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RechnungslegungVermögenserträge versus -umschichtung: Wie muss Stiftung Ausschüttung aus Fonds behandeln?
| Bloße Vermögensumschichtungen führen bei gemeinnützigen Körperschaften nicht zu einer zeitnahen Mittelverwendung der dabei frei werdenden Mittel. Etwas anderes gilt für Vermögenserträge. Hier handelt es sich um zeitnah zu verwendende Mittel, die nur anteilig – zu einem Drittel der Überschüsse – der freien Rücklage zugeführt werden können. Deswegen ist es wichtig zu wissen, wann ein Vermögensertrag und wann eine Vermögensumschichtung vorliegt. Das FG Niedersachsen sieht das aktuell im Fall einer Stiftung eher fiskalisch. Das letzte Wort hat aber der BFH. |
Streit um Ausschüttungen aus Beteiligungen endet vor FG
Eine Stiftung erhielt aus Beteiligungen an einem Fonds in der Rechtsform einer GmbH jährliche Ausschüttungen. Teils resultierten diese Erträge aus Zinsen, teils aus Vermögensumschichtungen, die die GmbH vornahm.
Stiftung trennt Ausschüttungen in Zinserträge und Umschichtungen
Die Stiftung unterteilte die Ausschüttungen bei der Aufstellung ihrer Jahresabschlüsse in Zinserträge und Veräußerungserlöse/Vermögensumschichtungen. Die Zinserträge ordnete sie den zeitnah zu verwendenden Mitteln im Sinne des § 55 Abs. 1 Nr. 5 AO zu. Die Veräußerungserlöse führte sie als Umschichtungsgewinne dem Stiftungsvermögen zu und erfasste diese nicht als zeitnah zu verwendende Mittel.
Finanzamt hält alle Ausschüttungen für zeitnah zu verwendende Mittel
Bei einer Außenprüfung kam das Finanzamt zum Ergebnis, dass es sich bei den Ausschüttungen vollumfänglich um Kapitalerträge handelte, also um zeitnah zu verwendende Mittel. Entsprechend akzeptierte es nur eine Zuführung zur Rücklage in Höhe von einem Drittel. Es erließ daher einen Auflagenbescheid nach § 63 Abs. 4 AO, mit dem die Stiftung aufgefordert wurde, die übrigen Ausschüttungserträge satzungsgemäß gemeinnützig zu verwenden.
Wichtig | Nach § 63 Abs. 4 AO kann das Finanzamt eine angemessene Frist für die Verwendung der Mittel setzen, wenn die Körperschaft ohne Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen Mittel angesammelt hat. Diese Frist soll nach Auffassung der Finanzverwaltung regelmäßig nicht länger sein als zwei bis drei Jahre (OFD Frankfurt, Schreiben vom 17.02.2014, Az. S 0181 A – 2 – St 53, Abruf-Nr. 143389)
FG Niedersachsen entscheidet zulasten der Stiftung
Das FG Niedersachsen ist der Ansicht des Finanzamts gefolgt und hat die Klage der Stiftung abgewiesen (FG Niedersachsen, Urteil vom 19.10.2023, Az. 6 K 191/22, Abruf-Nr. 239253).
Was sind Kapitalerträge?
Das FG betrachtet die Ausschüttungen der Fonds-GmbH einheitlich als Einkünfte aus Kapitalvermögen nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG. Diese Vorschrift erfasst ausdrücklich Gewinnanteile und sonstige Bezüge u. a. aus Anteilen an Gesellschaften mit beschränkter Haftung. Dabei darf der Ausdruck „Gewinnanteile“ nach Auffassung des FG nicht zu eng verstanden werden. Es ist grundsätzlich unerheblich, aus welchen Mitteln die Ausschüttung bei der Gesellschaft stammt; ob sie also dem Reingewinn entstammt oder ob Rücklagen oder sonstige Umstände die Ausschüttung ermöglichen. Deswegen spielt es keine Rolle für die Behandlung als Gewinnanteil, ob der Gewinn aus einer Dividendenausschüttung oder aus einer Veräußerung von Anteilen stammt.
Von einer solchen Gewinnausschüttung abzugrenzen ist nur eine Einlagenrückgewähr aus dem steuerlichen Einlagenkonto, die nach § 20 Abs. 1 Nr. 3 S. 3 EStG nicht steuerbar ist. Die lag hier aber nicht vor. Dabei müsste nämlich eine Rückzahlung der Substanz der Beteiligung erfolgen und nicht lediglich eine Beteiligung am Gewinn ausgeschüttet werden.
Wichtig | Es spielt also keine Rolle, wie sich die Erträge auf der Ebene der ausschüttenden GmbH darstellen. Es kommt allein auf die steuerliche Behandlung bei der Empfängerorganisation an. Eine unterschiedliche Behandlung von Dividendenerträgen und Veräußerungsgewinnen war deswegen für das FG nicht zulässig. Auch wenn auf Ebene der Fonds-GmbH diese Unterscheidung besteht, gilt sie nicht für die Ausschüttung als „Gewinnanteil“ an die Stiftung. Die Ausschüttungen waren also in vollem Umfang zeitnah zu verwendende Mittel nach § 55 Abs. 2 Nr. 5 AO.
Was sind zeitnah zu verwendende Mittel?
Was unter diese zeitnah zu verwendende Mittel nach § 55 Abs. 2 Nr. 5 AO fällt, fasst das FG ausdrücklich weit. Zu den „Mitteln“ in diesem Sinn gehören nicht nur die Spenden, Beiträge und Erträge des Vermögens, sondern sämtliche Vermögenswerte der Körperschaft. Die bewusst offen gewählte und weite Formulierung „Mittel“ lässt erkennen, dass der Gesetzgeber jegliche Form von Vermögen der zweckgebundenen, gemeinnützigen Verwendung unterwerfen wollte.
Nicht zeitnah verwendet werden müssen lediglich Erträge aus der Umschichtung von Dauervermögen. Dagegen unterliegen Umschichtungserträge aus steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben dem Gebot der zeitnahen Verwendung.
Kommt der BFH zu einem anderen Ergebnis?
Die Stiftung hat gegen die Entscheidung des FG Niedersachsen Revision beim BFH eingelegt. Die Revision trägt das Az. V R 25/23. Man darf gespannt sein, ob der BFH zum Thema „Vermögenserträge versus Vermögensumschichtung“ zu einem anderen – für gemeinnützige Organisationen erfreulicherem – Ergebnis kommt als das FG. SB bleibt für Sie am Ball.
AUSGABE: SB 6/2024, S. 111 · ID: 49888690