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KapitalanlagenAchtung Vorabpauschale: Mögliche Steuerauswirkungen in Zeiten steigender Zinsen
| Sie ist zurück. Nach zwei Jahren Pause berechnen Banken wieder eine steuerliche Vorauszahlung auf thesaurierende Fonds, somit auch auf ETF. Entsprechend mussten Anleger seit Januar die sog. Vorabpauschale ans Finanzamt abführen. Grund dafür? Die Rückkehr der Zinsen. Für 2021 und 2022 fiel der von der Bundesbank veröffentlichte Basiszins, mit dem die Pauschale berechnet wird, negativ aus. 2023 kletterte er auf 2,55 Prozent und 2024 liegt er bei 2,29 Prozent, wodurch die Abgabe an den Fiskus für zahlreiche Fonds wieder relevant wird. Doch was bedeutet das konkret? |
Der steuerrechtliche Hintergrund der Vorabpauschale
Vor der Einführung der Vorabpauschale wurden in Deutschland vor allem thesaurierende Fonds bevorzugt. Sie machten keine jährlichen Ausschüttungen. Somit fielen auch keine Steuern an, zumindest bis Anleger ihre Anteile verkauften und einen Gewinn realisierten. Dies führte zu einer steuerlichen Begünstigung gegenüber ausschüttenden Fonds.
Seit der Einführung der Vorabpauschale hat sich die Art, wie Anleger steuerlich behandelt werden, grundlegend verändert. Egal ob inländisch oder ausländisch, seit 2018 betrifft die vorweggenommene Besteuerung von Erträgen vor allem Investmentfonds. Sie soll sicherstellen, dass Anleger auch dann Steuern zahlen, wenn die Fonds keine oder nur geringe Gewinne ausschütten. Mit anderen Worten: Durch die Investmentsteuerreform 2018 umgeht der Gesetzgeber mit der Vorabpauschale eine De-facto-Steuerstundung mit einem jährlich festgelegten Betrag, den Anleger vorauszahlen.
Wie hoch ist die Vorabpauschale?
Wie viel dabei am Jahresanfang konkret für den Fiskus anfällt, hängt vom Basiszins ab. Vom Bundesfinanzministerium zu Beginn eines jeden Jahres festgelegt, spiegelt er die Rendite einer Bundesanleihe wider und dient als Referenzpunkt für potenzielle Gewinne, die mit dem angelegten Kapital erzielt werden könnten.
Weil die Vorabpauschale so eng mit dem Zinsniveau verknüpft ist, befindet sie sich seit jeher auf einem eher turbulenten Kurs. Welche Dynamik darin steckt, verdeutlicht ein kurzer Blick auf die Zahlen der vergangenen Jahre:
- 2018 startete die Vorabpauschale mit einem Satz von 0,609 Prozent.... und ist deshalb sehr volatil
- Bereits im Folgejahr fiel sie auf 0,364 Prozent und setzte ihren Abwärtstrend fort.
- 2020 erreichte sie mit nur noch 0,049 Prozent ihren bisherigen Tiefpunkt.
- Für die Jahre 2021 und 2022 rutschte der Basiszins sogar ins Negative, wodurch die Vorabpauschale komplett entfiel.In den Jahren 2021 und 2022 war der Basiszins negativ
- Wichtig | Für viele Anleger war das ein Grund zum Jubeln, mussten sie doch zwei Jahre lang weder genügend Geld auf dem Verrechnungskonto haben noch die Vorabpauschale aus dem Dispo zahlen. Wie Berechnungen des Handelsblatts zeigen, war dieser Wegfall der Pauschale aber nicht für alle Anleger gleichermaßen positiv. Vor allem Anleger, die neben ihrem Fondsvermögen nur wenige andere Anlagen besitzen und somit ihren (damaligen) Sparerfreibetrag von jährlich 801 Euro nicht ausnutzen konnten, hatten das Nachsehen und mussten beim Verkauf ihrer Fondsanteile ggf. mehr zahlen.
- 2023 hat sich das Blatt erneut gewendet. Der Basiszins stieg auf 2,55 Prozent, was zu einer deutlichen Erhöhung der Vorabpauschale geführt hat.
