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RechtsanwaltsgebührenRückzahlungsanspruch entsteht bereits mit der Leistung des Vorschusses
| Der Anspruch auf Rückzahlung eines nicht verbrauchten Vorschusses für die Gebühren eines Rechtsanwalts entsteht nach dem BGH aufschiebend bedingt bereits mit der Leistung des Vorschusses. |
Sachverhalt und Entscheidungsgründe
Abruf-Nr. 227247
Der Rechtsschutzversicherer K verlangte aus übergegangenem Recht die Rückzahlung eines nicht verbrauchten Gebührenvorschusses, den die Versicherungsnehmerin V – eine GmbH – für die Wahrnehmung eines Gerichtstermins durch die beklagte Rechtsanwalts-GbR gezahlt hatte. Weil aber über das Vermögen der V das Insolvenzverfahren eröffnet wurde, nahmen die Anwälte den Gerichtstermin nicht mehr wahr. Sie wiesen darauf hin, dass die Rechtsanwalts-GbR inzwischen aufgelöst worden sei, und erhoben im Laufe der Verfahren die Einrede der Verjährung. Doch dies half ihnen letztlich nicht (BGH 16.12.21, IX ZR 81/21, Abruf-Nr. 227247).
Relevanz für die Praxis
Die Entscheidung ergänzt ein BGH-Urteil aus dem Jahr 2019 (7.3.19, IX ZR 143/18, Abruf-Nr. 208179, RVG prof. 19, 130). Dort hatten die obersten Richter bereits entschieden: Nach der Kündigung des Mandats ist der Rechtsanwalt vertraglich verpflichtet, erhaltene Vorschüsse abzurechnen und nicht verbrauchte Vorschüsse an den Mandanten zurückzuzahlen. Der Anspruch auf Rückzahlung nicht verbrauchter Vorschüsse entsteht bereits mit der Fälligkeit des Vergütungsanspruchs gemäß § 8 Abs. 1 RVG, § 271 BGB bzw. mit der Entstehung des Anspruchs gemäß § 199 Abs. 1 BGB. Der Anspruch ist entstanden, sobald er erstmals vom Gläubiger geltend gemacht und mit einer Klage durchgesetzt werden kann. Unter einer aufschiebenden Bedingung kann ein Anspruch schon vor diesem Zeitpunkt existent werden – er entsteht aber erst grundsätzlich mit dem Eintritt der Bedingung.
Der Anspruch auf Rückzahlung nicht verbrauchter Gebührenvorschüsse entsteht aufschiebend bedingt schon mit der Leistung des Vorschusses. Es steht von Anfang an fest, dass der Mandant die Rückzahlung des Vorschusses verlangen kann, soweit dieser für die Deckung des später fällig werdenden Vergütungsanspruchs nicht benötigt wird. Der Rückzahlungsanspruch hängt von dem zukünftigen ungewissen Ereignis ab, ob der Vergütungsanspruch entgegen den Erwartungen (§ 9 RVG: „voraussichtlich entstehenden Gebühren“) hinter dem geleisteten Vorschuss zurückbleibt.
Grundsätze gelten auch bei gesetzlichem Forderungsübergang Merke | Ähnlich verhält es sich mit dem Anspruch aus gesetzlichem Forderungsübergang nach § 774 BGB: Der Regressanspruch entsteht bereits mit Übernahme der Bürgschaft und wird insoweit aufschiebend bedingt begründet. Allerdings entsteht der Anspruch des Mandanten auf Herausgabe eingezogenen Geldes frühestens, wenn der Rechtsanwalt das Geld in Empfang genommen hat. Das ist mit der Leistung des Vorschusses der Fall. |
- Bei Abrechnung und Rückzahlung von Vorschüssen nach Mandatsende richtig vorgehen, RVG prof. 19, 130
- Was geschieht mit Vorschüssen?, RVG prof. 17, 118
- Vorschuss und Gebühren bei Betragsrahmengebühren, RVGprof. 19, 96
- Bei Betragsrahmengebühren Vorschuss auf PKH-Vergütung beantragen, RVG prof. 19, 12
- Kläger beerbt einen Beklagten: Probleme bei Nr. 1008 VV RVG und Vorschussanrechnung des Erblassers, RVGprof. 18, 140
AUSGABE: RVGprof 4/2022, S. 61 · ID: 48059966