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AbgeltungsteuerETF- und Fonds-Anleger aufgepasst: Mit diesem einfachen Steuertrick sparen Sie beim Teilverkauf
| Kapitalanleger investieren in Exchange Trade Funds (ETF) und Aktienfonds – das ist längst keine Seltenheit mehr. Gestartet wird meist mit einem ambitionierten Sparplan über viele Jahre, doch dann kommen Wünsche wie eine Weltreise oder das Eigenheim dazwischen. Also wird ein Teil der Anteile verkauft. Ein Stück vom Kuchen will dann auch das Finanzamt abhaben. Wie groß das Stück ist, haben Anleger selbst in der Hand. Denn mit einem einfachen Trick, lassen sich die Steuern reduzieren und ein vierstelliger Mehrgewinn realisieren. Wie das genau funktioniert, zeigt SSP. |
So wird der Veräußerungsgewinn besteuert
Werden Anteile an einem Aktien-ETF oder -fonds veräußert, ist das ein steuerpflichtiger Kapitalertrag i. S. v. § 20 Abs. 2 EStG. Zu deutsch: Auf den Kursgewinn – die Differenz zwischen Verkaufspreis und Anschaffungskosten – fallen Steuern an. Die Steuerbelastung beträgt 26,375 Prozent, konkret 25 Prozent Abgeltungssteuer zzgl. 5,5 Prozent Solidaritätszuschlag (§ 43a Abs. 1 Nr. 1 EStG).
Doch nicht der komplette Gewinn wird der Besteuerung unterworfen. 30 Prozent des Gewinns sind nach § 20 Abs. 1 S. 1 InvStG steuerfrei, weil der Aktien-ETF bzw. -fonds selbst der Körperschaftsteuer unterliegt.
Beispiel 1 |
Anton spart 20 Jahre lang monatlich 500 Euro in einen Aktienfonds (Summe = 120.000 Euro). Der Fonds erzielt eine durchschnittliche Rendite nach Kosten von sieben Prozent (Summe = 135.203 Euro). Anton verkauft die Anteile für 255.203 Euro. Lösung: Der Veräußerungsgewinn beträgt 135.203 Euro (Wertsteigerung). Davon unterliegen 94.642 Euro der Besteuerung (70 Prozent). Die Steuerbelastung beträgt 24.961 Euro (26,375 Prozent). Netto erhält Anton damit 230.242 Euro. Er erzielt nach Abzug seiner Einzahlungen also einen Nettogewinn von 110.242 Euro. |
Wichtig | Wurden für die in den Jahren bis zur Veräußerung entstandenen, aber noch nicht realisierten Kurssteigerungen Vorabpauschalen versteuert, mindern diese den Kapitalertrag – Stichwort „Vermeidung der Doppelbesteuerung“. Weil die Vorabpauschale auf die Effektivität und Systematik des hier vorgestellten Steuersparmodells keine nennenswerte Auswirkung hat, bleibt die Vorabpauschale einfachheitshalber außen vor.
Bei Teilverkauf kommt das ungünstige Fifo-Verfahren ins Spiel
Für Weltreise, Immobilienkauf & Co. wird in der Praxis meist nicht das komplette Investment, sondern nur ein Teilbetrag benötigt – drum veräußert der Anleger auch nur einen Teil der ETF und Fonds. Das hat Vor- und Nachteile.
Die Vorteile: Es fallen weniger Steuern an – schließlich wird ja ein geringerer Gewinn realisiert – und der Kapitalanleger profitiert nach der Teilveräußerung von der Wertentwicklung des ETF oder Fonds weiter – weil er ja noch immer die ihm verbliebenen Anteile hält.
Der Nachteil: Die Ermittlung des anteilig steuerpflichtigen Veräußerungsgewinns. Werden 50 Prozent der Anteile veräußert, heißt das nämlich nicht automatisch, dass 50 Prozent des Gesamtgewinns der Besteuerung unterliegen. Es muss vielmehr jeder einzelne Kaufvorgang, sprich jedes einzelne Investment, gesondert gewürdigt werden.
Der Betrachtung liegt die ungünstige Fiktion des § 20 Abs. 4 S. 7 EStG zugrunde. Danach werden die zuerst angeschafften Anteile auch zuerst veräußert (sog. Fifo-Verfahren). Der Haken: Weil sich die zuerst angeschafften Anteile am längsten im Besitz des Anlegers befunden haben, enthalten diese auch den höchsten Gewinn. Greifbar wird das anhand des Beispiels 1: Aus der ersten Einzahlung von 500 Euro sind nach 20 Jahren und einer durchschnittlichen Kursentwicklung nach Kosten von sieben Prozent sind 1.935 Euro geworden. Bei einem Verkauf müssten folglich 1.435 Euro versteuert werden. Die zuletzt investierten 500 Euro haben hingegen noch einen Wert von 500 Euro; bei einer Veräußerung der damit erworbenen Anteile würden keine Steuern anfallen.