- Dieser Trend setzt sich 2024 fort.
Die Ermittlung der Pauschale: Keine Quadratur des Kreises
Um die Vorabpauschale zu kalkulieren, wird der Basiszinssatz zunächst mit einem Faktor von 0,7 und dem Wert der Fondsanteile zu Jahresbeginn multipliziert. Daraus ergibt sich der Basisertrag.
Ist dieser größer als die Wertsteigerung, die der Fonds im Laufe der nächsten zwölf Monate erfährt, fließt die Wertsteigerung als Vorabpauschale ans Finanzamt. Fällt der Basisertrag kleiner als die Wertsteigerung aus, muss der Basisertrag als Vorabpauschale gezahlt werden.
Beispiel |
Die Ermittlung der Vorabpauschale am konkreten Fall Im Jahr 2024 hingegen beläuft sich zum Start des Jahres der Wert der Fondsanteile auf 45.000 Euro und zum Ende auf 50.000 Euro. Angesichts einer Wertsteigerung von 5.000 Euro und eines Basisertrags von 721,35 Euro ist der Basisertrag als Vorabpauschale zu versteuern. In Zahlen heißt das: 180,24 Euro Kapitalertragssteuer und 9,92 Euro Soli fließen an den Fiskus. |
Wer ist für Berechnung und Abführung zuständig?
Wer nun fürchtet, gezwungen zu sein, wild mit Taschenrechner und Prozenten zu hantieren, muss sich keine Sorgen machen. Banken und Broker erledigen Berechnung und Besteuerung automatisch.
Freistellungsauftrag erteilen und Sparerfreibetrag nutzen
Es empfiehlt sich allerdings, via Freistellungsauftrag den Sparerpauschbetrag zu nutzen. Für Ledige sind das seit 2023 1.000 Euro und für Verheiratete
beläuft er sich auf 2.000 Euro. Auf diese Weise werden die Steuern nicht einbehalten und Anleger werden auf ihrem Kontoauszug keinen Hinweis auf die Besteuerung entdecken.
Zinszahlungen auf Negativguthaben vermeiden
Ohne ausreichend hohen Freistellungsauftrag gilt es unbedingt darauf zu achten, dass genug Geld auf dem Verrechnungskonto vorhanden ist. Ist das nicht der Fall, darf die Bank die Steuer nicht nur trotzdem einziehen, sondern auch auf das negative Guthaben Zinsen verlangen.
Manche Banken fordern ihre Kunden auch auf, speziell für die Abbuchung Guthaben auf das Konto zu überweisen, um so eine Deckung zu gewährleisten. Kommen die Kunden dem nicht nach, erfolgt eine Meldung ans Finanzamt und die Vorabpauschale muss in der nächsten Steuererklärung berücksichtigt werden.
Vorab gezahlt und dann verkauft?
Veräußern Anleger ihre Fondsanteile im Laufe des Jahres, werden auch Steuern auf den Veräußerungsgewinn fällig. Um hier eine Doppelbelastung zu vermeiden, wird die Vorabpauschale vom Veräußerungsgewinn abgezogen.
Beispiel |
Ein Anleger verkauft Fondsanteile für 20.000 Euro, der Kaufpreis lag bei 10.000 Euro. Der Veräußerungsgewinn beträgt somit 10.000 Euro. Während der Haltedauer wurde bereits eine Vorabpauschale von 61 Euro versteuert. Diese Summe wird nun vom Veräußerungsgewinn abgezogen, sodass sich ein steuerpflichtiger Betrag von 9.939 Euro ergibt, der der Abgeltungsteuer unterliegt. |
Zwar ist nicht jeder Verkauf mit einem Gewinn verbunden, die Vorabpauschale findet trotzdem Berücksichtigung. Sie erhöht den steuerlichen Veräußerungsverlust – kann aber mit Veräußerungsgewinnen verrechnet werden.
- Lehrvideo Nr. 60 „Die Vorabpauschale ist wegen gestiegener Zinsen wieder „aktiv“: Das müssen ETF- und Fonds-Anleger steuerlich wissen, ssp.iww.de → Abruf-Nr. 49917659
AUSGABE: SSP 3/2024, S. 14 · ID: 49920153