für Fremdvergleich |
Sechs Musterfälle und deren steuerliche Auswirkungen
Im Folgenden werden verschiedene Konstellationen und die damit einhergehenden steuerlichen Auswirkungen analysiert und erläutert. Dabei wird jeweils angenommen, dass die Darlehen zwischen den Angehörigen und nahestehenden Personen fremdüblich abgeschlossen wurden. Die Auswirkungen werden beispielhaft bei einem zusammenveranlagten Ehepaar dargestellt.
Fall 1 führt zu einer steuerlichen Mehrbelastung, die Fälle 2 und 3 sind „steuerlich neutral“, die Fälle 4 bis 6 führen zur gewünschten Steuerersparnis.
Darlehen führt zu Steuermehrbelastung
Zu einer Steuermehrbelastung kann es kommen, wenn verzinsliche Darlehen für private Zwecke vereinbart werden.
Fall 1: Verzinsliches Darlehen für private Zwecke |
Der Ehemann gewährt der Ehefrau ein verzinsliches Darlehen für private Zwecke (z. B. zur Finanzierung eines neuen Autos). Es fallen 2.000 Euro Zinsen an. |
Darlehensnehmer kann gezahlte Zinsen nicht absetzen |
Diese Konstellationen haben neutrale Auswirkungen
Unverzinsliche Darlehen werden häufiger im Familienkreis gewährt. Bei Darlehen für private Zwecke sind aus steuerlicher Perspektive grundsätzlich unverzinsliche Darlehen zu empfehlen. Bei zinslosen Darlehen ergeben sich einkommensteuerlich lediglich neutrale Auswirkungen.
Würde der Geldbetrag jedoch geschenkt werden, könnten sich schenkungsteuerliche Auswirkungen und damit u. U. auch steuerliche Nachteile ergeben.
Fall 2: Unverzinsliches Darlehen für private Zwecke |
Zwei Muster-
darlehensfälle ... |
Lösung: Mangels Zuflusses von Zinserträgen hat der Ehemann keine Einkünfte aus Kapitalvermögen erzielt. Eine Besteuerung erfolgt nicht. |
Fall 3: Unverzinsliches Darlehen für berufliche/betriebliche Zwecke |
... mit „Steuer-
neutralität“ |
Lösung: Mangels Zuflusses von Zinserträgen hat der Ehemann keine Einkünfte aus Kapitalvermögen erzielt. Eine Besteuerung erfolgt nicht. Mangels Aufwendungen kann die Ehefrau auch keine Kosten von der Steuer absetzen. |
In diesen Konstellationen können sich Steuersparvorteile ergeben
Interessant werden Konstellationen, in denen der Darlehensnehmer einen höheren Grenzsteuersatz hat als der Darlehensgeber. Ein Steuervorteil ergibt sich deshalb, wenn der Zinsertrag nur mit 25 Prozent versteuert werden muss, der Zinsaufwand jedoch bei einem Grenzsteuersatz von 42 Prozent abgesetzt werden kann. Durch die geschickte Nutzung des Sparer-Pauschbetrags kann der Zinsertrag sogar gänzlich steuerfrei bleiben.
Wichtig | Dieses Steuersparmodell hat der Gesetzgeber jedoch erkannt und daher in § 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a EStG Einschränkungen vorgenommen. Demnach ist bei Zinseinkünften weder der besondere Steuersatz von 25 Prozent noch der Sparer-Pauschbetrag anwendbar, wenn Gläubiger und Schuldner einander nahestehende Personen sind, soweit die den Kapitalerträgen entsprechenden Aufwendungen beim Schuldner Betriebsausgaben oder Werbungskosten im Zusammenhang mit Einkünften sind, die der inländischen Besteuerung unterliegen und § 20 Abs. 9 S. 1, 2. Halbs. EStG keine Anwendung findet.
Mit anderen Worten: Kann der Kreditnehmer die Zinsen als Werbungskosten oder Betriebsausgaben absetzen, gilt bei nahestehenden Personen der besondere Steuersatz von 25 Prozent nicht (!). Der Sparer-Pauschbetrag wäre ebenfalls nicht anwendbar (§ 32d Abs. 2 Nr. 1 S. 2 EStG).
Fall 4: Verzinsliches Darlehen für berufliche/betriebliche Zwecke |
Der Ehemann gewährt der Ehefrau ein verzinsliches Darlehen für berufliche/betriebliche Zwecke (z. B. zur Gründung eines Friseursalons). Es werden 2.000 Euro Zinsen gezahlt. Der Grenzsteuersatz der zusammenveranlagten Eheleute beträgt 42 Prozent. Lösung: Die Ehefrau kann die Zinsen in Höhe von 2.000 Euro als Betriebsausgaben (oder Werbungskosten) absetzen. Insoweit ergibt sich eine Steuerersparnis von 840 Euro (2.000 Euro x 42 %). Der Ehemann hat hingegen die Zinseinkünfte zu |
Bei Darlehen zwischen „nahestehenden Personen“ ... |
... wird der Abgeltungsteuer-
satz nicht gewährt |
Danach gilt: Das Verhältnis von nahestehenden Personen liegt vor, wenn
- die Person auf den Steuerpflichtigen einen beherrschenden Einfluss ausüben kann,
- umgekehrt der Steuerpflichtige auf diese Person einen beherrschenden Einfluss ausüben kann,
- eine dritte Person auf beide einen beherrschenden Einfluss ausüben kann,
- die Person oder der Steuerpflichtige imstande ist, bei der Vereinbarung der Bedingungen einer Geschäftsbeziehung auf den Steuerpflichtigen oder die nahestehende Person einen außerhalb dieser Geschäftsbeziehung begründeten Einfluss auszuüben oder
- einer der beiden Personen ein eigenes wirtschaftliches Interesse an der Erzielung der Einkünfte des anderen hat.