Beispiel 2 |
So berechnen sich Gewinne und ... Lösung:
Anton erhält netto gesamt 666.576 Euro (86.309 Euro + 303.667 Euro + 276.600 Euro). |
„Lifo statt Fifo“ spart Steuern
Komplett anders berechnet sich die Besteuerung, wenn statt des Fifo-Verfahrens das Lifo-Verfahren zur Anwendung kommt. Beim Lifo-Verfahren werden nämlich die Anteile zuerst veräußert, die zuletzt erworben wurden.
Der Vorteil: Die zuletzt erworbenen Anteile enthalten in der Regel einen geringeren Gewinn als die zuerst erworbenen. Dadurch fällt auch die Steuerbelastung beim Verkauf dieser Anteile geringer aus. Die gesparten Steuern können dann wieder in ETF oder Fonds investiert werden. Es ergibt sich ein echter Nettogewinn in Höhe von mehreren tausend Euro.
Beispiel 3 |
Durch das Lifo-
Verfahren ... Lösung:
... lassen sich mehrere tausend Euro sparen |
Fortführung Beispiel 3 |
So lässt sich der Teilverkauf nochmals optimieren führt dazu, dass sich das Investment bis zum Komplettverkauf mit 65 Jahren nicht auf 62.472 Euro, sondern auf 63.745 Euro erhöht. Der Nettoauszahlungsbetrag nach Steuern bei Verkauf steigt daher von 53.483 Euro auf 54.145 Euro. Eine weitere Ersparnis von netto 662 Euro. |
Wie sich das Gestaltungsmodell „Lifo“ umsetzen lässt
Ziel muss es also sein, das steuerlich ungünstige Fifo-Verfahren zugunsten des lukrativen Lifo-Verfahrens zu umgehen. Das gelingt Anlegern denkbar einfach mit drei Strategien.
Strategie 1: Investments über ein anderes Depot tätigen
Bei dieser Strategie muss der Anleger bereits in der Ansparphase aktiv werden. Statt über mehrere Jahrzehnte hinweg ETF oder Fondsanteile über dasselbe Depot zu kaufen, eröffnet der Anleger alle paar Jahre ein neues Depot und investiert darüber. Er könnte z. B. für die ersten zehn Jahre das Depot A nutzen und dann für weitere zehn Jahre das Depot B usw. Will der Anleger einen Teil der Anteile verkaufen, kann er sodann das Depot mit dem geringsten Gewinn – das ist normalerweise das neueste Depot – verkaufen. Dadurch reduziert sich die sofortige Steuerbelastung; der Totalgewinn steigt (vgl. Beispiel 3).
Strategie 2: ETF oder Fonds wechseln
Bei Strategie 2 muss der Anleger ebenfalls schon in der Ansparphase aktiv werden, er benötigt aber nur ein Depot. Statt regelmäßig neue Depots zu eröffnen, wechselt der Anleger den als Investment gewählten ETF oder Fonds. So entstehen mehrere Tranchen des Investments und der Anleger kann bei einem späteren Teilverkauf die Tranche mit dem geringsten Gewinn auswählen. Diese Strategie eignet sich besonders gut für Investitionen in ETF, weil die die Entwicklung eines Index abbilden (z. B. MSCI World). Es spielt deswegen keine Rolle, in welchen ETF eines bestimmten Anbieters investiert wird. Solange der Index gleich ist, entwickeln sich die ETFs nahezu identisch.
Strategie 3: Nachträglich ein Zweitdepot anlegen
Strategie 3 kann der Anleger auch rückwirkend anwenden, nachdem er über viele Jahrzehnte in einen ETF oder Fonds über dasselbe Depot investiert hat. Um das Fifo-Verfahren zu umgehen, muss er lediglich ein zweites Depot eröffnen (z. B. bei derselben Bank oder bei einem anderen Depotanbieter). Sobald beide Depots – eines leer und eines gefüllt mit dem bisherigen Investment – bestehen, müssen die Anteile, die nicht verkauft werden sollen, auf das neue Depot übertragen werden. Weil beim Depotübertrag ebenfalls das Fifo-Verfahren gilt, verbleiben in dem bisherigen Depot nur die neuesten Anteile mit dem geringsten Gewinn – und die kann der Anleger dann steueroptimiert veräußern.
Wichtig | Dass das Fifo-Verfahren je Depot gilt – und zwar nicht nur für ein Zweitdepot bei einer anderen Bank, sondern auch für ein Unterdepot bei derselben Bank – hat auch das BMF in seinem Schreiben vom 19.05.2022 (Az. IV C 1 – S 2252/19/10003 :009, Abruf-Nr. 232896, I Nr. 4 Buchst. b) klargestellt.
Teilverkäufe richtig planen und steuern |
AUSGABE: SSP 3/2024, S. 10 · ID: 49911143