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StrafprozessTerminsgebühr bei später Absage des Termins

Abo-Inhalt16.01.20231885 Min. LesedauerVon RA Detlef Burhoff, RiOLG a. D., Leer/Augsburg

| Die obergerichtliche Rechtsprechung ist bisher einhellig davon ausgegangen, dass die Terminsgebühr für einen sog. geplatzten Termin wegen der Formulierung „erscheinen“ in der Vorbem. 4 Abs. 3 S. 2 VV RV voraussetzt, dass der Rechtsanwalt körperlich im Gerichtssaal anwesend war. Nun liegt mit einem Beschluss des OLG Brandenburg die erste obergerichtliche Entscheidung vor, die das anders sieht. |

Sachverhalt

Die Rechtsanwältin war als Pflichtverteidigerin des Angeklagten tätig. In dem Verfahren beim LG Neuruppin war für den 25.5.21 ein Fortsetzungstermin bestimmt. Dieser Termin wurde wegen einer plötzlichen Erkrankung eines Schöffen kurzfristig aufgehoben. Doch die Abladung erreichte die Pflichtverteidigerin telefonisch erst am Morgen des Sitzungstags in einem Hotel in Neuruppin, nachdem die in D. ansässige Rechtsanwältin anlässlich des Termins bereits am Vorabend angereist war. Das OLG Brandenburg hat für den Termin dennoch eine Terminsgebühr gewährt (10.8.22, 1 Ws 22/22 [S], Abruf-Nr. 233217).

Relevanz für die Praxis

Endlich schlägt ein OLG ein Loch in die Mauer, die in der Rechtsprechung der anderen OLG um die Vorbem. 4 Abs. 3 S. 2 VV RVG gebaut worden ist. Das trifft zu (vgl. dazu auch Burhoff/Volpert/Burhoff, RVG Straf- und Bußgeldsachen, 6. Aufl., Vorbem. 4 VV Rn 95 ff.).

Die obergerichtliche Rechtsprechung legte bislang eng dahin gehend aus, dass ein Rechtsanwalt nur dann zu einem anberaumten Termin erschienen ist, wenn er im Gerichtsgebäude körperlich anwesend ist (so OLG Frankfurt/Main JurBüro 11, 422; OLG München RVG prof. 08, 104; AGS 18, 339; OLG Naumburg JurBüro 21, 245). Diese Auslegung greift nach Auffassung des OLG Brandenburg zu kurz. Der Senat folgt vielmehr den Überlegungen des LG Magdeburg. Danach ist Sinn und Zweck der Eingrenzung auf den „zu einem anberaumten Termin erscheinenden“ Rechtsanwalt, dass (nur) derjenige Rechtsanwalt von der Terminsgebühr ausgeschlossen sein soll, der ungeachtet der Terminsaufhebung zu dem Hauptverhandlungstermin ohnehin nicht erschienen wäre (LG Magdeburg AGS 20, 324).

Es ist zu hoffen, dass sich diese – richtige – Sicht nun endlich durchsetzt und die anderen OLG ihre abweichende Rechtsprechung aufgeben. Für die Anwendung der Entscheidung gilt: Der Verteidiger muss nicht im Gerichtssaal erschienen sein. Ausreichend ist, dass er sich bereits auf dem Weg zum Gericht befindet oder sogar schon am Gerichtsort – wie hier – eingetroffen ist und ihn dann erst die Inkenntnissetzung von der Terminsaufhebung erreicht. Das ist nicht mehr rechtzeitig und führt zum Entstehen der jeweiligen Terminsgebühr.

AUSGABE: RVGprof 2/2023, S. 22 · ID: 48973269

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