Sie sind auf dem neuesten Stand
Sie haben die Ausgabe Mai 2023 abgeschlossen.
BetreuungIn diesen Fällen erlischt der Anspruch des anwaltlichen Verfahrenspflegers
| Ein anwaltlicher Verfahrenspfleger kann für seine Tätigkeit statt einer Vergütung nach Stundensätzen wahlweise als Aufwendungsersatz eine Vergütung nach dem RVG beanspruchen. Dies setzt voraus, dass er im Rahmen seiner Bestellung für den Betroffenen Dienste erbringt, für die ein juristischer Laie als Verfahrenspfleger vernünftigerweise einen Rechtsanwalt hinzugezogen hätte (vgl. BGH 16.12.20, XII ZB 410/20, Abruf-Nr. 220473; § 277 Abs. 2 S. 2 FamFG i. V. m. § 4 Abs. 2 VBVG und § 1877 Abs. 3 BGB entsprechend). Der BGH hat nun entschieden, wann ein solcher Anspruch gegenüber der Staatskasse erlischt: |
Entscheidungsgründe
Abruf-Nr. 234442
Der Anspruch des anwaltlichen Verfahrenspflegers auf Rechtsanwaltsvergütung als Aufwendungsersatz für seine anwaltsspezifischen Dienste erlischt nach § 1835 Abs. 1 S. 3 BGB a. F., wenn er nicht binnen 15 Monaten nach seiner Entstehung geltend gemacht wird. Die Ausschlussfrist zur Geltendmachung dieses Aufwendungsersatzes beginnt mit der Fälligkeit der Rechtsanwaltsvergütung nach § 8 RVG (BGH 1.2.23, XII ZB 104/22, Abruf-Nr. 234442).
Relevanz für die Praxis
Diese anwaltfreundliche Entscheidung bedeutet jetzt Rechtssicherheit für Rechtsanwälte, die zum Verfahrenspfleger bestellt werden. Deren RVG-Vergütung muss rechtzeitig gegenüber der Staatskasse geltend gemacht werden, d. h. bis spätestens 15 Monate, nachdem der Gebührenanspruch entstanden ist. Damit ist obergerichtlich klargestellt, dass diese Ausschlussfrist mit der Fälligkeit der Rechtsanwaltsvergütung nach § 8 RVG beginnt.
Beachten Sie | Würde man nicht auf die Fälligkeit nach § 8 RVG abstellen, könnten Rechtsanwälte bei umfangreicheren, längeren Verfahren ihre Gebührenansprüche gegenüber dem Staat verlieren, bevor diese überhaupt nach § 8 RVG fällig geworden sind. Eine solche Schlechterstellung des anwaltlichen Verfahrenspflegers gegenüber der Position des nicht anwaltlichen Verfahrenspflegers und des von ihm beauftragten Rechtsanwalts ist sachlich nicht gerechtfertigt.
Der Möglichkeit, aus der Staatskasse einen Vorschuss gemäß § 9 RVG zu verlangen, erteilt der BGH eine Absage. Denn dies ändert nichts an der Rechtsstellung des anwaltlichen Verfahrenspflegers in Bezug auf die Ausschlussfrist. Der gewährte Vorschuss müsste zurückgezahlt werden, wenn die Gebührenansprüche des anwaltlichen Verfahrenspflegers wegen Ablauf der Ausschlussfrist erlöschen.
- Der Vergütungsanspruch des anwaltlichen Betreuers nach dem RVG, RVG prof. 23, 64
AUSGABE: RVGprof 5/2023, S. 78 · ID: 49318088