Von einem solchen Beherrschungsverhältnis ist auszugehen, wenn der beherrschten Person aufgrund eines absoluten Abhängigkeitsverhältnisses im Wesentlichen kein eigener Entscheidungsspielraum verbleibt (BFH, Urteile vom 29.04.2014, Az. VIII R 9/13, Abruf-Nr. 142503, Az. VIII R 35/13, Abruf-Nr. 142505, Az. VIII R 44/13, Abruf-Nr. 142504 und Az. VIII R 31/11, Abruf-Nr. 142502). Das Abhängigkeitsverhältnis kann wirtschaftlicher oder persönlicher Natur sein (BFH, Urteil vom 28.01.2015, Az. VIII R 8/14, Abruf-Nr. 175458).
Fall 5: Darlehen für Erwerbszwecke mit Abhängigkeitsverhältnis |
... mit den entsprechenden ungünstigen Steuerfolgen |
Lösung: Die Ehefrau ist von ihrem Ehemann finanziell abhängig. Hinsichtlich der Finanzierung verbleibt der Ehefrau kein eigener Entscheidungsspielraum, sodass der Ehemann bei der Darlehensgewährung einen beherrschenden Einfluss auf seine Ehefrau ausüben kann. Die Anwendung des gesonderten Steuertarifs von 25 Prozent nach § 32d Abs. 1 EStG auf die vom darlehensgebenden Ehemann erzielten Kapitaleinkünfte ist nach § 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a EStG ausgeschlossen. Der Ehemann hat die Zinsen zum Grenzsteuersatz (ohne die Möglichkeit der Nutzung des Sparer-Pauschbetrags) zu versteuern. Die Ehefrau kann die Zinsen als Werbungskosten absetzen. Es ergibt sich ein neutrales Ergebnis und damit kein steuerlicher Vorteil. |
Fall 6: Darlehen für Erwerbszwecke ohne Abhängigkeitsverhältnis |
Finanzielle Unabhängigkeit des Darlehensnehmers ist wichtiges Indiz |
Lösung: Die Ehefrau ist von ihrem Ehemann finanziell unabhängig. Hinsichtlich der Finanzierung verbleibt der Ehefrau also ein eigener Entscheidungsspielraum, sodass der Ehemann bei der Darlehensgewährung keinen beherrschenden Einfluss auf seine Ehefrau ausüben kann. Durch Ansatz der Werbungskosten ergibt sich für die Ehefrau eine Steuerersparnis von 840 Euro (2.000 Euro x 42 %). Der Ehemann kann unter Nutzung des Sparer-Pauschbetrags vom gesonderten Steuertarif von 25 Prozent gemäß § 32d Abs. 1 EStG profitieren. Sollte der (doppelte) Sparer-Pauschbetrag nach § 20 Abs. 9 EStG noch nicht anderweitig ausgeschöpft worden sein, entfällt die Besteuerung der Zinsen in diesem Beispiel. Andernfalls würde eine Belastung von 500 Euro entstehen (2.000 Euro x 25 %). Im besten Fall sparen die Eheleute 840 Euro, im schlechtesten Fall 340 Euro. |
Praxistipp | Für die Annahme eines eigenen wirtschaftlichen Interesses der Vertragsparteien an der Einkünfteerzielung des anderen reicht es nicht aus, dass der Darlehensgeber von der Besteuerung der Zinsen nach dem gesonderten Tarif gemäß § 32d Abs. 1 EStG profitiert und der Schuldner die gezahlten Vergütungen im tariflichen Bereich als Betriebsausgaben abziehen kann (BFH, Urteil vom 16.06.2020, Az. VIII R 5/17, Abruf-Nr. 218313). |
Wichtig | Die Versteuerungsregelung zum individuellen Steuersatz findet bei Zinseinkünften nur (!) Anwendung, wenn der Darlehensnehmer eine natürliche Person ist, die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb, selbstständiger Arbeit und Vermietung und Verpachtung oder Einkünfte im Sinne des § 22 Nr. 1 S. 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb EStG (fremdfinanzierte Rentenversicherungen) und § 22 Nr. 3 EStG (z. B. Containerleasing) erzielt und sie die Darlehenszinsen als Betriebsausgaben oder Werbungskosten geltend machen kann oder der Darlehensnehmer eine Personengesellschaft ist, bei der hinsichtlich der Erträge aus der Darlehensgewährung § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 1 EStG keine Anwendung findet. Entsprechendes gilt in den Fällen, in denen eine Stiftung Darlehensnehmer ist.
Das „nahestehende-Personen“-Kriterium möglichst vermeiden |
AUSGABE: SSP 3/2024, S. 5 · ID: 49883822